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0367 - Der Hexenbaum

0367 - Der Hexenbaum

Titel: 0367 - Der Hexenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Rotlichtscheinwerfern geschwitzt, so daß selbst einige anfangs noch etwas gehemmte Mädchen später froh waren, ohne Kleidung herumlaufen zu können. Filmmaterial für mehr als 500 Dollar war innerhalb weniger Stunden verknipst worden, und jetzt endlich war Preston mit der Szenerie zufrieden, die er wie ein Wahnsinniger fotografiert hatte. Er war sicher, daß auch die auftraggebende Agentur zufrieden sein würde. Nach Abzug des Materialaufwandes, der Dekoration und der Schecks für die Modelle, die beiden Assistenten und die Maskenbildnerin würde ihm eine hübsche Stange Geld bleiben -wie üblich.
    Sonia Parker, eines der sieben Hexenmädchen, hatte sich auf den Altarstein gehockt, der in Wirklichkeit ein etwas verkleideter Tisch war, und betrachtete Sybil Ranix, deren Fingerspitzen sanft über die Symbolzeichen am Drudenfuß mit dem umgekehrten Kreuz glitten. Ein eigenartiges Lächeln umspielte Sybils Lippen. Es wirkte spöttisch, wissend und ein wenig arrogant. Schließlich wandte Sybil sich um. Sie versetzte einem der jetzt auf dem Fußboden liegenden Reiserbesen einen verächtlichen Tritt. Plötzlich zuckte sie zusammen. »He, du bist ja auch noch hier!«
    »Natürlich«, sagte Sonia verwundert. »Hast du das gar nicht gemerkt?«
    »Nein…«, gestand Sybil. »Ich war wohl in Gedanken versunken.«
    »Nach dieser Hektik vorhin?« Sonia lachte. »Kann man da überhaupt in Gedanken versinken?«
    »Warum nicht?« Sybil zuckte mit den Schultern. Prüfend betrachtete sie das andere Mädchen.
    »Warum schaust du mich so durchdringend an? Habe ich was falsch gemacht?« fragte Sonia verdutzt.
    »Du hast mich beobachtet«, sagte Sybil. »Warum?«
    Sonia erhob sich von dem »Opferstein«. »Die ganze Zeit über, während die Fotos gemacht wurden, und vor allem, wenn Johnny seine Anweisungen gab, hast du immer so seltsam gelächelt. Eher schon gegrinst. So, als würdest du dich über ihn und diesen ganzen Hexensabbat lustig machen. Das fiel mir auf. Und gerade, als du vor dem Kreuz standest, hast du wieder so… gegrinst.«
    »Es ist auch lächerlich«, sagte Sybil eine Spur zu heftig, beruhigte sich aber sofort wieder. »Ein kompletter Blödsinn.«
    »Und warum hast du dann mitgemacht? Wie ich, des Geldes wegen? Die dreihundert Dollar kann ich nämlich gut gebrauchen. Dreihundert Dollar an einem Tag verdient man nicht so schnell an jeder Straßenecke.«
    Wieder sah Sybil die andere prüfend an.
    »Das Geld bedeutet mir nichts«, sagte sie plötzlich. »Ich habe immer das, was ich brauche. Nein… ich war hier, weil ich einfach mal wissen wollte, wie sich solche Leute solch einen Hexensabbat vorstellen.«
    »Was meinst du mit ›solchen Leuten‹« wollte Sonia wissen.
    »Na… dieser Spinner Preston zum Beispiel. Und die Knilche, die ihm den Auftrag gegeben haben. Das sind alles Verrückte. Männer eben, die sich an der Vorstellung hochziehen, daß Hexen grundsätzlich jung und hübsch sind und wilde Sexorgien feiern, oder alt und häßlich sind, mit einer Warze auf der krummen Nase und einer Katze und einem Raben auf den Schultern.«
    Sonia lachte. »Ich finde das nicht schlimm«, sagte sie.
    »Es gibt ein falsches Bild von der Wirklichkeit«, sagte Sybil. »Nun, es ist genau so abgelaufen, wie ich es mir dachte. Diese Foto-Session entspricht genau den Klischee-Vorstellungen, die man von Hexen hat…«
    »Du sprichst von der Wirklichkeit«, sagte Sonia. »Kennst du sie? Dieses spöttische überlegende Lächeln… woher willst du wissen, wie die Wirklichkeit ausssieht? Woher nimmst du deine Überlegenheit, dein vermeintliches Wissen?«
    »Es ist kein vermeintliches, sondern echtes Wissen«, sagte Sybil. »Ich weiß es eben.«
    »Aber woher?«
    Sybil preßte die Lippen zusammen. Dann, nach einer Weile des Schweigens, gab sie sich einen Ruck.
    »Ich bin eine Hexe«, sagte sie.
    ***
    Johnny Preston trat ein. Er stutzte, als er die beiden Mädchen sah. »He, wollt ihr euch denn nicht anziehen? Wir bauen hier gleich ab. Ich meine, ich habe nichts dagegen, wenn ihr noch ein wenig hier herumlauft. Ihr seht immerhin fanstastisch aus. Aber ihr werdet gleich ein wenig im Wege stehen, fürchte ich…«
    Sybil faßte Sonias Arm. »Okay, wir schleichen uns davon«, sagte sie. »Die Schecks gibt es gleich in deinem Büro, Johnny?«
    »Klar.« Er versetzte ihr einen leichten Klaps auf den Po. Nur Sonia sah, wie es in Sybils Augen zornig aufblitzte. Aber Sybil lächelte nur und beeilte sich, das Studio zu verlassen.
    Im Korridor, der zum
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