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0418 - Zwei Orchideen für eine Tote

0418 - Zwei Orchideen für eine Tote

Titel: 0418 - Zwei Orchideen für eine Tote
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Bewegung. »Bitte, komm, Leila!«
    »Du hast doch gehört, daß die Lady bleiben will«, sagte der Große mit der gelben Krawatte, der Elroy am nächsten saß. »Außerdem«, er unterstrich seine Worte mit einem fetten Grinsen, »außerdem kennen wir uns doch schon.« Elroy Hammer bemerkte die Bewegung zu spät, denn er blickte immer noch seine Freundin an. Er sah nicht, daß der Große die Asche von seiner brennenden Zigarette strich, dann den Arm ausstreckte, die Glut grinsend Elroys linker Hand näherte und sie dann rasch und kräftig auf dem braunen Handrücken ausdrückte.
    Aufbrüllend sprang Elroy zurück. Der Schmerz zuckte wie ein elektrischer Schlag durch seinen Arm.
    In der gleichen Sekunde riß er die Rechte aus der Manteltasche — nur in der Absicht, sie auf die Wunde zu pressen. Aber da sich diese Hand immer noch um das Messer krampfte, und da er vergaß, die Finger zu öffnen, kam die Waffe zum Vorschein.
    Das war das Signal.
    Der Große fuhr von seinem Sitz hoch. Das Grinsen erlosch wie ausgeknipst.
    »Was«, brüllte er. »Du willst mit dem Messer auf mich losgehen?«
    Er stürzte sich auf Elroy. Ein Knie rammte vor, traf Elroys Magen.
    Zwei Fäuste packten seinen Kopf, rissen ihn herab, auf ein angewinkeltes Knie. Elroy spürte betäubenden Schmerz, fühlte Blut aus seiner Nase stürzen. Dann stieß ihn der Große zurück, ließ ihn gegen'die Wand prallen.
    Immer noch hielt Elroy das Messer umklammert.
    Der Große baute sich vor Elroy auf, verzichtete darauf, seine Fäuste zu benutzen. Er wußte, daß er einen Schwächling vor sich hatte. Die mit offener Hand geführten Schläge prasselten in Elroys Gesicht.
    Auf einen Stärkeren zu treffen und eine Niederlage einzustecken, ist keine Schande. Das wußte auch Elroy Hammer. Eine Schande aber war das Benehmen, das er zeigte.
    Obwohl er nur mit Ohrfeigen abgekanzelt wurde, obwohl das nicht gefährlich, nicht mal besonders schmerzhaft war, wagte Elroy keine Gegenwehr, sondern wimmerte schrill vor sich hin, wimmerte um Gnade, schrie dann gellend um Hilfe und winselte dann: »Hör auf! Bitte, hör auf! Ich gebe dir mein Geld. Ich gebe Ihnen mein Geld. Mein ganzes Geld. Hören Sie auf. Ich…« Elroy Hammer rutschte langsam an der Wand herunter.
    Der Große trat einen Schritt zurück, hob den Fuß, setzte ihn Elroy auf die Brust und stieß den Verprügelten langsam — wie im Zeitlupentempo — zu Boden.
    Das Gesicht des Großen zeigte ein Grinsen, das sich mit einem Ausdruck des Ekels mischte.
    »Mach, daß du‘rauskommst, du Waschlappen!«
    Elroy erhob sich. Er hielt das Messer immer noch in der Hand. Er wankte zur Tür. Sein Blick streifte Leila. Durch Tränen hindurch, wie durch einen milchigen Schleier, sah er das herbe, schöne Gesicht. Es war angewidert, verächtlich, fast so, als schäme sich Leila.
    Elroy Hammer erreichte die Tür und gelangte ins Freie. Draußen begann er zu laufen. Er war wie betäubt. Er lief nach Hause, zu seinem möblierten Zimmer, wusch sich das Gesicht, kroch ins Bett, zog sich die Decke über die Ohren und war mit seinem Elend allein.
    Er wußte, daß es aus war, daß er in Leilas Augen endgültig verspielt hatte. Vor Scham und Wut über seine Hilflosigkeit knirschte er mit den Zähnen, wühlte er das Gesicht in die Kissen, wünschte er sich ein Mauseloch, in dem er sich hätte verkriechen können.
    Als er wieder überlegen konnte, schmiedete er Pläne. Er wollte weg aus New York. Irgendwohin, wo ihn niemand kannte, wo niemand wußte, daß er ein Feigling war.
    Es wurde Mittag, und Elroy Hammer blieb in seinem Zimmer. Auch am frühen Nachmittag hielt der Schneesturm über New York an. Erst als es dämmrig wurde, beruhigte sich das Wetter etwas.
    Hammer saß immer noch in seinem Zimmer und hatte die Tür von innen abgeschlossen. Gegen fünf Uhr kochte er sich einen Pulverkaffee und rauchte zwei Zigaretten. Im Schrank fand er eine noch halbvolle Flasche Whisky und schenkte sich kräftig ein. Die verschiedenartigen Stimulantien bewirkten, daß er sich bald besser fühlte. Das Elend minderte sich, die Blamage war nicht mehr ganz so groß, der Entschluß, New York zu verlassen, wurde ungewiß.
    Dann klingelte das Telefon.
    Er zögerte. Sollte er den Hörer abnehmen? Wer war der Anrufer?
    Schließlich überwand er sich.
    »Ja«, meldete er sich.
    »Hallo, Roy«, es war eine bekannte Stimme, ein Freund, mit dem er sich im Sommer häufig zum Tennis traf. »Gut, daß ich dich erreiche, alter Junge. Maybelline gibt heute abend ein
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