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0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht

0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht

Titel: 0393 - Staatsfeind nur für eine Nacht
Autoren: Staatsfeind nur für eine Nacht
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einem Rundgang durch alle Etagen.
    An diesem düsteren Novembermorgen fiel ihm in der Lebensmittelabteilung ein Junge auf, der einige Pakete Kekse im Ausschnitt seiner Windbluse verschwinden ließ.
    Akron griff zu, nahm den Jungen mit in sein Office und öffnete den Reißverschluss der Windbluse. Außer den Keksen kamen zwei Tafeln Schokolade, ein Kasten Pralinen und einige Tüten Pulverkaffee zum Vorschein.
    Der Junge trug eine abgewetzte lange Hose, die bis zu den Knöcheln reichte und schäbige Schuhe, deren Absätze krumm gelaufen waren. Er kniff die Lippen zusammen und sah mit seinen stahlgrauen Augen an Akron vorbei.
    Der Junge blieb bei dem Verhör zunächst stumm wie ein Fisch.
    Der Geschäftsführer reichte ihm eine Tafel Schokolade und sagte: »Da, iss, ich schenk sie dir.«
    Der Junge schüttelte heftig den Kopf.
    »Für wen hast du die Sachen gestohlen?«
    »Für meine Schwester. Sie ist krank und kann nicht arbeiten. Wir haben keinen Cent mehr«, antwortete der Junge schüchtern.
    »Wie alt bist du?«
    »Zwölf.«
    »Hast du keine Eltern?«
    »No, meine Schwester und ich wohnen allein in New York.«
    ***
    Einige Minuten später steuerte Akron seinen Thunderbird zur 54. Straße West. Auf dem Beifahrersitz hockte der Junge und warf Akron misstrauische Blicke zu. Nach zehn Minuten waren sie am Ziel. Der Junge wies auf ein fünfstöckiges Hinterhaus. Akron parkte den Wagen im Hof und stieg mit dem Jungen die Treppen hinauf. Vor einer Wohnung im vierten Stock machte der Junge halt, schloss die Tür auf und knipste das Licht in der Diele an.
    An der Garderobe hingen zwei Damenmäntel.
    Der Junge stieß die Tür auf, die zum Wohnzimmer führte, und bot Akron Platz an. Der Geschäftsführer setzte sich auf einen unbequemen Holzstuhl. Der Raum war nasskalt und roch nach alten Möbeln und Tapeten, hinter denen der Schwamm wucherte.
    »Ich sage meiner Schwester Bescheid. Vielleicht steht sie auf, wenn sie hört, dass Besuch da ist«, sagte der Junge, lief über den Flur und öffnete die schräg gegenüberliegende Tür.
    Akron betrachtete eine Vase, in der vertrocknete Blumen standen, und horchte. Wenige Sekunden später stand der Junge kreidebleich mit zitternden Gliedern in der Tür und stotterte: »Kommen Sie, es ist etwas Fürchterliches passiert. Joanne - sie ist tot.«
    Akron sprang auf, verließ das Wohnzimmer, durchquerte die Diele und blieb an der Schlafzimmertür wie angewurzelt stehen. Der Lichtschein einer Pendelleuchte fiel auf das Gesicht des Girls. Die Augen waren halb geschlossen.
    Akron trat ans Bett und sah das Einschussloch und den roten Fleck.
    Der Geschäftsführer legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und führte ihn aus dem Zimmer.
    Im Wohnzimmer stand ein verstaubtes Telefon auf einem Sideboard. Akron nahm den Hörer von der Gabel, wählte die Notrufnummer der Polizei und meldete den Mord.
    Zehn Minuten später rollte der Wagen der Mordkommission in den Hinterhof. Mr. Akron empfing die Polizeibeamten in der Wohnungstür. Lieutenant Wantbell, der Leiter der Mordkommission, ließ sich von Akron in wenigen Sätzen informieren, ging dann in den Schlafraum und hob den herabhängenden Arm des Girls hoch.
    »Sie ist mindestens schon zwei Stunden tot«, stellte Wantbell fest.
    ***
    Mr. Garney lag kreidebleich im Schalensessel und starrte mich erwartungsvoll an.
    »Der Erpresser«, sagte ich und gab den Inhalt des Telefongesprächs wieder.
    »Ich glaube kaum, dass sich der Bursche am Trinity Cemetery zeigen wird«, bemerkte Phil. »Es wird ein Puzzlespiel über mehrere Stationen geben. Dann kommt es darauf an, dass wir die Nerven behalten und uns nicht verraten.«
    »Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Mr. Garney, wieder ängstlich geworden.
    »Einer von uns wird sich mit einer Aktentasche zur Telefonzelle am Trinity Cemetery fahren lassen«, erklärte ich. »Am besten mit Ihrem Wagen, Mister Garney. Das ist am unauffälligsten.«
    »Haben Sie tatsächlich vor, dem Erpresser das Geld in die Hände zu spielen?«, fragte Garney atemlos.
    »No, selbstverständlich nicht. Aber wir müssen den Bluff ziemlich echt darstellen«, erklärte Phil. »So würde ich vorschlagen, Dollarpakete herzustellen, bei denen jeweils nur der oberste und der unterste Schein richtige Dollarnoten zu sein brauchen. Denn wir müssen damit rechnen, dass der Bursche uns tatsächlich irgendwo die Aktentasche abnimmt und dann als erstes einen Blick hineinwirft.«
    »Okay. Machen Sie Ihre Sache gut, Agents«, murmelte Garney
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