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0366 - Er kam aus der Tiefe

0366 - Er kam aus der Tiefe

Titel: 0366 - Er kam aus der Tiefe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zamorra duckte sich, schnellte sich zur Seite zwischen ein Regenfaß und einen Stapel leerer Kisten. Er pfiff durch die Zähne, als das Wurfmesser über ihn hinwegfegte, sich mit einem lauten Knall in eine Kiste bohrte und bis zum Heft darin stecken blieb. Wenn die Waffe ihn getroffen hätte anstelle des Holzes…
    Er sprang auf und rannte weiter. Die Häuser besaßen hier an der Hauptstraße fast ausnahmslos kleine Vorgärten zwischen Fassade und Gehsteig. Zamorra flankte über einen niedrigen Zaun und verschwand zwischen Ziersträuchern. Er lief noch bis zum nächsten Grundstück und tauchte in einer anderen Straße im Menschengewühl unter. Hier begann bereits das Areal des Marktes, und hier würde ihn so bald keiner wiederfinden. Er dagegen war sicher, daß er den Dieb seiner Geldkatze wiederfinden würde.
    Einerseits war er froh über das Gelingen seiner Flucht, andererseits fühlte er sich deshalb etwas unwohl.
    Immerhin galt er vorerst als Zechpreller.
    So lange, bis er wieder bezahlen konnte.
    ***
    Kalte dunkle Augen beobachteten ihn eine Zeitlang. Sie waren pupillenlos und ohne Lider, aber sie sahen alles. Die Ohren waren Löcher ohne Muscheln, dennoch hörten sie besser als die eines Menschen.
    »Das muß er sein, den das Rauchbild zeigte«, zischte einer der beiden Echsenmänner. »Die Beschreibung stimmt. Mensch, groß, kräftig, dunkelblond. Pelzstiefel, ledernes Beinkleid, besticktes Samtwams, Dolch, Schwert, ein silbernes Amulett vor der Brust. Ja, er ist es.«
    Der zweite Echsenmann drehte den Kopf. Zwischen seinen Zahnreihen fuhr eine gespaltene Zunge hervor, zuckte blitzschnell hin und her und nahm ferne Gerüche wahr. Die Echsenleute waren mit weit mehr und empfindlicheren Sinnen ausgestattet, um ihre Umgebung wahrzunehmen.
    »Ja«, bestätigte er zischend. »Aber er wirkt gefährlich. Ein Kämpfer. Stark und schnell.«
    Der erste lachte krächzend. »Für uns zu schwach und zu langsam.«
    »Die Verbindung ist da. Er starrte die Herrin an. Der Offizier der Garde scheint ihn zu kennen. Wenn er so handelt, wie wir vermuten, wird der Verdacht auf ihn fallen. Königsmord fordert Todesstrafe.«
    »Er muß in der Nähe des Palastes gefunden werden. Wann?«
    »Wenn der Mond über dem Fledermausturm steht und seine Spitze berührt. In dieser Nacht.«
    Die beiden Echsenmänner nickten sich zu. Dann trennten sie sich, und jeder verschwand in eine andere Richtung. Manch einer sah ihnen verwundert nach; es geschah nicht oft, daß jene aus dem Echsenvolk die Skah-Berge verließen und in die Städte kamen.
    Nur Zamorra hätte vielleicht geahnt, daß hier ein ganz besonderes Süppchen gekocht werden sollte. Aber er war auf die Verfolgung eines Diebes konzentriert, und Sara Moon, Gast des Königs, spukte in seinem Kopf herum. So sah er die Echsenmänner nicht, die ihn beobachteten und jeden seiner Schritte verfolgten.
    In weiter Ferne nickte bedächtig eine Gestalt, die in einer schwarzen Kutte verborgen war. Die Dinge nahmen ihren Lauf.
    ***
    Zamorra befand sich nicht zum ersten Mal in einer fremden Welt, und er befand sich nicht zum ersten Mal in einer mittelalterlichen oder altertümlichen Kultur. Er hatte oft genug mit Vertretern der Diebesgilden zu tun gehabt, so daß er recht genau sagen konnte, wo und wie er den Dieb seiner Geldkatze am ehesten finden könnte. Es gab bestimmte Orte in der Stadt, wo »man« sich traf oder bevorzugt aufhielt. Er würde nicht einmal unbedingt sein Amulett einsetzen müssen. Das war ihm auch ganz recht. Es reichte, wenn er sich damit abschirmte, so daß Sara Moon nicht mit ihrer Magie feststellen konnte, wo er sich befand und welche Schritte er unternahm. Sie hatte ihn zweifellos erkannt, und sie würde versuchen, sich abzusichern - wenn sie ihm nicht sogar Jäger auf den Hals schickte, die ihn töten sollten. Denn immerhin stand sie auf der anderen Seite des Grabens…
    Trotzdem brauchte er sie, wenn Merlin wieder aufgeweckt werden sollte. Sie mußte ihren Haß auf den Vater verdrängen, mußte ihm helfen. Wie das geschehen sollte, war allerdings eine andere Frage. Dieses Problem stellte sich erst, wenn Sara Moon in Caermardhin war.
    Um Merlins Tochter überraschen zu können, hatte Zamorra sich abgeschirmt. Nach Möglichkeit wollte er das Amulett nicht für weitere Aktionen benutzen und wenn, dann nur sehr vorsichtig. Denn seine Aktivitäten ließen sich anmessen, wenn man die entsprechenden Fähigkeiten besaß.
    Daß er von anderer Seite her längst beobachtet wurde, ahnte
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