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0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag
Autoren: Jason Dark
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eiskalt aus. Mit einer schlangengleich anmutenden Bewegung drückte er seinen Arm nach vorn, und die Klinge durchbohrte den Körper des Studenten oberhalb des Gürtelschlosses.
    Alles war plötzlich so unwirklich geworden, so fremdartig, so anders. Wie in einem fürchterlichen Traum, der nicht enden wollte.
    Thomas’ Gesicht zeigte einen erstaunten Ausdruck. Seine Augen hatte er weit aufgerissen. Er wollte kaum glauben, was er sah. Die Perspektive hatte sich verändert. Dieser Mann im Mantel wurde plötzlich so groß. Gleichzeitig schien er auf einem Halbkreis zu stehen, der von einer Seite zu anderen schwankte, und die Bäume des Waldes bewegten sich ebenfalls aufeinander zu, als wollte sie mit ihren Kronen zusammenwachsen.
    Erst dann kam der Schmerz.
    Radikal, grausam und gemein.
    Thomas hatte das Gefühl von innen zu verbrennen. Er wollte etwas sagen, aber es war nur ein Röcheln, das über seine Lippen drang.
    Petar Kopanek stand vor ihm. Eine verzerrte Gestalt. Ein Monstrum, ein grausames Wesen, so irreal, aber gnadenlos.
    Und der Schmerz wühlte sich weiter. Zur gleichen Zeit drang er in die Höhe und den Beinen entgegen. Er füllte sogar die Füße aus, alles wurde schwer und dennoch leicht. Thomas hatte das Gefühl, als könnte er schweben oder fliegen, wie er es sich als kleiner Junge immer gewünscht hatte. Die Baumkronen drehten sich, er sah sie über sich und hatte plötzlich den Eindruck, zwischen ihnen zu sein.
    Daß er längst gefallen war und auf dem Rücken lag, merkte er nicht. Auch nicht den Druck der fremden Hände, die ihn gepackt hielten und an den Wegrand schleiften, wo sie ihn niederlegten.
    Für den jungen Studenten gab es keine Rettung mehr. Nach jedem pumpenden Herzschlag sickerte mehr Leben aus der Messerwunde, so daß auf dem Boden eine rote Spur zurückblieb…
    ***
    Thomas erlebte das Schweben zwischen Leben und Tod!
    Noch hatte ihn der Sensenmann nicht in sein Reich geholt, er zögerte noch, weil das Leben einfach stärker war, aber es verlor immer mehr an Kraft, und so glich es nur einem letzten Aufbäumen, als es der junge Mann schaffte, die Augen zu Öffnen.
    Der Blick zeigte bereits an, wie es um ihn stand, aber er nahm noch auf, was in seiner unmittelbaren Umgebung geschah.
    Jemand hatte ihn an den Wegrand geschleift. Ihm fiel der Name des anderen nicht ein, Thomas merkte nur, daß er an einer anderen Stelle lag und den Kopf so erhoben hatte, daß er über den schmalen Weg hinwegschauen konnte.
    War es ein Weg oder ein welliger Fluß?
    Jedenfalls schwankte er auf ihn nieder. Es gab graue Wellenberge sowie Täler, und darauf oder darin stand dieser Karren mit den Leichen. Nein, die Leichen sah er nicht mehr.
    Als hätte man einen Vorhang vorgezogen, so kam er sich plötzlich vor. Noch einmal sah er seine Umgebung mit einer nahezu überdeutlichen Schärfe.
    Da kristallisierte sich alles so deutlich hervor, und er sah auch das bläulich schimmernde Licht über den Bäumen, das ihm so ungemein fremd vorkam, weil es seiner Ansicht nach keine natürliche Quelle besaß. Es schwebte über und zwischen den Bäumen und hatte sich pilzartig ausgebreitet.
    Ein leerer Karren, die Leichen waren ebenso verschwunden wie sein Auftraggeber.
    Und er lag sterbend am Wegrand.
    Das allerdings war ihm egal. Er wußte zwar, daß ihn der Tod ereilen würde, aber er dachte nicht mehr darüber nach, denn er sah allein das blaue Licht über den Bäumen.
    War es bereits der erste Gruß aus dem Jenseits? Wollte man ihn damit möglicherweise locken?
    Thomas wußte es nicht. Zudem konnte er keinen klaren Gedanken fassen, denn hinter seiner Schädelplatte vernahm er das Rauschen seines eigenen Blutes. Es war wie ein Wasserfall, der durch seinen Körper strömte und dafür sorgte, daß dieser gefüllt wurde.
    Furchtbar…
    Und die Schmerzen waren da.
    Urplötzlich kamen sie zurück. Sie kündigten das Ende des Lebens an. Das wußte Thomas. Er war 22 Jahre geworden. In der Blüte seiner Jugend hatte ihn das Schicksal ereilt.
    Seinen eigenen Atem vernahm er, und dieser kam ihm so unheimlich und fremd vor. Dann war da das Hämmern in seinem Kopf, und die Schmerzen noch einmal schlimmer geworden, als wollten sie ihn in den Wahnsinn treiben. Plötzlich wünschte er sich, endlich von diesem Leben Abschied zu nehmen, das doch für ihn keinen Sinn mehr hatte. Aber der Tod wartete noch. Er schien dem anderen etwas zeigen zu wollen, denn das Licht wurde noch intensiver, wobei in seinem Innern ein strahlender weißer Kern
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