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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady
Autoren: Jason Dark
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noch immer wie ein Traum vor.
    Um zu sehen, daß es keiner war, brauchte er nur den Kopf zu wenden. Dann sah er Lady Mary Danford in ihrem roten Ohrensessel sitzen und schräg in das flackernde Feuer starren.
    Es war ihr Lieblingsplatz zu Lebzeiten gewesen. Der Lord saß ihr meist gegenüber, in Reichweite seiner wichtigen Bücher. Neben sich hatte er ein kleines Tischchen stehen, auf dem stets eine Flasche Whisky und zwei Gläser bereitstanden.
    Auch jetzt saß der Lord da und schaute auf seine Frau, die sich umgezogen hatte. Sie trug ein gelbes langes Hauskleid. Die Farbe stand ihr gut. Sie paßte zu ihrem braunroten Haar, wie sie des öfteren betonte. Lady Mary hatte Rouge aufgelegt und sah eigentlich aus wie immer. Niemand sah ihr an, was hinter ihr lag.
    Gilbert hörte die beiden Ehepartner miteinander sprechen. »Du siehst gut aus, Mary.«
    »Ja, danke, aber du hast es geschafft, Peter. Dir ist es gelungen, den Tod zu überwinden.«
    Der Lord schüttelte den Kopf. »Noch nicht ganz. Ich habe einen ersten Schritt in diese Richtung getan. Jedenfalls haben sich meine Forschungsreisen nach Haiti gelohnt. Ich habe bewiesen, daß nicht nur die Eingeborenen dort die Kunst des Voodoo beherrschen, sondern auch wir Europäer es erlernen können.«
    »Ist das nicht eine Ausnahme, Peter?«
    »Ja, und sie wird es auch wohl bleiben, wie ich die Dinge sehe, meine Liebe.« Er trank einen Schluck und schaute zu Gilbert hin.
    »Sind Sie fertig?«
    »Ja, Sir, das Feuer brennt so, wie Sie es sich wünschen.«
    »Dann brauchen wir Sie nicht mehr, Gilbert.«
    »Kann ich zu Bett gehen?«
    »Gern.«
    »Mylady.« Gilbert verbeugte sich. »Sir. Ich wünsche eine angenehme Nachtruhe.«
    »Danke, Gilbert.«
    Der Diener verschwand und ließ das Ehepaar zurück. Beide sprachen noch nicht miteinander. Sie starrten in die Flammen, deren Widerschein über ihre Gesichter huschte, und als der Lord sein Glas geleert hatte, stellte er die erste Frage.
    »Wie fühlst du dich, meine Liebe?«
    »Gut.«
    »Es klingt eher wie das Gegenteil.«
    »Ich fühle mich wirklich gut.«
    »Und ich glaube dir nicht«, erwiderte der Lord. »Du bist so anders als früher, Mary.«
    »Ich habe im Sarg gelegen.«
    »Das weiß ich.« Der Lord nickte. »Aber ist es wirklich nur das, meine Teure?«
    »Was sollte es sonst sein?«
    Der Lord beugte sich vor. Er nahm eine Zigarette und zündete sie an. Den Rauch blies er gegen das Feuer. »Deine Sprache irritiert mich. Nicht die Wahl der Worte bei deinen Antworten. Nein, es ist die Monotonie, die mich stutzig macht. So hast du früher nicht geredet, Mary.«
    »Es war die Zeit im Grab.«
    »Die hast du gut überstanden.«
    Mary verzog die Lippen. »Ja, dank deiner Hilfe habe ich sie gut überstanden, aber es hätte auch anders kommen können, wie du sicherlich weißt.«
    »Ich habe die Dosis genau bemessen.«
    »Ja, ich vertraute dir.«
    Der Lord schüttelte den Kopf und schaute auf die Glut seiner Zigarette. Mary gefiel ihm immer weniger. Sie kam ihm vor wie eine Person, die ein schlimmes Erlebnis hinter sich hat. »Was, Mary, ist tatsächlich passiert? Ich möchte wissen, was du in deinem Zustand erlebt hast. Die Eingeborenen auf Haiti, die als Zombies zurückkehrten, haben nie konkrete Aussagen machen können. Sie liefen als tumbe Gestalten herum, irrten durch die Gegend und waren nicht in der Lage, ein klares Wort zu sprechen. Das ist bei dir anders. Meine jahrelangen Forschungen haben Früchte getragen. Ich konnte die Dosis ein wenig verändern. Nur um eine Spur, doch das hat gereicht. Du bist nicht als eine tumbe Gestalt zurückgekehrt, du bist fast normal. Und dieses Wort fast bereitet mir Sorgen. Was hast du während deiner Zeit unter der Erde erlebt?«
    Die Frau ließ sich Zeit mit der Antwort. »Ich… ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Es war so dunkel.«
    »Der Sarg? Oder war auch dein Geist verdunkelt?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht beides. Ich wollte dich verfluchen, Peter, aber ich schaffte es nicht. Nein, es war mir nicht möglich. Ich konnte einfach keinen Fluch aussprechen. Ich wurde eine Gefangene.«
    »Deiner selbst?«
    »Auch.«
    »Was war das andere?« Die Fragen folgten jetzt Schlag auf Schlag.
    Der Lord wollte Gewißheit haben.
    »Ich weiß es nicht mehr.«
    »Das heißt, du kannst dich nicht daran erinnern?«
    »So wird es sein.«
    Lord Danford nickte und lächelte. »Dann werde ich deiner Erinnerung nachhelfen.« Er stand auf.
    »Was hast du vor?«
    Der Lord blieb hinter seinem Sessel stehen und
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