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0398 - Herr der blauen Stadt

0398 - Herr der blauen Stadt

Titel: 0398 - Herr der blauen Stadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ihn schon dreimal niedergemacht.«
    Der Priester wandte sich zu ihm um und sagte etwas. Tendyke verstand es nicht. Zamorra durfte wiederholen, was er durch das Amulett vernommen hatte. »Er sagt, wenn er gewollt hätte, hätte er dich auf dem Weg nach hier schon in mindestens sieben Fallen umkommen lassen.«
    »Na ja, so hat dann jeder seine überlegenen Trümpfe in der Hinterhand«, versetzte Tendyke spöttisch. »Aber folgen wir seiner Einladung. Vielleicht hat er auch einen Kasten kühles Bier in seinem Partykeller stehen.«
    »Spinner«, murmelte Zamorra.
    Sie folgten dem Priester, blieben aber wachsam, zumal sich die beiden Wächter ihnen anschlossen und in gleichbleibendem Abstand ständig hinter ihnen waren. Tendyke wandte sich immer wieder mißtrauisch um und vergewisserte sich, daß keine Falle lauerte und kein heimtückischer Überfall vorbereitet wurde.
    Schließlich erreichten sie auf einem Weg, den Tendyke noch nicht kannte, den Tempelausgang. Der Priester führte sie über den großen Platz zu den Wohngebäuden. Hier draußen standen überall bewaffnete Indio-Krieger. Aber sie taten nichts. Sie sahen nur zu, wie der Zauberpriester und die beiden unheimlichen Fremden zum vorderen der Wohnhäuser gingen.
    »Folgt mir«, sagte der Priester wieder. Er trat auf einen eingekerbten Baumstamm zu und stieg an ihm empor. Der schräg an der Hauswand nach oben führende Stamm diente als Außentreppe. Er endete vor einem Loch in der Mauer – einer Tür, die in eine Unterkunft führte.
    Hier also wohnte der Zauberpriester.
    Zamorra sah sich in seiner Kammer um. Sie war relativ schlicht eingerichtet; es gab eine Reihe von Kunstgegenständen, und an den Wänden hingen bestickte Lederdecken, aber von goldenem Prunk war hier nichts zu sehen. Der Priester ließ sich auf einem Fell nieder und kreuzte die Beine, die jetzt unter seinem blauen Gewand vollständig verschwanden.
    An der Tür blieben die beiden Tempelkrieger stehen.
    Tendyke und Zamorra ließen sich ebenfalls auf Fellen auf dem Boden nieder. Er bestand aus glattpolierten Holzbalken. In einer Ecke des Zimmers befanden sich übereinandergestapelte Felle und härene Decken und bildeten das Ruhelager des Priesters. Zwei sehr niedrige Tische gab es, auf einem lagen Gegenstände, die wahrscheinlich der Ausübung verschiedener Rituale dienten.
    Keine Fackel oder Kerze brannte. Trotzdem war es nicht dunkel. Eine seltsame gleichmäßige Helligkeit erfüllte den Raum. Zamorra berührte sein Amulett und versuchte magische Schwingungen festzustellen. Sein Verdacht bestätigte sich. Das Licht wurde durch eine magische Kraft erzeugt.
    Zamorra lächelte.
    Der Raum und auch die darin herrschende Magie gefielen ihm. Wenn der Priester ungestört meditieren wollte, brauchte er bloß den gekerbten Baumstamm hochzuziehen, und niemand kam mehr hier herauf. Abgesehen davon würde ihn auch so kaum jemand ungerufen hier aufsuchen.
    Eine Tür zu weiteren Räumen oder einer Innentreppe konnte Zamorra nicht erkennen.
    Er machte es sich auf seinem Sitzfell bequem. Er sah den Priester an. »Welches Spiel treibst du?« erkundigte er sich. »Warum läßt du uns gefangennehmen? Wir sind nicht deine Gegner, denke ich. Es hat uns hierher verschlagen, und wir wollen nichts anderes als wieder in unsere Heimat zurückkehren. Wenn du uns bekämpfst, hinderst du uns daran.«
    »Wenn du uns bekämpfst, wirst du uns nicht besiegen können«, fügte Tendyke hinzu.
    Der Zauberpriester sah von einem zum anderen. Dann machte er in Richtung Tendyke eine abwehrende Geste.
    »Vergiß deine Drohungen und Behauptungen«, sagt er. »Wir wollen reden, nicht kämpfen.«
    »Was hat er gesagt?« fragte Tendyke.
    Zamorra seufzte. »Mir scheint, das Amulett übersetzt zwar deine Worte für den Priester, nicht aber seine für dich. Weißt du was? Übe dich in Geduld. Ich habe keine Lust, jedes Wort einzeln für dich wiederholen zu müssen. Bist du mit regelmäßigen Zusammenfassungen der Unterhaltung einverstanden?«
    Tendyke schürzte die Lippen. »Die Alternative wäre, daß wir uns gegenseitig verprügelten, ja?«
    Zamorra nickte grinsend.
    »Na gut. Ich bin einverstanden«, sagte Tendyke.
    Zamorra sah wieder den Zauberpriester an. Die Edelsteine seiner Gesichtsmaske funkelten in wechselnden Helligkeitsabstufungen. Dabei blieb das Licht in diesem Raum, das von ihnen reflektiert wurde, unverändert!
    Es schien, als befände sich ein seltsames Leben in diesen Steinen.
    »Ich wiederhole meine Frage«, sagte Zamorra.
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