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0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag
Autoren: Jason Dark
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waren. Wo man sie hatte starten lassen, war für uns nicht zu erkennen gewesen. Jedenfalls befanden sie sich in der Luft, auch ein Beweis, daß sich die Zeugen nicht getäuscht und wir Glück gehabt hatten, sie bereits bei der ersten Reise zu entdecken.
    Sie flogen sehr ruhig und in einer keilförmigen Formation. Ein unheimliches und auch ungewöhnliches Schauspiel, wenn ich daran dachte, daß es längst Verstorbene waren, die so lautlos durch die Luft glitten, als würden sie von Flügeln getragen. Die Gänsehaut auf meinem Rücken blieb. Daran konnte ich nichts ändern.
    Selbst der hartgesottene Dvorak neben mir war nicht unbeeindruckt geblieben. Er schlug zwei hastige Kreuzzeichen und murmelte etwas in seiner Landessprache. Erst dann stellte er sich wieder den Problemen. »Was sollen wir machen?«
    Ich hob die Schultern. »Man sollte versuchen, in der Luft zu treffen.«
    Die Augen des Mannes weiteten sich. »Sie wollen nahe heran?«
    »Deshalb bin ich hier.«
    Der Fahrer holte tief Luft. »Na ja, das ist ja eigentlich völlig normal. Gut, ich werde versuchen, daß wir kollidieren.«
    Er sagte auch Dinek Bescheid, der nur nickte, ansonsten den Kontakt mit Prag hielt.
    Ich beobachtete die schwebenden Toten. Der Wind stand für uns ebenso günstig wie für sie. Flach wie Bretter lagen sie in der Luft.
    Dabei pendelten nicht einmal ihre Arme durch. Sie blieben an die Körper gepreßt, praktisch an den Seiten der Leichenhemden.
    Dvorak hatte zu tun. Er setzte all seine Erfahrungen ein, um mit Hilfe der Steuertechnik dem Ballon eine andere Flugrichtung zu geben. Dabei geriet der Korb ein wenig ins Schwanken. Ich hielt mich unwillkürlich an dessen Rand fest.
    Schaffte er es?
    Ja, der Mann war gut. Er bekam den Kurs tatsächlich in den Griff, und so schwebten wir den drei Leichen in einem fast rechten Winkel entgegen.
    Auch Dinek schaute zu. Er stand neben mir und schüttelte mehrere Male den Kopf.
    »Was haben Sie?« fragte ich.
    »Es ist unbegreiflich. Ich hatte es nicht für möglich gehalten, aber ich sehe es nun mit eigenen Augen, und ich finde trotzdem keine Erklärung dafür.«
    »Mir geht es ebenso.«
    »Dabei sind Sie doch Spezialist.«
    »Das sagt sich immer so leicht«, erwiderte ich schief lächelnd.
    »Auch für mich ist das neu.« Ich strich meine Haare nach hinten.
    »Was hat denn Prag gesagt?«
    »Nicht viel. Dort hat man die Leichen noch nicht entdeckt. Zudem treiben sie nicht gerade auf die Innenstadt zu. Sie müßten meiner Ansicht nach am westlichen Rand zu sehen sein.«
    »Sind sie denn auf den Radarschirmen Ihrer Abwehr zu sehen?«
    »Nein, das ist es ja. Ein verdammt großes Problem, wie ich zugeben muß. Keine Chance für uns. Die Schirme bleiben dunkel, als wären die Toten mit einem strahlenabwehrenden Material bestrichen. Ich kann das nicht fassen. Sie?«
    »Wir haben es hier mit Magie zu tun«, erwiderte ich. »Und die reagiert nun mal anders als die Technik.«
    »Wie denn?«
    »Das kann ich Ihnen nicht genau erklären. Nehmen Sie es einfach hin, Josef.«
    »Das erklären Sie mal meinem Vorgesetzten.«
    »Vielleicht komme ich dazu.« Erst jetzt erinnerte ich mich an mein Nachtglas, setzte es vor die Augen, stellte die Schärfe ein und hatte die Toten schließlich im Blick.
    Ziemlich deutlich konnte ich sie erkennen.
    Zwei von ihnen besaßen Haare, die ebenso weiß waren wie die Totenhemden. Die dritte Leiche war weder mit einer natürlichen noch einer unnatürlichen Kopfbedeckung versehen. Ihr Schädel glänzte kalt. Sie besaß eine Glatze.
    Die Gesichter konnte ich nicht so genau erkennen, dazu war die Entfernung noch zu groß, aber ich entdeckte die helle Aura, die die Körper umgab.
    Ein unnatürliches weißblaues Licht, das von einer normalen Quelle stammen konnte. Als ich das Glas sinken ließ, hob Dinek die Schultern. Mit dieser Geste zeigte er an, wie ratlos er war. Trotz der hier oben herrschenden kühlen Witterung hatte sich auf seinem Gesicht eine Schweißschicht abgesetzt, die er wegputzte.
    »Was haben Sie?«
    Er winkte ab. »Fragen Sie mich etwas Leichteres! Für mich ist das alles unbegreiflich. Ich drehe zwar nicht gerade durch, aber lieber würde ich irgendwo in einem Bunker sitzen.«
    »Das hat auch keinen Sinn. Man muß sich den Problemen eben stellen.«
    »Und dann?« Er hob seine Arme. »Was haben Sie mit den Leichen vor, Sinclair?«
    »Ich bin bewaffnet.«
    »Das bin ich auch.«
    »Schießen Sie Silberkugeln ab?«
    Er blickte mich erstaunt an und schüttelte den Kopf.
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