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0449 - Chirons Höllenbraut

0449 - Chirons Höllenbraut

Titel: 0449 - Chirons Höllenbraut
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht einmal für ein paar Minuten hinauslaßt? Nicole, verschanze dich jetzt nicht hinter den Anweisungen meiner Eltern! Du hast es ebensowenig nötig, Befehlsempfängerin zu sein wie ich es nötig habe, mich von sinnlosen Anweisungen einzäunen zu lassen! Versteht denn kein Mensch, daß ich Freiheit brauche, daß ich mich nicht mein ganzes Leben lang hinter Büchern, Erzählungen und Computer-Lernprogrammen verschanzen kann? Das ist nicht die Wirklichkeit, das ist ein Abbild der Wirklichkeit, das vom jeweiligen Präsentationsmedium subjektiv verzerrt wird!«
    »Julian, wir alle wollen doch nicht, daß dir etwas zustößt, bevor du diese Erfahrungen machen kannst! Warum wartest du nicht noch eine kurze Zeit?«
    »Weil ich schon zu lange gewartet habe. Ich warte nicht mehr. Ich lasse mir keine Vorschriften mehr machen.«
    »Du wirst sie dir machen lassen müssen, es sei denn, du kannst den Beweis antreten, daß du die Entwicklungsstufe erreicht hast, von der an du auf eigenen Beinen stehen und kämpfen kannst. Kannst du es?«
    »Darüber werde ich mit dir nicht reden, Nicole, und schon gar nicht hier auf dem Schloßhof!«
    Er wandte sich von ihr ab, aber Nicole hielt ihn fest. Zum zweiten Mal schüttelte er ihre Hand ab. Verärgert sah er sie an. »Was noch?«
    »Bis du diesen Beweis antrittst, wirst du Château Montagne nicht wieder verlassen. Diese Umfassungsmauer, die die Grenze des Abwehrschirms darstellt, wirst du nicht mehr von der anderen Seite sehen. Ist das klar, Julian?«
    Er schürzte die Lippen.
    »Erstens wüßtest du nicht mal, wie dieser sogenannte Beweis auszusehen hat. Und zweitens - was passiert, wenn ich mich nicht an diesen Befehl halte, Frau General?«
    Von Drohungen, die sich später nicht in die Tat umsetzen ließen, hatte Nicole noch nie viel gehalten.
    »Wir werden dieses Gespräch fortsetzen, aber unter etwas anderen Voraussetzungen, Herr Generalleutnant«, sagte sie scharf.
    Julian stapfte davon, zum Haus hin. Nicole sah ihm nach. Warum konnte sie seine Gedanken nicht lesen, obgleich er so nah vor ihr gestanden hatte? Sie hatte es tatsächlich versucht und damit mit ihren eigenen Prinzipien gebrochen, nicht ohne zwingenden Grund durch unmittelbar drohende Gefahr den Gedankeninhalt anderer Menschen erfassen zu wollen. Aber Julians Gedanken lagen hinter einer Sperre, die für Nicoles schwache telepathische Fähigkeiten undurchdringlich war.
    Sicher - sie selbst verfügte ebenfalls über eine solche Gedankensperre, wie jeder in der Zamorra-Crew. Aber abgesehen von den beiden Druiden und Rob Tendyke hatte jeder andere diese posthypnotische Sperre, die sich durch den eigenen Willen auch vorübergehend ausschalten ließ, von Professor Zamorra bekommen.
    Bei Julian aber war das nicht der Fall.
    Er hatte diese Sperre schon besessen, ehe er ›gefunden‹ worden war. Nicole beschloß, mit den Zwillingen darüber zu reden.
    ***
    Julian stapfte, die Hände immer noch in den Hosentaschen und die Schultern sowie das Kinn angriffslustig vorgeschoben, durch das Château. Er rempelte fast Raffael an, der ihm etwas konsterniert nachsah, wie er die Tür hinter sich zuschlug und wieder einmal den Schlüssel herumdrehte.
    Julian war wütend.
    Der Spaziergang, den er riskiert hatte, hatte ihn in seinen Gedanken auch nicht weiter gebracht, sondern ihn nur ein wenig abgelenkt. Dämonische Kräfte hatte er in der Nähe nicht spüren können, sonst hätte er diesen Ausflug überhaupt nicht unternommen. Um so mehr fühlte er sich von den anderen bevormundet. Warum sprachen sie ihm die Eigenverantwortung ab? Mittlerweile wußte er durchaus selbst, was er tun konnte und was nicht, wann er sicher war und wann nicht. Aber niemand beachtete es. Alle hielten ihn für jemanden, den man ständig verstecken und beschützen mußte.
    Mehr und mehr hatte er es satt.
    Er spielte mit dem Gedanken an Ausbruch. Verschwinden, untertauchen, um sich der Bevormundung zu entziehen!
    Aber er war nicht sicher, ob er das jetzt schon riskieren konnte. Er kannte sich selbst noch nicht gut genug. Vor allem, was seine Träume anging. Das war der einzige Punkt, der ihm zu schaffen machte, aber auch hier wollte er keine Bevormundung. Er wollte sich nicht hineinreden lassen; es war etwas, womit er selbst fertig werden mußte. Ganz allein.
    Daß er in diesem Fall die Begriffe Bevormundung und Hilfe verwechselte, konnte man ihm nicht einmal anlasten. Der Zorn blockierte seine Gedanken auch in dieser Hinsicht.
    Angezogen, wie er war, warf er sich
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