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038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

038 - Bis die Ratten dich zerfetzen

Titel: 038 - Bis die Ratten dich zerfetzen
Autoren: Larry Brent
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lichten und die Motoren des Frachtschiffes
anzuwerfen. Das war eine Freude für sich. Die altersschwachen Kolben begannen
sich zu drehen. Ein ungeheurer Lärm erfüllte das Schiff, als es in tiefere
Gewässer einlief.
    Warner zog
sich gegen neun Uhr abends in seine Kajüte zurück. Der Nachtdienst war eingeteilt.
Auf der ruhigen See trieb die Sweet Home in die dunkle Nacht hinaus.
    Bevor der
Kapitän sich endgültig schlafen legte, öffnete er eines der beiden Bullaugen.
Eine frische Brise streifte sein Gesicht. So weit der
Blick reichte, breitete sich der Sternenhimmel über dem dunklen Meer aus.
Himmel und Wasser; weit und breit kein Land.
    Trotz der
Müdigkeit konnte der Amerikaner nicht gleich einschlafen. Seine Gedanken
drehten sich im Kreis, und Warner ahnte nicht, daß es für ihn in dieser Nacht
nur noch ein einziges Mal ein kurzes, aber schreckliches Erwachen geben würde.
     
    ●
     
    Sie warteten
ab. Sie hatten Zeit. Peter und Henry Anne ließen es Mitternacht werden, ehe sie
die Tür ihrer Kajüte öffneten und in den dunklen Mittelgang hinausspähten. Sie
verhielten sich leise, obwohl das nicht notwendig war. Der Lärm der laufenden
Motoren verschluckte alle anderen Geräusche.
    In der
düsteren Kajüte hinter Peter Anne stand die Kiste. Sie war jetzt geöffnet. Der
Eingeborene hatte daraus zwischen Holzarbeiten einen Sack entnommen, in dem
sich etwas heftig bewegte.
    »Die Luft ist
rein«, flüsterte Henry Anne und gab seinem Bruder ein Zeichen. Er hielt ein
starkes Tau zwischen den Händen, das ebenfalls in der Kiste zwischen den
Holzarbeiten versteckt gewesen war.
    Unbemerkt
erreichten die beiden Eingeborenen das Deck der Sweet Home. Auf der Brücke
stand um diese Zeit nur noch der wachhabende Steuermann, der das Schiff auf
Kurs hielt.
    Auf dem
Frachter war noch nie etwas Ungewöhnliches passiert. Warum sollte das heute Abend der Fall sein? Mit keinem Gedanken dachte der
Mischling hinter dem Steuerrad daran, daß sich diese Nacht von all den tausend
anderen unterscheiden würde, die er bisher schon auf dem Frachter verbracht
hatte.
    Der
Steuermann merkte nichts von den beiden schattengleichen Gestalten, die
unterhalb der Brücke geduckt vorbeieilten, mittschiffs verhielten und dort an
der Reling anfingen, das Tau zu befestigen.
    Henry Anne streifte sich lange, dicke Lederhandschuhe über, die fast
bis zu den Ellbogen reichten. An dem fingerdicken Seil ließ sich Henry Anne an
der dunkelgrauen Schiffswand herunter.
    Peter Anne
blieb an Deck und ließ das Seil zentimeterweise durch seine Finger gleiten. Die
sehnige, braune Gestalt stand da wie aus Stein gemeißelt; auf dem Gesicht
spiegelte sich kaum die körperliche Anstrengung.
    Am Seil ließ
Henry Anne sich so weit hinab, daß das offene Bullauge zur Kapitänskajüte nur
noch etwa zwanzig Zentimeter von ihm entfernt war. Dann gab er seinem Bruder
ein Zeichen.
    Peter Anne
schlang das Seil fest um die Reling und warf einen Blick in die Tiefe, um sich
zu vergewissern, ob alles seine Richtigkeit hatte.
    »So wird es
gehen«, hörte er wie aus weiter Feme die Stimme seines Bruders.
    Im
Sternenlicht sah er die Umrisse seines Begleiters, der sich wie ein Auswuchs
von der Schiffswand abhob.
    Henry Anne
trat mit den nackten Füßen gegen den Schiffsrumpf.
    Der
Eingeborene saß auf dem starken Seil wie auf einer Schaukel und hielt das Gleichgewicht,
indem er sich mit beiden Beinen an der Schiffswandung abstützte.
    Henry Annes
Nerven und Sehnen waren aufs äußerste gespannt. Der Wind pfiff um seine Ohren.
Er schwebte im wahrsten Sinne des Wortes zwischen Himmel und Wasser. Eine
falsche Bewegung, und er rutschte ab. Das Seil, das sein Bruder sicherte, war
die einzige Verbindung zu einer Rückkehr auf Deck.
    Peter Anne,
der sich nun ebenfalls lange Lederhandschuhe übergestülpt hatte, griff in den
Sack, den er zuvor an sich genommen hatte, um seinem Bruder die Möglichkeit zu
geben, sich mit beiden Händen frei zu bewegen.
    Dann kam der
letzte Teil des Unternehmens.
    Peter Anne
griff in den Sack. Er spürte sofort, daß sich etwas an seinem Handgelenk
festbiß. Aber die scharfen Zähne des vor Hunger halb wahnsinnigen Schädlings
konnten ihm nichts anhaben. Er zerrte die wild schnappende Ratte heraus und
reichte sie nach unten, während er mit der anderen Hand den Jutesack festhielt.
Peter Anne mußte sich weit über die Reling beugen. Die Fingerspitzen seines
Bruders griffen nach dem Hals des Tieres, das wie irrsinnig quiekte.
    »Jetzt !« zischte Henry
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