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045 - Das Kind des mordenden Götzen

045 - Das Kind des mordenden Götzen

Titel: 045 - Das Kind des mordenden Götzen
Autoren: Brian Elliot
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Seitenaltar. Ihr Licht hüllte flackernd eine Madonnenfigur ein, die ein Jesuskind auf dem Arm trug und in weite Fernen starrte.
    Gegen die kleine Oase der Helligkeit im dunklen Gewölbe hob sich die Silhouette einer schwarzen Gestalt ab. Sie kniete auf einem Schemel vor dem Altar und hielt den Kopf gesenkt. Sonst schien sich niemand in der gruftartigen Halle zu befinden.
    Patrick Morgan und Barry Queens schlichen auf leisen Sohlen näher. Den feingeschwungenen Linien nach mußte es sich bei der Gestalt um eine Frau handeln. Um eine junge Frau. Sie hatte eine schwarze Stola über ihren Kopf gezogen.
    Felisa Fuengeres war in Andacht versunken. Als sich hinter ihr jemand räusperte, fuhr sie hoch. Sie schaute in ein freundlich lächelndes Gesicht. In das Gesicht eines Amerikaners.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Patrick Morgan. »Aber wir wollten Sie nicht erschrecken.« Die Frau war noch jung. Sie zählte allenfalls fünfundzwanzig Jahre. Sie war eine Mexikanerin mit kreolischem Einschlag. Ihr feingeschnittenes Gesicht kontrastierte mit der grob gehäkelten Stola um ihren Kopf. Die Augen waren mandelförmig und dunkel. Unter der geraden Nase schwang sich ein feiner Mund mit vollen Lippen von natürlichem Rot. Jetzt war er im Erstaunen geöffnet.
    »Wir sind hier, um den Priester zu sprechen«, fuhr Patrick Morgan fort. »Können Sie uns sagen, wo wir ihn finden?«
    Die Frau hatte sich von ihrer Überraschung erholt und stand auf.
    »Sie sind vergeblich gekommen«, sagte sie mit dunkler, melodischer Stimme und doch so leise, daß sie die Würde des Hauses nicht störte. »Pater Ottone ist unterwegs in den Dörfern. Er besucht seit drei Tagen die Alten und Kranken seiner Gemeinde. Er wird nicht vor Sonntagabend zurück sein. Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Ich bin die Lehrerin von Viricota.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Morgan und streckte seine Hand aus. Die Frau ergriff sie. »Ich heiße Patrick Morgan, mein Freund hier heißt Barry Queens. Wir machen eine kleine Abenteuerreise durch den Süden Mexikos.« Auch Queens war in den Lichtkreis der Kerzen getreten. Vorsichtig nahm er die kleine zarte Hand der Frau und beugte linkisch den Kopf. Ein belustigtes Lächeln stahl sich auf die Züge der Frau.
    »Ich heiße Felisa Fuengeres«, stellte sie sich vor. »Es tut mir leid, daß Sie Pater Ottone nicht angetroffen haben.«
    »Nicht so tragisch«, meinte Morgan. »Vielleicht können auch Sie uns helfen. Wir sind neugierige Touristen und wollten dem Pater ein paar Fragen stellen.«
    Felisa Fuengeres stand auf und ließ ihren Rosenkranz unter dem schwarzen Umhang verschwinden. »Sprechen wir doch draußen weiter«, schlug sie vor. Sie gingen hinaus. Hinter den dunklen Quadraten der Fenster verloschen die Lampen. Viricota legte sich offensichtlich schlafen.
    »Was wollen Sie wissen?« fragte sie, nachdem sie den Platz vor der Kirche erreicht hatten.
    »Es geht um das, was wir heute abend hier im Dorf gesehen haben«, begann Morgan. »Ich meine diese Leichenverbrennung. Ich habe noch nie gehört, daß Indios ihre Toten verbrennen. Und dann hatte der Tote noch diese gräßliche Wunde an der Brust.«
    Die Frau verhielt den Schritt. Sogar im Licht des Mondes war zu erkennen, daß sie zusammenzuckte.
    »Das ist etwas, was Fremde nicht interessieren sollte«, sagte sie nach einer Weile und so leise, daß Morgan sie kaum verstand.
    »Ich verstehe das nicht«, stellte sich der Journalist unwissend. »Ist das kein alter Brauch hier? Handelt es sich hier um eine besondere Sekte, die so verfährt?«
    Die Frau ging langsam zwischen den beiden Männern weiter.
    »Es passieren seit einigen Wochen seltsame Dinge in der Sierra«, sagte sie unvermittelt. »Menschen werden gemordet. Sie werden es mir nicht glauben, aber der oder die Täter sind unsichtbar.«
    »Sie machen Spaß, Senhorita«, warf Barry Queens ein.
    »Ich wollte, es wäre so. Aber ich muß glauben, was passiert ist. Heute mittag wurde hier in Viricota ein Mann getötet. Ein Indio aus einem der umliegenden Dörfer. Das war der Mann, den sie heute abend verbrannt haben. Die Wunde in seiner Brust, von der Sie sprachen, rührte davon, daß ihm bei lebendigem Leib das Herz herausgeschnitten wurde. Das mag für Sie unglaublich klingen, und doch ist es so.«
    »Haben Sie das gesehen?« fragte Morgan. »Waren Sie Zeugin des Vorfalls?«
    Felisa Fuengeres nickte in der Dunkelheit. »Ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte. Der
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