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0398 - Herr der blauen Stadt

0398 - Herr der blauen Stadt

Titel: 0398 - Herr der blauen Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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je untergekommen war.
    »Ich sagte dir doch«, dröhnte seine Baßstimme, »daß das Sterben dieser Menschen einen Zweck erfüllt.«
    »Du hattest versprochen, ihn nicht zu töten«, wütete Nicole in ihrem durchsichtigen, heißen Gefängnis, in dem der Wasserspiegel immer weiter stieg.
    »Ich hatte dir gar nichts versprochen«, erwiderte er kalt. »Warum sollte ich auch?«
    Er hob jetzt beide Hände.
    Nicole sah, wie sich etwas aus dem Leichnam des Mischlings löste. Sie spürte mit ihren empfindlichen Übersinnen eine unglaubliche, zähe Lebenskraft, die mit Gewalt aus dem Körper gerissen worden war, als man ihn ermordete. Und diese Lebenskraft glitt hinüber zu dem Zauberer, wurde von seinen Händen gierig aufgesogen.
    Er verschlang die Lebensenergie des Opfers… einem Dämon gleich…
    Ja, er mußte ein Dämon sein, dieser Herr der Ungeheuer. Sein ganzes Verhalten war dämonisch, bestialisch, teuflisch. Er war ein gewissenloses Monstrum, schlimmer als die Bestien, mit denen er sich umgab.
    »Jeder, der stirbt, verleiht mir neue Kraft, macht mich stärker«, hörte sie den Zauberer sagen. »Und je mehr Opfer ich mir hole, desto stärker werde ich.«
    Sein Lachen raubte ihr fast die Besinnung.
    Sie wußte, daß sie etwas tun mußte.
    Diesem Dämon mußte das Handwerk gelegt werden. Er mußte ausgelöscht werden, bevor er noch mehr Morde begehen ließ.
    Nicole fieberte innerlich.
    Daß der Wasserspiegel immer weiter stieg, daß die Kugel bereits zur Hälfte gefüllt war, nahm sie kaum wahr. Das Wasser umspülte ihren Körper, drängte die Atemluft durch die Kugelwand hindurch. Sie konnte sich ausrechnen, wann die Kugel restlos gefüllt war und sie darin ertrank, erstickte, starb. Nicht mehr lange.
    Und ihr Tod – würde dem Dämon neue Kraft geben!
    »Du hast es erkannt«, lachte er böse. »So wirst auch du mit deinem Sterben einen Zweck erfüllen.«
    »Niemals«, murmelte sie.
    Sie sah, wie er den Raubtierköpfigen einen Wink gab. »Holt den nächsten«, sagte er. »Ich schätze, mein Freund in der Inkafestung wird bald einen Angriff planen. Er wird eine böse Überraschung erleben – aber zuvor muß ich mich weiter stärken…«
    Es war Folter für Nicole, die wahnwitzigen Pläne dieses Teufels in Menschengestalt anhören zu müssen. Sie wollte ihre Ohren verschließen, einfach nicht mehr zuhören. Aber es ging nicht. Sie konnte dieser dröhnenden Baßstimme nicht entweichen.
    Die Raubtierköpfe verließen die Halle.
    Die Gnome türmten einen frischen Totenschädel auf die makabre Pyramide…
    ***
    »Eine blaue Stadt«, murmelte Zamorra. »Die Stadt, deren Modell sich auf dem goldenen Brustschild befindet… ich wußte es! Und ich habe sie gesehen, die Stadt…«
    »Die Modellstadt«, nickte Tendyke. »Natürlich.«
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Die richtige, die echte blaue Stadt habe ich gesehen. Ganz kurz nur. Es war, als ich hier versuchte, mit dem Amulett in der Zeit zurückzugehen und herauszufinden, wie unser Verschwinden, unsere Versetzung hierher bewerkstelligt wurde. Bloß klappte das nicht so, wie ich hoffte; etwas explodierte und ließ mich bewußtlos werden. Als ich erwachte, war ich hier im Tempel. Nackt und gefesselt. Aber vorher hatte ich noch etwas gesehen. Ganz kurz nur. Die blaue Stadt. Und einen weißbärtigen Mann mit großer Macht…«
    »Er ist es«, stieß der Zauberpriester hervor, der aufmerksam gelauscht hatte. »Der Feind. Der Herr der blauen Stadt, der über die Ungeheuer gebietet, der uns überfällt, Menschen verschleppt und ihre Seelen frißt… du hast ihn gesehen?«
    Zamorra nickte. »Ja«, sagte er. »Aber ich weiß nicht, wer er ist.«
    »Das weiß niemand. Er kommt aus dem tiefsten Abgrund der Finsternis. Sein Herz ist erfüllt vom Bösen, das er verbreitet. Er ist eine Bedrohung, und er ist eine starke, zerstörerische Macht. Er muß vernichtet werden. Er und alles, was von ihm ausgeht.«
    »Und du hältst uns für seine Abgesandten?«
    Der Zauberpriester lachte leise.
    »Bis vor kurzer Zeit – ja«, gestand er. »Aber ich spüre es, wenn jemand lügt oder die Wahrheit spricht. So auch bei euch, ihr Hellhäutigen. Ich sehe, daß ihr nichts von dem Entsetzen wißt, welches der Herr der blauen Stadt über uns kommen läßt, immer wieder und wieder. Er ist euch fremd.«
    »Aber wir kennen blaue Städte«, sagte Zamorra. »Starke Magie wohnt meist darin.«
    »Du hältst uns also nicht mehr für deine Feinde«, warf Tendyke ein, der sich aus dem Dialog
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