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04 - Spuren der Vergangenheit

04 - Spuren der Vergangenheit

Titel: 04 - Spuren der Vergangenheit
Autoren: Manfred Weinland
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los mit dir? Du wirkst völlig aufgelöst …«
    »Es ist schrecklich, Vater, schrecklich !« Ts’onot rang nach Worten.
    »Komm her! Schließe die Tür hinter dir und nimm Platz.« Ah Ahaual gestikulierte zu seinen Worten.
    Ts’onot drängte in den Ratssaal. Dabei sah er sich mehrfach nach allen Richtungen um. »Bist du allein?«
    »Das siehst du doch.«
    »Ich meine … ganz allein?«
    Ah Ahaual schien zu begreifen, worauf … oder besser: auf wen er anspielte. »Das wissen allein die Götter. Zu sehen oder sonst wie zu bemerken ist er nicht.«
    Ts’onot nickte und trat vor seinen Vater. Selbst setzen wollte er sich nicht. Seine Aufgeregtheit war schon daran zu erkennen, dass er nicht nur innerlich bebte, sondern insgesamt zittrig wirkte.
    »Sprich endlich. Was ist dir in die Knochen gefahren, Sohn?«
    »Ich hatte eine Vision. Mein Lomob meldete sich.«
    »Wann?«
    »Heute Nacht.« Ts’onot trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Und es betraf … die Maschine.« Noch immer klang der Begriff fremd für die Ohren eines Maya. Dennoch benutzte er ihn.
    »Was ist damit?«, fragte Ah Ahaual alarmiert.
    »Sie … wir wurden betrogen!« Bei diesen Worten sah sich Ts’onot erneut argwöhnisch um. Versteckte sich der Götterbote – der Betrüger! – irgendwo? Damit rechnen musste er; auch damit, dass ihn jeden Moment ein Blitz oder eine andere Strafe ereilte.
    »Betrogen? Was willst du damit sagen?« Ah Ahaual übte sich in Zurückhaltung. »Aber mäßige deine Worte. Du weißt, dass man Götter nicht beleidigen darf, ohne ihren Zorn –«
    Ts’onot ließ ihn nicht ausreden. Er konnte sich nicht zurückhalten. »Darum geht es ja!«, rief er wütend und verzweifelt zugleich. »Ihr Zorn hat uns bereits getroffen! Diese Maschine ist die Folge davon!«
    Ah Ahaual schien zu erstarren. »Berichte. Was hast du gesehen?«
    »Den Untergang«, sagte er düster.
    »Den Untergang? Unseres Volkes?«
    Ts’onot schüttelte so heftig den Kopf, dass er das Gefühl hatte, gar nicht mehr aufhören zu können. »Den Untergang der ganzen Welt …«, krächzte er.
    ***
    Nach den Ausführungen seines Sohnes war der Kazike wie betäubt. Unglaube wucherte wie ein lebendig gewordener Schatten über sein Antlitz. Immer wieder schüttelte er das Haupt. Mehrfach setzte er zum Sprechen an, ohne dass ein Ton über seine Lippen kam.
    Ts’onot ließ ihm die Zeit, sich in die Gewalt zu bekommen – weil er auch selbst erst wieder in die Wirklichkeit zurückfinden musste. Die Bilder, die er während seiner Vision empfangen hatte, rollten wie die immerwährenden Wellen eines finsteren Ozeans über ihn hinweg.
    »Die Maschine , die zu bauen uns aufgetragen wurde«, setzte Ah Ahaual schließlich an, »wird uns kein Glück bringen, sondern uns und unsere Welt vernichten? Habe ich das richtig verstanden?«
    Ts’onot nickte dumpf. Er wünschte, er hätte etwas anderes gesehen.
    »Aber warum sollte man uns das antun?«
    »Darüber gab die Vision keine Auskunft.« Ts’onot ertrug den Schmerz seines Vaters schwerer als seinen eigenen.
    Ah Ahaual dachte darüber nach. Dann gab er sich einen Ruck und stemmte sich aus seinem reich verzierten Sitz empor. Langsam, mit stierem Blick kam er auf seinen Sohn zu. »Etwas verstehe ich nicht.«
    Ts’onot fragte: »Was?«
    »Als du mit dem Gesandten und den Kriegern aufgebrochen bist, um den Himmelsstein zu bergen … da hast du mir versichert, dass dir nichts zustoßen könne, weil du dich selbst in der Zukunft als meinen Nachfolger auf dem Thron gesehen hast.« Er tat einen schweren Atemzug, dann fuhr er fort: »Aber wie kannst du künftig unser Reich regieren, wenn es untergeht, sobald die Maschine fertiggestellt ist?« Er schüttelte den Kopf, ohne Ts’onot aus den Augen zu lassen. »Das verstehe ich nicht.«
    Ts’onot hatte das Empfinden, als flösse plötzlich Eiswasser statt Blut durch seine Adern. Ein seltsamer Ton, wie von einem hässlichen Schmerz erzeugt, quälte sich aus seiner Kehle. Dann gestand er seinem Vater die Lüge. »Ich hätte es nicht tun dürfen, ich weiß«, beteuerte er. »Ich bereue, dich angelogen zu haben. Aber ich fürchtete, du würdest mir die Teilnahme verbieten.«
    Ah Ahaual fasste sich in den Nacken und rieb die Muskeln dort, die vor Anspannung deutlich hervortraten. Das Zucken seiner Halsschlagader verriet, wie hart und schnell das Herz des Herrschers pochte. »Wie soll ich dir je wieder etwas glauben?«, flüsterte er.
    »Ein einziges Mal habe ich gelogen, das
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