Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0367 - Der Hexenbaum

0367 - Der Hexenbaum

Titel: 0367 - Der Hexenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
wie er in Chinatown gehandhabt wurde, hatte den Kahlköpfigen inspiriert.
    In einer Jazzkneipe dachte er darüber nach. Er trank ein Bier, einen Whisky, ließ die Musik an sich vorbeirauschen und nahm die Atmosphäre in sich auf. Ein Mann fiel ihm auf, der ein wenig mehr trank, als es ihm guttat. Einige Male murmelte er etwas vor sich hin, das sich wie »verdammte Hexen« anhörte.
    Der Kahlköpfige spitzte die Ohren.
    Eine Viertelstunde später saß der längst nicht mehr Nüchterne an seinem Tisch. Johnny Preston nannte er sich und war eigenem Bekunden nach Fotograf. Der Kahlköpfige stellte sich als Freddie M. Ironbite vor. »Sie murmeln da immer wieder etwas von Hexen vor sich hin - gibt’s da einen bestimmten Grund für?«
    »Klar«, sagte Preston. Seine Zunge war schon schwer, und manchmal wurde seine Aussprache undeutlich. »Hexenpack… wenn ich das vorher geahnt hätte… da ist irgend etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen…«
    »Erzählen Sie’s mir«, verlangte Freddie M. Ironbite. »Das erleichtert vielleicht. Sind diese Hexen auch der Grund dafür, daß Sie hier Talsperre spielen und sich langsam aber sicher vollaufen lassen?«
    Preston nickte und griff nach dem Whiskyglas. »Schönen Dank auch für die Einladung, Freddie«, brummelte er. Ironbite hatte eine ganze Flasche geordert und Preston damit an seinen Tisch gelockt.
    »Gestern habe ich Hexen fotografiert«, sagte Preston.
    »Aha«, machte Ironbite aufmerksam. »Hexen. Gibt’s die denn wirklich?«
    »Ach was«, knurrte Preston. »Das heißt, ich bin mir da plötzlich gar nicht mehr so sicher. Da wollte eine Presseagentur eine Fotoserie, die einen Hexensabbat darstellt. Mit Opferung, Auftreten des Teufels und ähnlichem Schwachsinn.«
    »Und da haben Sie einen Hexenkult um Mithilfe gebeten, ja?«
    »Bin ich blöd? Nee, Freddie, Johnny Preston ist nicht blöd. Ich habe ein paar Girls angeheuert und drauflos geknipst.«
    Er schenkte sich wieder nach.
    Irgendwann merkte er Ironbites fragenden Blick und erinnerte sich, daß er etwas erzählen wollte. »Wo war ich? Ach ja. Die Girls haben ihre Schecks gekriegt, und heute habe ich die Fotoserie abgeliefert. Und diese dreimal verdammte Agentur wollte sie nicht haben! Freddie, begreifen Sie das? Sie wollten sie nicht haben! Nicht mal für umsonst! Sie haben mich ausgelacht und fortgeschickt!«
    »Wieso? Sie wurden doch beauftragt…«
    »Natürlich.« Preston kämpfte einen Schluckauf nieder. »Natürlich. Bloß ist er mir wieder entzogen worden. Meine Fotos wären zu klischeehaft, zu kitschig. Man wolle einen möglichst realistischen Sabbat mit möglichst realistischen Hexen haben und nicht ein Sex-Spektakel, und der Teufel auf dem Bild sähe kindisch aus und so weiter. Den Job hat jetzt ein anderer. Und ich kriege natürlich keinen Cent, verflixt. Jetzt sagen Sie nicht, das wäre kein Grund zum saufen.«
    Der Kahlköpfige hob die Schultern. Ihm konnte es recht sein, wenn jemand sich betrank. Das mochte unkontrollierte Handlungen nach sich ziehen und kriminelle Folgen zeitigen. Was konnte der Hölle Besseres passieren?
    »Paar Auslagen?« Preston schrie auf, daß sich einige Gäste erstaunt umdrehten. Er merkte, daß er Aufsehen erregte, und wurde wieder leiser. »Ein paar Auslagen! Freddie, Sie sind ein Witzbold, bloß kann ich diese Sorte Spaß seit heute Mittag nicht mehr vertragen! 30 000 Dollar nennen Sie ein paar Auslagen!«
    »Das ist natürlich ein sehenswerter Brocken«, gestand Ironbite unumwunden. »Sie scheinen recht gute Honorare gezahlt zu haben. Waren die Models wirklich so teuer?«
    »Ach was! Mädchen von der Straße, die sich auf ein Inserat meldeten! Dreihundert Dollar habe ich jeder gegeben…«
    »Ein Hexensabbat mit hundert Girls?« Selbst ein Mann wie der Kahlköpfige konnte sich kaum noch beherrschen. »Kein Wunder, daß der Fotostrip abgelehnt wurde, Johnny. Weniger wäre mehr gewesen…«
    Preston beugte sich vor und hätte fast die Flasche umgestoßen. Er streckte sieben Finger aus. »Sieben Mädchen hatte ich! Jedes hat einen Scheck über 300 Dollar bekommen. Und heute mittag bekomme ich einen Anruf meiner Bank, mein Konto sei überzogen und ich möchte umgehend für einen Ausgleich sorgen! Ich fahre zur Bank, und was sehe ich? Mit einem dieser Schecks sind 30 000 Dollar abgehoben worden! 30.000, nicht 300! Ich habe ihn selbst gesehen, er wurde mir vorgelegt. Das verdammte Weib hat ihr Konto bei derselben Bank und den Scheck sofort gutschreiben lassen, und prompt wurde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher