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0406 - Mörder-Medium

0406 - Mörder-Medium

Titel: 0406 - Mörder-Medium
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Es bedurfte nur starker Konzentration und einer lebhaften Vorstellungskraft. Mehrmals brach sie ihren Versuch ab, um wieder zur Ruhe zu kommen und sich zu sammeln. Aber dann schließlich veränderte sich der Rhythmus, in welchem sich das Gebilde, diese Fabelgestalt, bewegte.
    Nach einer Weile gab Nadja auf.
    »Was haben Sie herausgefunden, Genossin Telzina?« fragte Dr. Tokolev, nachdem die Psychokinetin zunächst schwieg. Es hatte den Anschein, als müsse sie gegen eine Hemmschwelle ankämpfen, dann aber straffte sie sich.
    »Ich konnte es bewegen«, sagte sie. »Es setzte mir fast keinen Widerstand entgegen. Aber ich fühlte es gleichzeitig als feste Masse, als eine undurchdringliche Substanz. Sie war hart. Ich konnte wohl das Ektoplasma-Objekt als Ganzes in seinen Bewegungen beeinflussen, nicht aber Bewegungen einzelner Teile des Objektes veranlassen.«
    Tokolev nickte. Das war eine präzise Beschreibung. »Sie konnten also diese Gestalt, um es mal so zu bezeichnen, nicht dazu bringen, Arme oder Beine oder Köpfe zu bewegen.«
    »Nein, Genosse Doktor. Nichts dergleichen. Nur das komplette Objekt.«
    »Fiel es Ihnen schwer?«
    »Ich sagte schon, daß ich kaum Widerstand spürte. Es muß leicht wie eine Feder sein.«
    Tokolev nickte wieder. Es war schon recht interessant. Ein als feste Substanz spürbarer harter Körper, unglaublich leicht, so daß er eigentlich nur aus locker zusammengefügtem Rauch bestehen konnte, der dann trotz seiner Festigkeit in der Lage war, feste Materie wie eine Tür zu durchdringen…
    »Glauben Sie, daß man mit diesem in sich harten Objekt Spuren hinterlassen könnte? Eindrücke in einer weichen Masse? Oder daß man damit als Werkzeug wiederum etwas anderes bewegen könnte?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte die Frau. »Ich habe versucht, das Objekt gegen die Wand und gegen einen Schrank zu drücken. Jedesmal war ich zu meiner Verblüffung nicht in der Lage, es auch nur um einen Millimeter zu verschieben. Deshalb kann ich diese Frage nicht beantworten.«
    Antworten, klar und präzise, wie Dr. Tokolev sie liebte. Er stellte fest, daß er mit Nadja Telzina weit besser würde zusammenarbeiten können als mit Lena Petrowna, die zu rebellisch war, zu ablehnend, und allein schon deshalb manchmal ungewollt nur vage Auskünfte gab.
    »Was auch immer es mit diesem Stück Ektoplasma auf sich hat - es verhält sich nicht normal«, sagte er.
    »Es widerspricht allen bisherigen Erfahrungen. Vielleicht geht mit Ihnen eine noch unbegreifliche Veränderung vor, vielleicht entsteht da etwas völlig Neues…«
    Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. Sie faßte einen spontanen Entschluß und ging auf das Ektoplasma zu, wollte es berühren.
    Da surrte das Telefon.
    Abrupt blieb sie stehen.
    »Wer ruft denn um diese Zeit noch an?« stieß sie überrascht hervor.
    Tokolev lächelte. Er hatte sich seit dem Nachmittag wieder gefangen. Seine. Aggressionen waren einer stillen Trauer um Retekin sowie einer Art von Resignation gewichen. Aber er konnte auch skurille Situationen noch durchaus erfassen.
    »Jemand wie Sie, Genossin«, sagte er, »die unbedingt eine neue Entdeckung vorführen will. Vielleicht sollte mal jemand den Hörer abnehmen.«
    Nadja hob ab und meldete sich.
    »Für Sie, Doktor«, sagte sie dann. »Und du sollst auch kommen, Lena. Professor Saranow ist wieder hier, und er will euch beide unbedingt sofort sprechen. Er hat Sie, Doktor, in Ihrer Wohnung nicht erreichen können und freut sich, daß Sie hier sind.«
    Tokolev streckte die Hand nach dem Telefonhörer aus. Nadja reichte ihn ihm zögernd.
    »Tokolev hier, Professor Saranow«, sagte er. »Ich kann's kaum glauben, daß Sie wieder da sind. Wenn wir gleich rüberkommen - dürfen wir Ihnen ein Stück freischwebendes Ektoplasma mitbringen, oder möchten Sie es sich lieber hier anschauen?«
    Aus dem Hörer erklang ein leises Lachen, unverkennbar Saranows tiefe Stimme.
    »Bringen Sie's doch mit, Towarischtsch…«
    Es klickte, und auch Tokolev legte auf. Er sah die beiden Frauen an. »Dann müssen wir uns mal was einfallen lassen, das gute Stück zu Saranows Bungalow am Stadtrand zu bringen.«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst, Doktor«, protestierte Lena. »Und der Professor hat das sicher auch nicht ernst gemeint. Wie sollte es denn gehen? Es ist zu gefährlich, es zu beruhigen.«
    Tokolev schmunzelte und deutete auf Nadja. »Wenn man nur will, gibt es für alles eine Lösung. Wenn Sie so gut wären, das Ektoplasmastück mit Ihrer
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