Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
036 - Die Hand des Würgers

036 - Die Hand des Würgers

Titel: 036 - Die Hand des Würgers
Autoren: Maurice Limat
Vom Netzwerk:
Das Beil habe ich in die Scheune mitgenommen.
    Unterwegs begegnet mir die Katze. Es ist ein schöner, großer Tigerkater mit riesigen, leuchtenden Augen. Wenn ich diese Augen sehe, erinnern sie mich immer an die bestimmter Mädchen. Es gibt Katzenfrauen, die genauso undurchschaubar sind wie diese Tiere. Deshalb habe ich auch keine Katze. Manchmal habe ich vor ihnen Angst, manchmal beneide ich sie. Auch vor den Mädchen habe ich meistens Angst.
     

     
    Ich betrat also mit dem Beil in der Hand die Scheune. Diese Scheune ist eigentlich nur ein kleiner, angebauter Schuppen, der jetzt fast immer leer ist. Von der Decke hängt eine schwache, verstaubte Birne, und da steht auch der Hackstock. Ich sah nichts, nur diesen Hackstock.
    Ich schob den Hemdärmel zurück und nahm das Beil in die linke Hand. Und dann …
    Ja, dann kam mir plötzlich zu Bewußtsein, wie lächerlich meine Situation war. Wenn mich jemand so sähe. Es genügte schon, daß ich mich selbst so sah.
    Wütend hob ich das Beil und ließ es auf den Hackklotz niedersausen. Und dort steckt es auch noch ziemlich tief im Holz. Ich machte auf dem Absatz kehrt, löschte das Licht und ging langsam zum Haus zurück.
    Faraud heulte zum Steinerweichen, und darüber wurde ich sehr zornig. Ich habe ihm die schlimmsten Schimpfnamen an den Kopf geworfen, damit er zu heulen aufhörte, aber er wurde nur ein wenig leiser. Ich litt unter der Hitze, obwohl es schon ziemlich spät war, aber ich wollte weder zu Bett gehen noch Radio hören. Ich ging also ein wenig im Garten herum und rauchte eine Zigarette. Da wurde mir klar, daß ich niemals den Mut aufbringen würde, mir die Hand abzuhacken. Darüber war ich recht bedrückt.
    Plötzlich sah ich zwischen den Dahlien die Katze. Sie versteckte sich zwar, aber ich sah ihre Augen glühen. Ja, sie haben die gleichen Sphinxaugen wie junge schöne, unerreichbare Mädchen.
    Für mich sind sie jedenfalls unerreichbar, aber nicht für die anderen Burschen aus dem Dorf. Die können jedes Mädchen haben, das sie wollen, oder fast jedes Mädchen.
    Die Katze umbringen!
    Das traf mich wie ein Blitzstrahl. Ich streckte also die rechte Hand aus, die Hand des Verbrechens, um sie zu ergreifen und zu zerquetschen.
    Gepackt habe ich sie dann mit meiner ungeschickten linken Hand, und das war sehr dumm, weil sie mir ihre Krallen in das Fleisch hieb, und die langen Kratzer brennen scheußlich. Erbost wollte ich ihr den Hals umdrehen, aber sie war mir schon längst entwischt, und noch viel zorniger als vorher warf ich mich auf mein Bett. Faraud heulte und winselte erbärmlich.
    Ein paar Tage war dann Ruhe, aber gestern begann alles wieder von neuem. Ich bin schon in einer sehr schlimmen Lage, dann ganz plötzlich verlangte es mich danach, jemanden zu ermorden. Ich wußte nur nicht wen, wie und warum. Dabei wollte ich aber ganz bestimmt nicht; das schwöre ich. Mich verlangte nur danach.
    Vielleicht wäre es doch besser, mir die Hand abzuhacken. Ich weiß allerdings, daß man das nicht nur als Tapferkeit auslegen könnte, sondern wahrscheinlich als einfache Dummheit oder als Irrsinnsanfall.
    Überdies habe ich nicht den Mut dazu.
    In einem von Monsieur Feras’ Büchern habe ich einmal gelesen, das beste Mittel, mit einer Versuchung fertig zu werden sei das, ihr nachzugeben. Ich weiß zwar nicht, weshalb der Mann das sagte, aber er ist sicher gescheiter als ich, und deshalb wird er schon recht haben.
    Ich wollte es an der Katze ausprobieren, und als ich sie oben auf dem Vordach entdeckte, griff ich nach ihr. Faraud sah es und fing wieder zu heulen an. Aber ehe ich die Katze erwischte, hatte sie mir schon wieder ihre Krallen in die Hände geschlagen. Ich habe vor Wut und Schmerz geschrien, und die Katze ist über das Dach davongerast. Meine Wut mußte ich dann an Faraud auslassen. In der Nacht hatte ich wieder entsetzliche Alpträume.
    Als ich aufwachte, schien die Sonne längst in mein Zimmer. Es war acht Uhr vorbei, und ich wusch mich schnell und zog mich eiligst an, denn ich hätte schon vor mehr als einer Stunde in der Sägemühle sein müssen.
    Natürlich hat mich der Meister scharf angefahren, aber damit hatte ich ja gerechnet.
    „Du Dummkopf, ist das auch noch eine Zeit, die Arbeit anzufangen?“ schimpfte er. „Mein Lieber, du wirst allmählich ziemlich nachlässig. Wenn du so weitermachst, fliegst du raus. Mach schnell, du mußt Mortagne und Valais beim Abladen helfen.“
    Das Abladen von Baumstämmen ist eine sehr schwere Arbeit. Sie werden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher