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04 - Spuren der Vergangenheit

04 - Spuren der Vergangenheit

Titel: 04 - Spuren der Vergangenheit
Autoren: Manfred Weinland
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du seinetwegen deine anderen Pflichten vernachlässigen kannst! Schaffst du das nicht, ist er schneller weg, als du schauen kannst!«
    Alejandro hatte bei diesen Worten neben seinem Vater gestanden. Leicht geduckt und immer wieder zusammenzuckend, als wäre jedes Wort ein Schlag in sein Gesicht.
    Was es ja auch gewesen war.
    »Ich muss gleich noch mal weg, Alejandro, sei nicht böse«, sagte Maria Luisa. »Aber ich bleibe nicht lange.«
    Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht. Aber er senkte den Blick, und obwohl er das fertige Puzzle zu betrachten schien, hatte Maria Luisa das Gefühl, dass er auf etwas starrte, das sich ihrer eigenen Wahrnehmung entzog.
    Manchmal rann ihr im Beisein ihres Bruders ein kalter Schauder über den Rücken und er kam ihr wie ein Gefangener seines eigenen Körpers vor.
    Unvermittelt sagte er: »Will nicht, dass du abschließt.«
    Alejandro sprach nur in Ausnahmesituationen. Offenbar war dies eine.
    »Du weißt, dass ich das nicht grundlos tue«, hörte sie sich sagen. »Es ist zu deinem eigenen Schutz. Ich kann nicht immer bei dir sein. Und wenn ich fort bin und du nach draußen gehst, verläufst du dich. Dann kann Gott weiß was passieren.« Obwohl es stimmte, fühlte sie sich schlecht bei ihrer Erklärung.
    »Ich lauf nicht weg.« Sein Blick war weiterhin zu Boden gerichtet.
    »Ich wäre sehr traurig, wenn dir was passieren würde«, sagte Maria Luisa mit einem Kloß im Hals.
    »Wie bei Mamá.«
    »Wie bei Mamá«, erwiderte sie. Eine Träne stahl sich aus ihrem Auge. »Ich gebe dir noch ein neues Puzzle.«
    Alejandro schüttelte den Kopf, beugte sich vor und durchpflügte mit seinen Händen das gerade erst vollendete Werk. Es sah nicht nach blinder Zerstörungswut aus, eher nach akribischem Vorgehen.
    »Du willst noch mal dasselbe machen?«, fragte Maria Luisa.
    Als Antwort griff Alejandro mit beiden Händen nach jeweils einem Teil und fügte beide vor sich zusammen.
    »Ich beeile mich«, versicherte Maria Luisa noch einmal. Bevor sie das Zimmer verließ, goss sie Alejandro aus einem halbvollen Krug ein Glas mit Wasser ein. »Du musst trinken. Trinken ist wichtig. Wenn ich zurückkomme, ist das Glas leer. Versprochen?«
    Alejandro legte stoisch Teil um Teil vor sich hin. Seine Lippen unter dem Bartflaum waren konzentriert zusammengekniffen. Er schien die Anwesenheit seiner Schwester völlig vergessen zu haben.
    Maria Luisa schloss die Tür hinter sich ab. Den Schlüssel ließ sie in einer Tasche ihres Kleides verschwinden. Das war nötig. Zum einen, damit Alejandro nicht unbeaufsichtigt heraus konnte. Und zum anderen, damit niemand zu ihm hinein kam.
    Niemand, der ihm vielleicht Böses wollte …
    ***
    Die Kladde war die eine, das Artefakt eine völlig andere Sache. Von dem ersten Moment an, da Tom es gesehen, respektive ertastet hatte, war ihm klar gewesen, dass es außerirdischer Herkunft sein musste.
    Ein Körper mit angeblich dreizehn gleichflächigen Facetten war schon rein geometrisch unmöglich, und das Dunkelfeld, das ihn in einem Radius von etwa einem halben Meter umgab, war es in physikalischer Hinsicht ebenso. Zumindest hatte Tom noch nie von einem Gegenstand gehört, der imstande war, aus seiner Umgebung sämtliches Licht »abzusaugen« und so eine Zone zunehmender Finsternis selbst in hellster Umgebung zu erzeugen.
    Na ja, bis auf ein Schwarzes Loch vielleicht, aber da er nicht in dieses Ding hineingerissen wurde – es besaß im Gegenteil fast gar keine Schwerkraft! – schied diese ebenso aberwitzige Möglichkeit aus.
    Klar war nur eines: Dieses Artefakt war von unschätzbarem Wert, sowohl für die Wissenschaft als auch für so gut wie jeden Kriegstreiber auf der Welt, der das Dunkelfeld als Tarnschirm nutzen wollte.
    Und deshalb sind wohl auch die Jungs in den feinen Anzügen hinter dem Ding her wie der Teufel hinter der armen Seele , dachte Tom. Schlimm nur, dass sie dabei über Leichen gehen .
    Seine eigene Leiche eingeschlossen.
    Minutenlang hielt er das fühl-, aber nicht sichtbare Objekt in seiner Hand und war wieder einmal fasziniert von seiner scheinbaren Gewichtslosigkeit. Ergriff man das Artefakt, spürte man zwar, dass man etwas in der Hand hielt, das ungefähr die Größe eines Gänseeis besaß und sich wie einer jener vielflächigen Würfel für Fantasy-Spiele anfühlte. Gleichzeitig schien sich das Objekt aber jeder Wahrnehmung zu entziehen, nicht nur optisch. Tom hätte seine Oberfläche weder Stein, Metall, Holz oder Kunststoff zuordnen können.
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