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0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag
Autoren: Jason Dark
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Gelände nahm mir noch die Sicht.
    Schließlich sah ich ihn.
    Er war bereits gefüllt und schwebte wie ein überdimensionaler, sich nach unten verjüngender Ball in der Luft, der im Nachtwind träge schaukelte.
    »Sie sind da!« sagte Jo.
    »Haben Sie mit dem Gegenteil gerechnet?«
    »Hier weiß man nie.« Er erhöhte das Tempo, die Stöße wurden härter, und wir gelangten auf den Hügel, wo der Ballon angebracht worden war, und um den herum einige Männer standen. Ich sah auch zwei Wagen. Einen Lkw und eine dunkle Limousine.
    Man sah uns und den schwankenden Scheinwerferstrahlen entgegen. Einer der Leute trat vor und winkte uns dorthin, wo Dinek den Wagen abstellen sollte.
    Wenig später war ich ausgestiegen.
    Wind fuhr in meine Haare. Ich wurde scharf gemustert, man nickte mir zu, und der Pilot sprach mit Jo Dinek. Er war ein kerniger Mann, schon älter, mit einem furchigen Gesicht, einer Schiebermütze auf dem Kopf und einem Händedruck, der sich gewaschen hatte.
    Ich wurde vorgestellt und freute mich, daß der Pilot auch meine Sprache beherrschte. Bekleidet war er mit einem dicken Blouson und einer gefütterten Hose.
    »Ist alles bereit?« fragte ich ihn.
    »Wir können starten.«
    Ich trat an den Korb heran. Er war ziemlich groß. Da hätte noch jemand bequem Platz gehabt.
    Einen Funker entdeckte ich in dem Korb, auch wetterfeste Regenmäntel, die in Deutschland Ostfriesen-Nerze genannt werden.
    Dinek sprach noch mit den Männern des Begleitpersonals und gab letzte Anweisungen, während ich, mit dem Rücken gegen den Korb gelehnt, den gewaltigen Ball inspizierte. Die Hülle zeigte eine dunkle Farbe. Wir würden in der ebenfalls dunklen Nacht nicht so leicht auffallen.
    Ein wenig Magendrücken spürte ich schon, wenn ich daran dachte, daß ich mich diesem Ballon und dem Korb anvertrauen sollte.
    Aber der Ballonfahrer verstand sein Handwerk, wie man mir versichert hatte.
    Dvorak kam zu mir. »Angst?« fragte er und grinste.
    »Ein wenig.«
    Er winkte ab. »Das gibt sich. Zuerst wird es Ihnen komisch vorkommen, später, wenn sie sich daran gewöhnt haben, ist es herrlich. Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit einem Ballon zu fahren. Das ist das Gefühl der Freiheit und der Genuß der absoluten Stille. Jemand hatte mal gesagt, daß man als Ballonfahrer Gott erleben kann. Ich glaube fast, daß dieser Mann nicht gelogen hat.«
    »Das will ich hoffen.«
    Auch Jo Dinek trat zu uns. »Können wir starten?« fragte er.
    Weder der Ballonfahrer noch ich hatten etwas dagegen. Dvorak kletterte als erster in den Korb. Ich schaute zu, wie er sich über den Rand hinwegschwang und machte es ihm nach.
    Dabei dachte ich an die schwebenden Leichen. Sie glitten lautlos durch die Luft, und ebenso lautlos wollten wir uns ihnen nähern.
    Dinek deutete auf das Funkgerät. »Damit werden wir Kontakt halten.«
    »Mit wem?« fragte ich.
    »Es gibt eine Dienststelle in Prag, die Bescheid wissen will.« Mehr Informationen gab er mir nicht. Er gab dem Bodenpersonal die Anweisung, die Leinen zu lösen.
    Ich schaute den Männern dabei zu.
    Der Korb schwankte bereits. Ich hatte für einen Augenblick das Gefühl, als würde der Korb unter meinen Füßen hinweggleiten, und dies verstärkte sich, nachdem die letzte Leine gelöst worden war.
    Wir schwebten.
    Der Ballon trieb hoch, während Dvorak sich um die anderen Leinen kümmerte. Er konnte damit steuern, und er überprüfte auch besonders sorgfältig die Ventilleine.
    Wir stiegen auf.
    Unter mir sah ich die Männer und die beiden Wagen kleiner werden. Ein Mann winkte uns noch zum Abschied zu. Es war die letzte Bewegung, die ich klar erkannte. Anschließend verschwanden Wagen und Männer im Grau der Dämmerung.
    Durch die Nase holte ich Luft. Ich mußte mich erst daran gewöhnen, unter mir nur den Boden des Korbs zu wissen und über mir den Himmel und die Ballonhülle.
    Der Druck im Magen, den ich während des Starts verspürt hatte, verschwand allmählich. Der Pilot hatte recht gehabt. Es war ein erhabenes Gefühl, mit einem Ballon zu fahren und die Welt des Schweigens zu erleben. Auch in der Nacht, denn wir hatten ein wunderbares Wetter, kein Wölkchen am Himmel.
    Unter uns konnte ich schon keine Konturen erkennen. Die Wald-und Wiesenflächen verschwammen ineinander. Ebenso die Hügel.
    Es war nicht mehr genau zu sehen, welche Form das Gelände besaß.
    »Hier, nehmen Sie das.« Dinek war gekommen und reichte mir ein Fernglas, das ich mir umhängte.
    »Ist es ein
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