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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady
Autoren: Jason Dark
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glitt einfach hindurch.
    Danford drehte sich um. Sein Gesicht wirkte grau. »Es gibt Grenzen«, flüsterte er, »es gibt tatsächlich Grenzen, obwohl ich daran früher nicht geglaubt habe oder nicht daran glauben wollte. Man hat es mir gezeigt, man hat es mir bewiesen.«
    Trotz seiner zahlreichen Forschungen war er Realist geblieben und glaubte noch an einen guten Tropfen. Alkohol macht manchmal munter. Deshalb goß er seiner Frau einen Doppelten ein.
    Sie schaute ihn an, als würde sie ihn überhaupt nicht erkennen. Er war kein Fremder für sie, er hatte die Hypnose durch das Abstellen des Metronoms gelöscht. Sie war wieder in der Realität, sie atmete, sie konnte reden, lachen, weinen, mit einem Wort: Mary lebte.
    »Nimm einen Schluck!«
    Die Geister-Lady rührte sich nicht. Sie schien ein Eisblock zu sein.
    Der Lord wollte ihr noch eine Chance geben, sich zu erholen. Deshalb nahm er wieder Platz, schenkte sich ebenfalls einen Whisky ein und bekam plötzlich große Augen.
    Den Whisky vergaß er. Was mit seiner Frau passierte, war viel schlimmer. Feuer gibt nicht nur Licht, auch Schatten. Er schob es zunächst auf diese unterschiedlichen Reflexe aus dem Kamin, aber das war es auch nicht. Er hatte sich nicht getäuscht.
    Die linke Körperhälfte seiner Frau – und zwar vom Kopf bis hin zum Fuß – zeichnete sich unter dem gelben Kleid als Knochengerüst ab…
    ***
    Suko hatte seine Forderung ausgesprochen und wartete nun auf Sir James Powells Reaktion.
    Der tat zunächst einmal nichts. Er blieb starr hinter seinem Schreibtisch sitzen, und auch seine Hände, die auf der Platte lagen, bewegten sich um keinen Millimeter.
    »Haben Sie gehört, Sir?«
    »Ja, Sie sprachen laut und deutlich. Sie haben auch nicht um das Problem herumgeredet. Ich kann Sie sogar begreifen, Suko. Aber wissen Sie auch, was es bedeutet, den Würfel zu besitzen?«
    »Wen fragen Sie das?«
    »Entschuldigung, es kam mir nur so in den Sinn. Sie sind also zu mir gekommen, weil ich den zweiten Schlüssel besitze, der uns zu den Panzerschränken des Yard führt.«
    »Sehr richtig.«
    »Haben Sie den ersten Schlüssel?«
    »Ich trage ihn bei mir, Sir.«
    »Er gehört nicht allein Ihnen, Suko, auch John Sinclair. Das wissen Sie.«
    »Glauben Sie denn, ein Mann in meiner Situation würde danach fragen? Nein, ich stehe vor der Entscheidung. Alles oder nichts. Ich habe mich für alles entschieden. Es ist die letzte Chance, die ich noch habe.«
    »Der Würfel kann vieles, das gebe ich zu. Aber er wird kaum in der Lage sein, Tote zum Leben zu erwecken. Und Shao ist tot, das wissen Sie ebensogut wie ich.«
    »Ich lege das anders aus. Es ist uns nicht vergönnt gewesen, Shao zu begraben. Und das muß einen Grund gehabt haben. Ich kenne die Macht der japanischen Dämonen. Möglicherweise war es Shaos Glück, daß sie von der Sonnengöttin abstammte und man sie nicht so behandelte wie einen normalen Menschen. Sie verstehen, nicht wahr?«
    »Noch nicht.«
    Suko hatte keine Lust, weitere Erläuterungen abzugeben. »Jedenfalls habe ich mir über den Fall meine eigenen Gedanken gemacht. Das ist nicht mehr als legitim.«
    »Und Sie wollen nicht warten, bis John Sinclair zurück ist?«
    »Nein, ich habe in den letzten Wochen allein gelebt und werde auch weiterhin ohne ihn auskommen. Möglicherweise rufe ich ihn an. Er wird Verständnis haben.«
    »Das glaube ich nicht. Wenn Sie sich zu zweit der Sache annehmen, sind Sie stärker.«
    »Ich habe mich entschieden.«
    Sir James nickte. »Das heißt mit anderen Worten, daß ich mich auch zu entscheiden habe.«
    »Genau, Sir.«
    »Und wenn ich mich nun gegen Sie entscheide, Suko?«
    Das Gesicht des Inspektors blieb ausdruckslos. »Sir, das könnte ich nicht hinnehmen. Ich müßte, so leid es mir auch im Prinzip tut, Gewalt anwenden, was ich aber nicht will, wenn Sie vernünftig sind. Ich würde Ihnen den Schlüssel mit Gewalt abnehmen.«
    Sir James beugte sich vor. »Würden Sie auch schießen?«
    »Ja!«
    Der Superintendent hatte die Antwort gehört und mußte zunächst einmal darüber hinwegkommen. Er beugte sich vor. »Das wäre Mord, Sie wissen es, Suko. Und damit würden Sie ihre Chancen auf ein Nichts reduzieren. Es gäbe dann kein Zurück mehr.«
    »Sir, Sie sagen mir nichts Neues. Ich habe lange genug darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluß gekommen, daß ich anders einfach nicht handeln kann. Ich muß in dieser Lage einfach alles auf eine Karte setzen. Ich habe Shao verloren. Hat mein Leben dann überhaupt
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