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0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht

0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht

Titel: 0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht
Autoren: Staatsfeind nur für eine Nacht
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den Schlafraum. Die Vorhänge waren aufgezogen, neben dem Bett standen Kameras und Scheinwerfer. Es sah aus wie in einem Filmatelier.
    Aber der Ausdruck des Mädchens war zu echt für einen Film. Ich trat ans Bett.
    Die Decke war zurückgeschlagen. Ich sah den abgemagerten Körper eines rauschgiftsüchtigen Girls. Bevor es der Sucht verfallen war, mochte es einmal sehr schön gewesen sein.
    Der Doc sah mich an. »Ein typischer Fall von Rauschgiftsucht«, erklärte er. »Die Haut ist bereits eingeschrumpft, die Beinmuskeln total verkümmert. Das Girl muss sich in den letzten Monaten nur im Bett aufgehalten haben. Sehen Sie hier. Das habe ich auf dem Nachttisch gefunden. Es handelt sich um eine Droge, die von Rauschgiftsüchtigen zur Überbrückung genommen wird, wenn ihnen der Stoff ausgeht. Diese Droge verursacht leichte Halluzinationen, ist relativ billig und stillt das Verlangen nach der gewohnten Betäubung.«
    Ich nahm das Röhrchen in die Hand und studierte die chemische Zusammensetzung. Dann gab ich die Tabletten wieder an den Doc zurück.
    »Das Girl ist allerdings nicht an Erschöpfung gestorben«, sagte ich, »sondern…«
    »… durch eine Kugel, die genau ins Herz traf«, vollendete der Doc meinen Satz.
    »Selbstmord oder Mord?«
    »Mord«, antwortete der Arzt. »Der Mörder hat durch die Flauschdecke geschossen.«
    Ich winkte Lieutenant Wantbell heran und fragte ihn nach der Spurensicherung.
    »So gut wie keine Spuren. Der Mörder muss die Tür entweder mit einem Wohnungs- oder mit einem Nachschlüssel geöffnet haben.«
    Ich sah mich im Zimmer um und nahm den Fußboden unter die Lupe. Obgleich eine Reihe von Männerstiefeln über die Dielen getrampelt waren, entdeckte ich in Türnähe eingetrocknete Wasserflecke. Von den Beamten konnten sie nicht stammen, die waren noch nicht lange hier. Auf dem Fußboden entdeckte ich außerdem noch den unvollständigen Abdruck einer Profilsohle. Ich wies den Fotografen darauf hin und bat ihn, davon eine Aufnahme zu machen.
    Dann wandte ich mich an die Leute der Mordkommission und ließ mir ihre Schuhsohlen zeigen. Die Cops starrten mich einen Augenblick überrascht an. Dann verstanden sie.
    Niemand von ihnen hatte eine Profilsohle dieser Art. Es handelte sich um einen Arbeitsschuh, der vorwiegend auf dem Land getragen wird.
    Wenige Sekunden später machte mich Wantbell mit Mr. Akron bekannt, der sich mit einem blassen zwölfjährigen Jungen in der Küche auf hielt.
    »Wir haben den Mord entdeckt und die Polizei angerufen«, erklärte Akron.
    Ich betrachtete unauffällig seine Schuhe. Er hatte spitze Lacktreter mit Ledersohlen an.
    ***
    Unaufgefordert erzählte Akron die ganze Geschichte, angefangen vom Kaufhausdiebstahl bis zum Eintreffen der Mordkommission.
    »Joanne Witby hat seit sechs Wochen das J3eit nicht verlassen. Der Junge hat für seine Schwester gesorgt. Allerdings durch Ladendiebstähle«, fügte er hinzu.
    »Wo hast du die Ware für deine Schwester eingekauft?«, wandte ich mich an den Jungen.
    Er schaute mich aus verängstigten Augen an und antwortete: »Was geht Sie das an?«
    Ich strich ihm über den blonden Haarschopf. Der Junge wich mir aus.
    »Deine Schwester ist ermordet worden. Und wir müssen den Mörder finden. Willst du dabei helfen?«
    Der Junge antwortete nicht. Ich ging in den Schlafraum zurück und angelte mir das Blechröhrchen vom Nachttisch.
    »Wo hast du diese Tabletten gekauft?«, fragte ich.
    Der Junge zuckte die Schultern.
    »In welcher Apotheke hast du sie geholt, und wer gab dir das Rezept dafür?«, bohrte ich weiter.
    »Ich bin in keiner Apotheke gewesen«, erklärte der Junge.
    »War deine Schwester in ärztlicher Behandlung? Kam ein Arzt zu euch ins Haus?«
    »No, Sir. Nicht, wenn ich da war. Morgens bin ich zur Schule gegangen. Wenn ich zum Mittagessen nach Hause kam, lag Joanne noch im Bett. Sie sagte, sie sei krank. Aber sie wollte keinen Arzt.«
    »Hast du nie einen fremden Mann in eurer Wohnung gesehen?«
    »No, Sir, nicht dass ich mich erinnern kann.«
    »Besaß Joanne Freunde?«
    »Früher ja. Sie ging abends oft zu Partys. Aber in den letzten Monaten hat sich niemand um uns gekümmert. Früher kam schon mal einer mit einem Chevy vorbei. Der Mann hieß Alex oder so. Dann sind wir spazieren gefahren. Und er hat Eiscreme für mich gekauft. Aber der hat sich schon seit Wochen nicht mehr blicken lassen.«
    Der Junge hatte Vertrauen zu mir gefasst. Schließlich sehe ich ja auch nicht wie ein Kinderschreck aus.
    »Wann hast du
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