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039 - Wolfsnacht

039 - Wolfsnacht

Titel: 039 - Wolfsnacht
Autoren: A.F.Morland
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gefährdet. Ich hoffte, daß sich daran nichts änderte.
    Dritter Stock, zweiter, erster…
    Ich blieb an einem Fenster unvermittelt stehen. Die anderen rannten weiter. Auch Dr. Rich stampfte an mir vorbei. Vielleicht dachte er, ich wäre am Ende meiner Kräfte und müßte deshalb eine kurze Verschnaufpause einlegen.
    Doch mir ging es noch blendend.
    Was die anderen nicht gesehen hatten, fiel mir auf: Leif Stanwyck zerrte die junge Ärztin auf einen Krankenwagen zu. Die Metamorphose war inzwischen weiter fortgeschritten. Stanwyck wurde einem Menschen immer unähnlicher, dafür aber einem Wolf immer ähnlicher.
    Er zwang die Ärztin einzusteigen, kletterte ebenfalls in den Krankenwagen, die Scheinwerfer flammten auf, das Fahrzeug fuhr los.
    Wenn Stanwyck den Kurs beibehielt, kam er an »meinem« Fenster vorbei.
    Ich riß es auf und sprang auf die Fensterbank. Der Krankenwagen schoß heran. Ich rechnete mir den genauen Zeitpunkt aus, wann ich mich fallenlassen mußte und stieß mich im richtigen Moment ab.
    Nach dem kurzen Fall landete ich auf dem Fahrzeugdach. Es riß mich um. Ich spreizte die Arme ab und suchte nach einer Möglichkeit, mich festzuhalten. Meine Finger schlossen sich um das Gestänge, an dem die Blinkleuchten befestigt waren.
    Und dann ging’s los – im Höllentempo.
    Leif Stanwyck raste vom Hospital fort. Er mußte wissen, daß ich mich über ihm befand. Mein Aufprall war nicht zu überhören gewesen. Doch im Moment reagierte er nicht darauf.
    Es war ihm wichtiger, etwaige Verfolger abzuhängen.
    Der Fahrtwind nahm mir den Atem. Stanwyck fuhr mit Signal.
    Damit fegte er die Straßen frei. Gott, war das eine verrückte Situation. Ein Werwolf raste durch die Stadt, und alle machten ihm Platz!
    Ohne das Gestänge loszulassen, warf ich einen Blick zurück. Ich hoffte meinen weißen Peugeot zu sehen, doch meine Freunde schienen weit abgeschlagen zu sein.
    Dafür aber hing Dr. Rich hinter uns. Er saß in einem kaffeebraunen Ford Sierra. Ich sah sein verbissenes Gesicht hinter der Windschutzscheibe. Er schien entschlossen zu sein, sich nicht abhängen zu lassen.
    Wie er es geschafft hatte, mit seinem Wagen früher zu starten als meine Freunde, war mir ein Rätsel. Jedenfalls war es eine Tatsache, daß er weit vor Vicky Bonney, Roxane, Vladek Rodensky und Mr. Silver lag.
    Meine Güte, Rich ahnte nicht, was ihn am Ende dieser Fahrt erwartete. Womit wollte er das Monster bekämpfen? Mit bloßen Händen? Oder wollte er an Leif Stanwycks Gutmütigkeit, an dessen Dankbarkeit appellieren?
    »Ich bin Ihr Arzt, Stanwyck! Sie müssen mir gehorchen! Ich will nur Ihr Bestes…!«
    Quatsch!
    Leif Stanwyck würde über ihn herfallen, sobald er sich zu nahe an ihn heranwagte, denn Stanwycks Seele wurde von Minute zu Minute schwärzer.
    Vielleicht war der Mann jetzt schon an das Böse verloren, wenn nicht, dann fehlte bestimmt nicht mehr viel.
    Plötzlich schien sich das Ungeheuer meiner zu besinnen. Der Krankenwagen schlitterte um die Ecke. Die Pneus pfiffen schrill, und mich riß die Fliehkraft beinahe vom Dach.
    Das Monster riß das Lenkrad hin und her. Ich schwang mal nach links, mal nach rechts, doch meine Finger öffneten sich nicht.
    Ich hatte im Augenblick keine Ahnung, wo ich mich befand. Es war nicht wichtig. Was zählte, war der Werwolf. Und natürlich auch das Leben der jungen Ärztin, die sich immer noch in seiner Gewalt befand.
    Sie tat mir schrecklich leid; ich fühlte mit ihr. Was mußte sie in diesen furchtbaren Minuten nicht alles durchstehen.
    Immer wieder änderte Leif Stanwyck die Fahrtrichtung. Als er um die nächste Ecke raste, glaubte ich erkennen zu können, daß Dr. Rich sich nicht mehr hinter uns befand.
    Jetzt bin ich allein mit ihm! dachte ich.
    Aber es machte mir nichts aus. Ich war davon überzeugt, daß ich ihn unschädlich machen konnte. Er war nicht der erste Werwolf, gegen den ich allein kämpfen mußte.
    Das Handikap war nur Dr. Charlene Ford.
    Ich hoffte, daß ihr der Himmel gnädig war und ihr eine Chance zur Flucht einräumte, damit ich auf niemanden Rücksicht zu nehmen brauchte, wenn ich die Bestie attackierte.
    Irgendwann bremste Leif Stanwyck. Es riß mich nach vorn, doch ich stemmte mich kraftvoll ab und verhinderte so, daß ich wie ein Torpedo weiterraste und nach kurzem Flug auf der Straße landete.
    Ich sah einen Garten, ein kleines Haus, einen Zaun davor, ein Tor, an dem ein Name stand.
    Stanwycks Name!
    Der Mann war zu Hause.
    Unter mir kreischte Charlene Ford. Der Werwolf
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