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035 - Wettlauf gegen die Zeit

035 - Wettlauf gegen die Zeit

Titel: 035 - Wettlauf gegen die Zeit
Autoren: Jo Zybell
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stand an der Reling. Im Norden sah er eine Reihe von Flößen hinter der Biegung des Großen Flusses verschwinden. Führte der Hauptmann von Dysdoor seine Männer zu einem Jagdzug? Oder zu einer Prügelei mit einem der Stämme, die weiter nördlich in den Ruinen am Flussufer hausten?
    Seit Frieden herrschte zwischen Coellen und Dysdoor, zettelte Haynz mit jedem Streit an, der ihm einen Grund dafür lieferte. Ohne Prügeleien hielten es die Dysdoorer nicht aus. Ihr Hauptmann, Haynz von Dysdoor, nannte es nicht »Prügeleien«, er nannte es »Heldentaten vollbringen«.
    Niemand im Bürgerrat machte sich diesbezüglich etwas vor: Der Friede mit Haynz und seinen Dysdoorern war ein brüchiger Friede. Irgendwann würde der verschrobene Hauptmann einen Anlass erfinden, sich erneut mit den Coelleni zu befehden. Die Coelleni waren die Lieblingsfeinde der Dysdoorer, schon seit Generationen. Selbst Honnes Großvater hatte sich nicht erinnern können, dass es je anders gewesen war.
    Eine Abteilung Dysdoorer Krieger stapfte über den Landungssteg heran. »Was sagen wir ihnen?«, wollte Tones wissen.
    Honnes und seine kleine Truppe hatten den Eisenvogel nirgends gesehen. Nichts sprach dafür, ihn hier in Dysdoor zu finden. »Das Fluggerät kann unmöglich an Haynz' Palast vorbei getrieben sein, ohne dass die Dysdoorer es bemerkt haben«, gab Honnes Antwort. Er fragte sich, ob die Floßflotte womöglich ausgefahren war, um den Eisenvogel und den Fremden zu verfolgen. »Lass mich mit ihnen reden.«
    Sechs Dysdoorer waren es, die sich dem Schiff näherten. Der hölzerne Anlegesteg erzitterte unter ihren Schritten. Honnes lehnte sich über die Brüstung und blickte ihnen entgegen.
    Wie er selbst hatten sie Kahlköpfe. Allerdings nicht weil sie wie Honnes schon in ihrer Jugend unter Haarausfall litten alle Dysdoorer Männer pflegten sich ihre Kopfhaut mit scharfen Messern zu rasieren.
    Die Frauen von Dysdoor dagegen ließen sich ihr Haar bis zu den Kniekehlen wachsen. Jedenfalls behaupteten das einige ältere Coelleni. Man bekam sie selten zu sehen, die Frauen von Dysdoor.
    Sie verließen ihr Hütten kaum, und wenn, banden sie sich die Haare mit bunten Tüchern hoch. Jeder Dysdoorer besaß mindestens zwei Frauen. Der Hauptmann sogar über zwanzig.
    Die Dysdoorer Abteilung machte vor dem Schiff halt. »Heapert von Dysdoor grüßt Honnes von Coellen!«, rief einer der sechs gelbgewandeten Krieger zur Reling hinauf. Alle sechs hatten schwarze Farbe auf Gesichtern und Schädel aufgetragen. Ein Zeichen, dass die Dysdoorer mal wieder damit beschäftigt waren, irgendjemandem ihre »Heldentaten« aufzuzwingen. »Was wollt ihr hier?«
    »Auch ich grüße dich, mein Freund.« Nacheinander musterte Honnes die rußgeschwärzten Gesichter. »Und euch ebenso, ihr Dysdoorer Krieger.« Lauter junge Burschen waren es, die dort unten auf dem Landungssteg standen. »Wir kommen zu Ehren Wudans, des Höchsten der Götter«, fuhr Honnes fort. »Er hat einen Boten geschickt. Sein Eisenvogel ruhte sich auf dem Großen Fluss aus. Ihr habt ihn nicht zufällig gesehen?«
    Die Männer machten erschrockene Gesichter. Ratlos sahen sie Heapert, ihren Anführer an. Dem stand der Mund offen. »Einen Boten geschickt?«, sagte er endlich. »Der Weiberkopf mit den Augengläsern…?« Er schluckte. »Ein Bote Wudans…?«
    »Ihr habt ihm also Gastfreundschaft gewährt.« Honnes lächelte. »Wudan segne euch dafür. Bitte bringt uns zu ihm.«
    »Was? Zu ihm…? Warum? Ich meine…« Heapert wirkte ziemlich ratlos. Wahrscheinlich merkte er jetzt erst, dass er sich verplappert hatte.
    »Wir wollen ihm danken, weil Wudan uns durch Maddrax' Hilfe von der Herrschaft der Scheußlichen Drei und der Bruderschaft befreit hat«, sagte Honnes.
    »Ach so…« Heapert blickte unsicher zum Ufer. Zwischen den Bäumen konnte Honnes das offene Tor im Steinwall um den Hauptmannspalast sehen. Im Hof, unter dem Gerüst mit dem Feuervogel hielten sich viele Dysdoorer auf. Auch Frauen und Kinder waren dabei. »Ich muss erst Gleemenz fragen.«
    Heapert und seine Begleiter liefen über den Bootssteg zum Ufer zurück.
    »Du bist ein Fuchs, Honnes.« Voller Bewunderung sah Tones den Älteren an. »Ein listiger Fuchs. Jetzt wissen wir, was wir wissen wollten: Der Eisenvogelreiter ist hier. Warum aber haben wir seinen Vogel nirgends gesehen?«
    »Entweder sie haben ihn längst ans Ufer gezogen und versteckt, oder er treibt flussabwärts und Haynz verfolgt ihn bereits.« Honnes neigte zur zweiten
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