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039 - Wolfsnacht

039 - Wolfsnacht

Titel: 039 - Wolfsnacht
Autoren: A.F.Morland
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zurück. Er wischte sich über die Augen. »Warum mußte ich eigentlich Polizist werden? Mein Vater hätte mir einen ruhigen Job in einer großen Bank verschaffen können, aber nein, ich bestand darauf, auf die Polizeischule zu gehen.«
    »Auch die Arbeit eines Bankbeamten kann manchmal sehr aufregend sein. Denken Sie nur an einen Überfall.«
    »Kein Vergleich zu meiner Tätigkeit. Es gibt genug Bankbeamte, die ihr ganzes Leben nie überfallen werden. Bei uns finden diese Überfälle – wenn Sie so wollen – jeden Tag statt. Täglich diese Aufregungen. Immer steht man mit einem Bein im Grab. Wie um alles in der Welt hält ein Mensch das alles aus?«
    »Ich weiß nicht, aber wir tun es«, sagte der Inspektor schmunzelnd.
    »Fragt sich nur, wie lange.«
    »Jammern Sie getrost weiter, wenn es Ihnen guttut. Ich weiß, daß Sie mit Leib und Seele Polizist sind.«
    »Ich muß verrückt sein.«
    »Als Bankbeamter wären Sie bestimmt todunglücklich«, sagte Taylor.
    »Ich sag’s ja, ich muß verrückt sein.«
    Die Zeit verrann wie zähflüssiger Sirup. Sam Taylor und John Dahl wurden auf eine harte Probe gestellt. Ihre Nerven waren so straff gespannt wie Klaviersaiten – und das über Stunden. Sie waren hungrig, doch sie harrten aus. Keiner verließ die Wohnung, denn je länger sie warteten, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, daß Steve Hodiak aufkreuzte.
    Allmählich setzte die Dämmerung ein. Der Abend kam. Die Wolfsnacht begann!
    John Dahl nagte unentwegt an seiner Unterlippe. »Verdammt, warum kommt er denn nicht endlich nach Hause?«
    »Er wird kommen.«
    »Vielleicht streunt er schon wieder durch die Stadt, auf der Suche nach einem Opfer, während wir hier herumsitzen und auf ihn warten!« stöhnte der Sergeant.
    »Er wird kommen«, wiederholte Sam Taylor. »Ich weiß es. Ich fühle es.«
    Sie saßen in der finsteren Wohnung und warteten weiter. Es wäre sträflicher Leichtsinn gewesen, Licht zu machen, denn damit hätten sie Steve Hodiak gewarnt und verscheucht.
    Und dann – endlich – Schritte…
    Dahl und Taylor sprangen hoch. Sie zogen ihre Waffen und entsicherten sie. Die Schritte näherten sich der Wohnungstür.
    »Er kommt!« keuchte John Dahl.
    »Wurde auch Zeit«, zischte der Inspektor.
    Sie liefen zur Wohnzimmertür und postierten sich links und rechts davon. Die Falle stand. Jetzt mußte der Werwolf nur noch hineintappen. Ein Schlüssel schabte kurz im Schloß.
    Dann öffnete sich die Tür, und Steve Hodiak betrat seine Wohnung. Er machte in der Diele Licht, blieb stehen, ging nicht weiter.
    Die beiden Yard-Männer standen unter Hochspannung.
    Dicke Schweißtropfen glänzten auf John Dahls Stirn, und Inspektor Taylor bebte innerlich. Noch nie im Leben hatte er sich so sehr aufgeregt.
    Komm! dachte Taylor. Verflucht noch mal, so komm doch endlich!
    Aber Steve Hodiak rührte sich nicht von der Stelle. Etwas hatte ihn stutzig gemacht. Mißtrauisch blickte er Richtung Wohnzimmer.
    Selbst als Mensch hatte er eine feine Nase, und die verriet ihm, daß sich jemand in seiner Wohnung befand.
    Für einen kurzen Moment war er unschlüssig. Eine Vielzahl von Gedanken wirbelte durch seinen Kopf. War er gefährdet? Ganz genau erinnerte er sich noch an die gestrige Nacht.
    Sie hatten ihn auf der Baustelle eingekreist. Er hatte sie nicht ernst genommen. Schließlich waren die Polizisten normal bewaffnet gewesen. Aber dann waren zwei Männer aufgetaucht, die geweihte Silberkugeln mit ihren Waffen verschossen, und zum erstenmal hatte er den Tod vor Augen gehabt, ein qualvolles Ende…
    Selbst heute hatte er noch Schmerzen in Hüfte und Schulter, obwohl er sich Kraft, Leben und Energie dieses rothaarigen Mädchens geholt hatte und obwohl Wolfsnacht war und er sich stärker als in allen anderen Nächten fühlte.
    Hatten diese beiden Männer seine Spur wiedergefunden? Warteten sie im Wohnzimmer auf ihn? Wenn ja, war es nicht ratsam, einen Schritt weiterzugehen. Wozu sollte er etwas riskieren?
    Lieber einmal feige sein und am Leben bleiben, als an falschem Mut zugrunde zu gehen.
    Noch schwankte Steve Hodiak, denn in ihm rumorte eine entsetzliche Wut. Er haßte diese beiden Männer, die ihn jagten und es sich zum Ziel gesetzt hatten, ihn zur Strecke zu bringen.
    Dieser Haß nagelte ihn hier noch fest. Er spürte den unbändigen Drang in sich, die Männer zu töten, die sich erdreisteten, in seine Wohnung einzudringen.
    Sollte er ihnen als Mensch gegenübertreten und sie frech anschnauzen? Sie hatten kein Recht
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