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0428 - Der Gedanken-Töter

0428 - Der Gedanken-Töter

Titel: 0428 - Der Gedanken-Töter
Autoren: Werner Kurt Giesa
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stellte er verblüfft fest, daß man mit den empfohlenen Verhaltensweisen tatsächlich besser über Probleme hinwegkommen konnte - allerdings konnte man sie höchstens bewältigen, nicht aber wirklich lösen. Er selbst wandte manchmal einige dieser Tricks an, ohne sie allerdings dem ihm bis heute unbekannten Buch Elron Havards entnommen zu haben, sondern er hatte sie sich als Resultat seiner psychologischen und psychoanalytischen Studien selbst erarbeitet.
    Kopfschüttelnd klappte er den fast tausend Seiten dicken Wälzer, dessen Schriftgrad recht klein und dessen Zeilen recht eng gesetzt waren, wieder zu. »Einem Menschen hat dieses Buch garantiert schon geholfen«, sagte er. »Dem Autor nämlich. Es hat ihm die Kasse gefüllt. Das alles, worüber er hier schreibt, als eine ›neubegründete Wissenschaft‹ zu bezeichnen, ist doch recht dummfrech. Er arbeitet nur längst bekannte psychologische und psychoanalytische Grundsätze neu auf, setzt sie in andere Beziehungen zueinander und macht daraus eine seltsame Mischung aus Religion und Wissenschaft.«
    »Religion und Wissenschaft, das klingt doch schon wieder stark nach einer Sekte«, warf Nicole ein. »Vielleicht sollten wir uns das Buch doch kaufen und hineinlesen, um mehr darüber zu erfahren.«
    »Wir werden es nicht kaufen«, beschloß Zamorra. »Da es ganz offenbar normal im Buchhandel zu kaufen ist, gehe ich davon aus, daß es auch in Leihbüchereien, vielleicht sogar in Universitätsbibliotheken zu finden ist. Warum für solchen Quatsch auch noch gutes Geld ausgeben?«
    »Nä, ich weiß nicht, ob du es einfach als Quatsch abtun solltest«, überlegte Nicole. »Immerhin ist es eine Art Leitfaden, eine Lebensberatung, Hilfestellung… es wird eine Menge Menschen geben, denen die Tips wirklich helfen können. Wenn sie das Buch im Laden kaufen, okay. Aber wenn diese Sekte sich bemüßigt fühlt, auch noch Leute auf der Straße anzusprechen und den Verkauf des Buches nur als Vorwand für eine Mitgliederwerbung benutzt, kommt mir das schon viel bedenklicher vor. Und Sekten, die Heilslehren verkünden, waren schon immer gefährlich.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Um diese Heilslehre zu verkünden, brauche ich keine Sekte. Was Havard schreibt, könnte ich auch schreiben. Genügend Vorkenntnisse und Überblick über psychologische Zusammenhänge besitze ich auch.«
    »Und warum tust du es dann nicht?«
    Nicole hatte eigentlich nicht einmal eine Antwort erwartet. »Weil mir erstens, wie du sicher weißt, die Zeit dafür fehlt, mich einem solchen Quatsch zu widmen und über tausend Seiten Manuskript zu verfassen, und weil ich’s nicht nötig habe, mit solchem Blödsinn Geld zu scheffeln. Mir reicht’s, daß wir uns an meinen Fachbüchern über Okkultismus und Dämonologie weltweit dumm und dämlich verdienen. Ich hab’s nicht nötig, mich auf das gleiche Niveau hinabzubegeben wie dieser Elron Havard. Himmel, jetzt weiß ich, woher ich diesen Namen kenne. Ich erinnere mich, daß er in den fünfziger und sechziger Jahren ein paar äußerst spannende Zukunftsromane geschrieben hat, reißerische Weltraum-Abenteuer mit bösen, schleimigen Außerirdischen, die nichts Besseres zu tun haben als die Erde zu überfallen und hilflose Jungfrauen zu rauben, worauf sie dann vom blendend aussehenden, wagemutigen, blonden Helden regelmäßig was aufs Hirn bekamen. Totaler Schwachsinn, aber spannend geschrieben. Ich habe die Übersetzungen damals förmlich verschlungen, das alles aber später aus den Augen verloren. Havard… es ist schon verblüffend, was aus manchen Leuten wird. Ein Schreiber von utopischen Romanen verfaßt plötzlich pseudowissenschaftliche Bücher und wird zum Lebensberater im Großformat. Recht seltsam, das alles.«
    »Komm«, sagte Nicole. »Reiß dich aus dem Buchladen und aus deinen Erinnerungen los, kauf die Zeitung, die du haben willst, unser Flug wird nämlich gerade aufgerufen.«
    »Okay.« Zamorra verzichtete auf die Zeitung und folgte Nicole in die große Abfertigungshalle. Ihr Gepäck war bereits unterwegs, sie brauchten nur noch die Kontrollen zu durchschreiten und wurden dann zu der Boeing hinaus gebracht. Eine halbe Stunde später waren sie bereits in der Luft und unterwegs zum Norden Arizonas.
    ***
    Die Maschine war schnell; der Flug dauerte nur wenig länger als zwei Stunden, und weil sie dabei zwei Zeitzonen in Richtung Westen überflogen, kamen sie nur ein paar Minuten später in Page an, als sie in Atlanta abgeflogen waren - in umgekehrter
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