Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0443 - Einer hat den Mord gefilmt

0443 - Einer hat den Mord gefilmt

Titel: 0443 - Einer hat den Mord gefilmt
Autoren:
Vom Netzwerk:
Fahrt.
    Seine Laune lag eine Meile unter dem Gefrierpunkt. Er hatte in dieser Nacht fünf Dollar eingenommen bei drei Dollar fünfzig Unkosten.
    Writer sah die Pleite in greifbarer Nähe. Noch eine Woche, und es war so weit, daß er sein Handwerkszeug versetzen mußte. Was dann aus ihm werden sollte, mochte der Henker wissen.
    Das Handwerkszeug —, Writes einziger Reichtum —, hing an Riemen um seinen Hals und an seiner linken Schulter; am Hals die Kamera, ein deutsches Modell, in das sich ein Kenner auf den ersten Blick verliebte, an der Schulter der Akku für das Blitzlichtgerät, ein sandsackschwerer, altmodischer Kasten, den Writer aus dritter oder vierter Hand gekauft hatte. Harry Writer war Wanderfotograf. Er sprach Leute um die Erlaubnis an, sie fotogafieren zu dürfen; tagsüber an den Stränden der Bay- und der Ocean-Side, während der Nacht in den Bars und Nightclubs von Rockaway-Park. Seine Geschäfte gingen miserabel. Die meisten Leute besaßen eigene Kameras und Filmapparate. Sie brauchten Writes Dienste nicht.
    Unmittelbar hinter Howard Beach-Station fiel in dem Waggon, in dem Writer sich befand, die Beleuchtung aus. Zwei, drei Passagiere, die in dem gleichen Wagen fuhren, fluchten und stiegen an der nächsten Station um. Writer blieb im Dunkel zurück. Die Finsternis paßte zu seiner düsteren Stimmung. Er blieb allein, da niemand in den unbeleuchteten Wagen einstieg; außerdem benutzten ohnedies nur wenige Leute diesen Spätzug.
    Der Fotograf begann, den dunklen Wagen als eine Art Königreich zu betrachten. Seine Trunkenheit verführte ihn zu seltsamen Handlungen. Die Hände auf den Rücken gelegt, durchquerte er den Wagen. Die Kamera und der Blitzlichtakku baumelten an ihm. Sie erinnerten ihn an das Gepäck, das er als Soldat auf Okinawa hatte schleppen müssen, und er veränderte seinen Schritt zu dem vorsichtigen Schleichen, mit dem sie sich in dem Dschungel bewegt hatten.
    So stieß er auf die Verbindungstür zum Waggon 34 und sah jenseits des Glases Kate Tharn auf der letzten Bank. Es machte ihm Spaß, sie aus der Dunkelheit heraus zu beobachten. Er verbeugte sich vor ihr, fuchtelte mit den Händen, schnitt Grimassen und fand es ungeheuer komisch, daß er das alles tun konnte, ohne daß sie es bemerkte.
    Dann hielt der Subway-Zug. Writer sah, wie drei Männer einstiegen. Wenig später prallte er erschrocken zurück, als die Frau an der Verbindungstür zu rütteln begann. Er begriff, daß sich vor seinen Augen ein Drama abzuspielen begann.
    Seine Trunkenheit verflog. Am Beginn seiner kläglichen Karriere hatte Writer gehofft, sich als Bildreporter einen Namen machen zu können, und etwas von dem Jagdhundinstinkt eines Reporters lebte noch in ihm und entzündete sich an der Situation. Er griff nach der Kamera, hob sie. Ein Daumendruck spannte den Verschluß.
    Jenseits der Verbindungstür stieß der Mann die Frau zurück auf die Bank. Writer sah, daß die Lippen sich bewegten, aber kein Wort drang durch die beiden Türen. Er erkannte, daß die Frau sich fürchtete. Er dachte nicht daran, ihr auf die eine oder andere Art zu helfen. Er dachte nur an das Foto, an das Bild einer ungewöhnlichen Situation.
    Er rechnete damit, daß der Mann die Frau schlagen würde. Ihn überraschte die zustoßende Bewegung der rechten Hand nicht. Er drückte den Auslöseknopf in der selben Sekunde. Erst im Aufleuchten des Blitzlichtes begriff Harry Writer, daß er Augenzeuge eines Mordes wurde.
    ***
    Das Flackern des Blitzlichtes änderte nichts mehr. Kate Tharn sank mit einem tiefen Aufstöhnen zusammen. Ihr Mörder wirbelte herum. Seine Kumpane griffen unter die Jacken.
    »Schießt!« brüllte der Anführer.
    Sie rissen ihre schweren Pistolen aus den Halftern. Obwohl Kate Tharns Mörder vor ihnen stand, feuerten sie. Das Glas der Türen sprang in langen Rissen. Alles geschah so schnell, daß die Frau erst in dieser Sekunde vom Sitz rollte und mit dumpfem Aufprall zwischen die Bänke fiel.
    Der Mann, den sie Richard genannt hatte, drückte mit der linken Hand die Klinge des Schnappmessers in den Griff. Dann sprang er zur Verbindungstür. Er hantierte so hastig daran herum, daß er sich tief in den Daumenballen schnitt. Der scharfe Schmerz trug dazu bei, daß er sich von der Überraschung erholte und wieder kühl und nüchtern dachte.
    Er wußte genau, welche verhängnisvolle Bedeutung ein paar Tropfen seines Blutes auf dem Boden des Waggons haben konnte. Sehr schnell nahm er das Messer in die linke Hand und schob
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher