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04 - Spuren der Vergangenheit

04 - Spuren der Vergangenheit

Titel: 04 - Spuren der Vergangenheit
Autoren: Manfred Weinland
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ich sie zum Teufel gejagt!«
    »Jetzt machst du mir Angst, abuelita.« Maria Luisa wirkte fast erschrockener über die Worte ihrer Großmutter als über das, was hinter ihr selbst lag.
    Die stolze alte Dame lachte. Tom hatte selten ein so unverstelltes Lachen gehört. »Wo ist Jandro?«
    »Hier.« Maria Luisa nahm die Hand ihrer Großmutter und führte sie an die Wange ihres Bruders. »Spürst du ihn?«
    »Aber ja. Er ist gewachsen! Er hat schon einen Bart!«
    Tom fragte sich, wann sie ihn zuletzt »gesehen« haben mochte – längst war ihm klar geworden, dass die Großmutter seiner Weggefährten blind war.
    Das erklärte auch den völligen Verzicht von Licht im ganzen Haus. Den Augen selbst war es nicht anzumerken, dass sie nutzlos geworden waren. Außer vielleicht, dass sich die Pupillen nicht bewegten.
    »Darf ich auch Sie kurz anfassen, mein Herr?«, fragte sie, nachdem sie Alejandro zärtlich über das Gesicht gestrichen hatte.
    Tom reichte ihr die Hand, die sie mit beiden Händen umschloss und lange drückte. Ihre Hände waren warm und gut durchblutet.
    »Ah, kein Jungspund mehr – ein reifer, erfahrener Mann …«
    »… in den besten Jahren«, scherzte Tom.
    »Das ganz gewiss«, bestätigte ihn die alte Frau. »Seien Sie mir willkommen. Wenn Maria Sie in ihr Herz geschlossen hat, steht Ihnen das meine auch offen.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Señora.«
    »Ich heiße Carlota. Und Sie?«
    »Tom.«
    »Sie sprechen ein vorzügliches Spanisch, Tom. Aus welcher Ecke der Welt stammen Sie?«
    »Aus –«
    Bevor Tom antworten konnte, mischte sich Maria Luisa ein. »Lass ihn doch erst mal zur Ruhe kommen, abuelita. Wir haben viel hinter uns und sind alle sehr müde. Ich wusste nicht wohin, war mir nicht sicher, ob wir dich belästigen können …«
    »Entschuldige, Kind, entschuldige. Du hast sicher recht. Kommt alle erst einmal zur Ruhe. Kommt mit in die Küche. Ihr habt sicher Durst, vielleicht auch Hunger. Es ist noch etwas da vom Mittag.« Sie bewegte sich fast so sicher wie eine Sehende durch den Korridor. Dann flammte auch in der großen Küche das Licht auf.
    Tom setzte sich mit Jandro an den Tisch, Maria Luisa drängte ihre Großmutter, ebenfalls Platz zu nehmen. »Ich mach das schon.« Sie holte Gläser und schenkte ihnen Wasser ein.
    »Gut«, sagte die alte Frau, nachdem sie wie mit dem teuersten Sekt miteinander angestoßen hatten. »Und jetzt sprich, Kind. Was ist passiert?«
    ***
    Carlota stellte ihnen im oberen Stockwerk zwei Schlafräume zur Verfügung. Maria Luisa wählte für sich und ihren Bruder eine Stube mit zwei Schlafgelegenheiten. Nachdem sie Alejandro zu Bett gebracht hatte, schaute sie noch einmal bei Tom vorbei. Ihr war noch nicht nach Schlaf; die Ereignisse hatten sie zu sehr aufgewühlt.
    Sie fand Tom Ericson vollständig angezogen auf dem Bett sitzend vor, die Kladde und eine der geretteten Übersetzungshilfen aufgeschlagen neben sich, einen Schreibblock in der Hand. Ein paar Zeilen standen schon hingekritzelt auf dem Papier.
    »Sie hat es erstaunlich gefasst aufgenommen«, sagte Tom Ericson. »Deine Großmutter, meine ich.«
    »Sie mochte ihn noch nie«, versuchte Maria Luisa das Verhältnis der beiden zu beschreiben. »Sie waren immer wie Feuer und Wasser. Sie gibt ihm auch die Schuld daran, dass Mutter so früh gestorben ist. Ich glaube, sie hasste ihn. Sie hat es nie so gesagt. Aber sein Tod muss eine Genugtuung für sie sein.«
    »Die Polizei wird nach dir suchen. Nach dir und deinem Bruder. Möglich, dass ihr in Verdacht geratet. Diese Leute sind gut darin, falsche Fährten zu legen.«
    »Woher kennst du sie? Was hast du mit ihnen zu schaffen?«
    »Es geht um einen Gegenstand, der in gewissen Kreisen unbezahlbar sein dürfte.«
    »Und du weißt, wo er sich befindet?«
    »Ich weiß es noch nicht lange. Aber mittlerweile sehr sicher.« Er klopfte auf den Lederbeutel an seinem Gürtel.
    »Und dafür – müssen Menschen sterben?«
    Tom entschied, dass sie es verdient hatte, mit eigenen Augen zu sehen, wofür letztlich auch ihr Vater umgebracht worden war.
    Er nahm das Artefakt aus dem Lederbeutel. Sofort bildete sich das Dunkelfeld darum, verschlang scheinbar auch die Hand, die den Gegenstand hielt.
    Maria Luisa sprang von der Bettkante auf und rief erschrocken: »Was für ein Trick ist das? Wie kann –«
    Er winkte sie zu sich. »Es ist kein Trick. Es ist eine natürliche Eigenschaft des Objekts, hinter dem die Kerle in den Maßanzügen her sind. Komm wieder her, gib
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