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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde
Autoren: Anne Stuart
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der erst sichtbar wurde, wenn er seine schwarze Mähne nach hinten warf. Die meisten Herren trugen weiß gepuderte Perücken über dem eigenen kurz geschnittenen Haar. Der Comte de Giverney war wohl zu eitel, um seine eigene Haarpracht zu verbergen.
    „Haben Sie sich sattgesehen?“, fragte er verbindlich. „Soll ich mich umdrehen, damit Sie auch meinen Rücken bewundern können?“
    „Ich sehe mir meine Feinde gern genau an“, entgegnete sie, ohne zu erröten.
    „Entweder Sie lassen mich jetzt meine Mutter suchen, oder Sie begleiten mich.“
    „Selbstverständlich begleite ich Sie. Ob wir Feinde sind oder nicht, muss ich erst noch entscheiden.“ Er schleuderte die Pistole auf das Podium, wo sie zielsicher auf dem Thronsessel landete. „Ich fürchte, mein Kind, Sie würden Ihre Mutter nicht unter den Gästen finden, also müssen Sie mich wohl oder übel durch die neun Kreise der Hölle begleiten.“
    „Ich bin kein Kind, Monsieur le Comte.“
    „Das ist mein französischer Titel. Für Engländer bin ich Viscount Rohan.“
    „Diesen Titel trägt ein anderer“, erklärte sie, da sie den Namen bereits in einem anderen Zusammenhang gehört hatte.
    „Tatsächlich?“, entgegnete er freundlich. „Wie reizend von Ihnen, mich daran zu erinnern. Der Mann ist ein Betrüger, mehr nicht.“ Er begann, die Schleife seines seidenen Halstuchs zu lösen, und sie beobachtete halb benommen seine beweglichen, juwelengeschmückten Finger.
    Er nahm das Tuch ab, darunter wurde das halb offene gerüschte Batisthemd sichtbar.
    Beim verstörenden Anblick seiner nackten Brust drehte Elinor das Gesicht zur Seite.
    Sie hörte sein leises Lachen, dann spürte sie seine Hände wieder an den Schultern, als er sie umdrehte. „Seien Sie unbesorgt, Schätzchen. Sie werden nichts sehen, was Sie schockieren könnte.“ Damit legte er ihr das Tuch über die Augen und band es am Hinterkopf fest.
    Es hatte keinen Sinn, sich dagegen zu wehren, je weniger sie seine Berührung spürte, umso besser. „So ist es gut“, lobte er. „Nun nehmen Sie meinen Arm, und ich gebe Ihnen einen Vorgeschmack auf die ewige Verdammnis.“
    „Finden Sie Gotteslästerung wirklich unterhaltsam?“, fragte sie und versuchte nicht zusammenzuzucken, als er ihre Hand nahm und in seine Ellbogenbeuge legte.
    „Selbstverständlich.“
    Noch nie hatte Elinor einen Männerarm berührt, der nicht von mehreren Stoffschichten bedeckt war. Der Satan, der diese Exzesse veranstaltete – mochte er sich Monsieur le Comte oder Viscount Rohan nennen –, trug nur ein Hemd aus feinstem Batist. In ihrer plötzlichen Blindheit war sie sich seines Armes unter ihren Fingern deutlich bewusst. Sehnen, Muskeln ... und die unerwartete Wärme seiner Haut, da seine Hände und sein Herz eiskalt waren.
    „Sind Sie bereit, mein Kind?“, fragte er in heiterer Ironie.
    Elinor war fest entschlossen, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Männern wie diesem Viscount Rohan bereitete es großes Vergnügen, Angst zu verbreiten, und wenn sie diese Nacht heil überstehen wollte, musste sie tapfer sein.
    „Seit einer endlos langen Stunde“, antwortete sie mit einem gelangweilten Seufzen.
    „ Allons-y“ , murmelte er, und es war unnötig, sein Mienenspiel zu sehen, um zu wissen, dass er sich nichts vormachen ließ. „Gehen wir.“
    Es blieb ihr keine andere Wahl, als sich von dem Fürsten der Finsternis tiefer in die Abgründe der Hölle führen zu lassen.

3. KAPITEL
    Lärm und Hitze schlugen ihr entgegen, als er sie durch offene Flügeltüren geleitete.
    Die stickige Luft war erfüllt von schweren Parfumdüften, Bienenwachs, verschüttetem Wein, Essensgerüchen und menschlichen Ausdünstungen, lautem Stimmengewirr und schrillem Lachen. Eine schnarrende Männerstimme drang an ihr Ohr.
    „Was hast du denn da am Arm, Francis? Dein Dessert?“ Dieser geistlosen Bemerkung folgte dröhnendes Gelächter.
    „Rede keinen Unsinn“, erklang die helle Stimme einer Französin, unzweifelhaft aus gehobenen Kreisen. „Er wird sie später versteigern lassen. Kann ich mein Gebot jetzt schon abgeben? Sie scheint ein Leckerbissen zu sein.“
    Elinor zuckte unter den Anzüglichkeiten zusammen, ihre Finger krallten sich unwillkürlich in seinen Arm. Er legte seine Hand über die ihre, wobei sie nicht wusste, ob er sie beschwichtigen oder festhalten wollte.
    „Sei nicht lächerlich, Elise“, bemerkte eine andere Männerstimme dicht an Elinors Ohr. „Die Kleine behält er heute Nacht. Schau doch, wie er
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