Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0367 - Der Hexenbaum

0367 - Der Hexenbaum

Titel: 0367 - Der Hexenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
frieren ließ.
    Unwillkürlich prägte sie sich das Gesicht ein. Schmal, fein modelliert, mit lang wallendem schwarzen Haar.
    Das Gesicht, der Kopf verkleinerte sich wieder auf die ursprüngliche Größe. Der Körper erschien erneut. Die Mädchenfigur bewegte sich, schritt im Unsichtbaren aus, ging irgendwohin.
    »Was ist das? Oder besser: wer ist das?« fragte Nicole.
    Sid Amos sah auf.
    »Dieses Mädchen birgt eine tödliche Gefahr in sich«, sagte er. »Ich empfange eine Warnung. Jemand, die euch bekannt ist, wird durch sie bedroht.«
    Nicole hob die Brauen. »Spielst du Orakel, Sid? Vielleicht kannst du dich etwas deutlicher ausdrücken.«
    »Ich sehe dieses Mädchen«, sagte Amos. »Etwas wird geschehen. Es kann sehr wichtig sein, sonst hätte ich nicht den Alarmimpuls erhalten. Die ganze magische Macht, die sich in Caermardhin manifestiert, macht mich auf sie aufmerksam. Das Mädchen ist wichtig. Und - gefährlich.«
    »Wieso?«
    »Etwas wird geschehen«, wiederholte Amos, »das die Zukunft beeinflussen kann, und die Schwarzhaarige ist die Schlüsselfigur. Jemand sollte sich um sie kümmern. Ich müßte mehr sehen können, aber so ganz habe ich mich auf Caermardhin und seine Magie noch immer nicht einstimmen können.«
    Nicole atmete tief durch.
    »Merlin benutzte für diese Dinge seine Bildkugel, nicht wahr?«
    Amos nickte, während er weiter das schwarzhaarige nackte Mädchen vor seiner erhobenen und geöffneten Hand betrachtete. »Ja. Aber die Zeitlose hat die Bildkugel im Saal des Wissens zerstört. Es berührt mich nicht. Ich verwende meine eigene Magie, um zu sehen, was auch Merlin sehen würde.«
    Jene frei schwebende, gut vier Meter durchmessende Kugel über einem quadratischen Sockel hatte nach Merlins Willen jeden Punkt der Welt finden und abbilden können, und mit ihm hatte Merlin Menschen suchen und finden können, wo immer sie sich aufhielten - sofern er eine bestimmte Beziehung zu ihnen hatte, sie zumindest kannte.
    Sid Amos verwendete also eine andere Methode… Er verzichtete auf die Bildkugel, holte sich seine Bilder anders. Wie die Alarmierung vor sich ging, hatte Nicole nie begriffen. Caermardhins Magie und Merlins Zauberkunst waren immer ein Buch mit sieben Siegeln gewesen. Sie hatte zumindest nichts bemerkt oder empfunden, das Amos auf dieses schwarzhaarige Mädchen aufmerksam gemacht hatte; Nicole schätzte das Alter des Girls auf kaum mehr als achtzehn oder neunzehn. Welche Bedeutung verbarg sich dahinter?
    »Das Mädchen lebt in Kalifornien«, sagte Amos. »Mehr sehe ich noch nicht. Aber ich werde es erfahren. Warte… ich spüre eine Stadt. Unglaublich viele Menschen. San Francisco…? Ja. Es ist San Francisco. Eine Bedrohung, die noch nicht akut ist, aber bald akut werden kann…«
    Ein Gedanke durchzuckte Nicole. San Francisco! Sollte…?
    Plötzlich verschwand die Schwarzhaarige und machte einem anderen Mädchen Platz. Nicole erkannte eine Chinesin. Wieder wuchs wie vorher schon innerhalb weniger Augenblicke das Gesicht zu deutlicher Größe an und wurde identifizierbar. Nicole erschrak. Ihr Gedanke war richtig gewesen. Sie sah Su Ling vor sich!
    Diese Person schrumpfte wieder.
    Auch Su Ling war in Bewegung, tat irgend etwas.
    »Diese Person wird bedroht«, sagte Amos teilnahmslos.
    Su Ling verschwand, machte wieder der Schwarzhaarigen Platz, die jetzt »stehengeblieben« war. Sie sah sich wie suchend um. Spürte sie, daß sie aus unglaublicher Ferne beobachtet wurde?
    »Von dieser Person«, sagte Amos. »Ich weiß nicht, wer die beiden sind. Aber ein Band wird ihre Schicksale miteinander verknüpfen, und dahinter wartet der Tod.«
    »Für wen?«
    »Ich sehe es nicht. Die Zukunft ist indifferent. Schau sie dir an, Nicole. Siehst du nicht den Tod in ihren Augen?« Wieder wuchs der Kopf der Schwarzhaarigen. Nicole preßte die Lippen zusammen. Sie mochte es nicht als Tod definieren, aber als Gnadenlosigkeit, als Kälte des Herzens, was sie in diesen Augen las. Tod? Zumindest bedeutete der Tod der Schwarzhaarigen nicht viel. Außer der eigene Tod vielleicht…
    Su Ling bedroht von diesem Mädchen…?
    Jemand mußte Su Ling schützen. In diesem Moment entschloß Nicole sich, nach San Francisco zu gehen. Entweder mit Zamorra, wenn er rechtzeitig aus Ash’Cant zurückkehrte, oder allein.
    »Wieviel Zeit bleibt mir?«
    Amos lächelte. »Ah, ich sehe, du hast verstanden. Denn ich selbst bin an Caermardhin gebunden. Und ich sehe niemanden, den ich sonst erreichen könnte. Gryf und Teri gehen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher