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035 - Wettlauf gegen die Zeit

035 - Wettlauf gegen die Zeit

Titel: 035 - Wettlauf gegen die Zeit
Autoren: Jo Zybell
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das Flugzeug schwankte.
    »Habt ihr ein Boot?!« Die Gestalten - es waren drei oder vier - reagierten nicht. »Einen Kahn!«
    Dave schrie so laut er konnte. »Hilfe! Holt mich hier runter!« Keine Reaktion. Sie beobachteten ihn reglos. »Verdammt…«
    Die Brücke blieb zurück, die Stadtmauer endete, eine zweite Brücke schob sich über ihn hinweg, nicht ganz so grün verhüllt wie die erste. Bald sah Dave keine Dächer mehr; nur noch der Dom ragte im Süden aus dem Wald.
    Die Strömung trug die Spitfire an der Ruine einer dritten Brücke vorbei. Etwa dreißig Meter weit ragte ein Bruchstück von der rechten Uferseite auf den Rhein hinaus. Dann beschrieb der Fluss eine Biegung nach links; die Maschine näherte sich dem rechten Ufer.
    Dave blickte sich um. Das Heck der Spitfire war eingedrückt, direkt hinter dem Cockpit. Das Seitenleitwerk bestand nur noch aus ein paar Splittern, das rechte Höhenruder war zerbrochen. Auch Querruder und Bremsklappe an der linken Tragfläche hatten den Angriff der Rieseneule nicht unbeschadet überstanden. [1] Der Gedanke an den Luftkampf gegen die Schuppenbestie - die Eingeborenen in den Ruinen Berlins hatten sie »Eluu« genannt - jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Dave schüttelte sich.
    »Das Biest hat mich verfolgt«, murmelte er, während er das näher rückende Ufer im Auge behielt. Frost überzog gelbliches Gras und die kahlen Zweige niedriger Büsche. »Von Berlin aus hat es mich verfolgt… nur um Rache zu nehmen für seinen toten Gefährten. Irre!«
    Er beglückwünschte sich zu dem Entschluss, ein altes 7,7-mm-Maschinengewehr nachträglich in den linken Flügel einzubauen. In seinem Feuer war der Eluu vom Himmel gestürzt.
    Die Spitfire schaukelte heftiger in der Strömung, ihre Schnauze drehte plötzlich ab, das Ufer entfernt sich wieder. »Mist, verdammter«, knurrte Dave.
    Er dachte daran, in den Fluss zu springen und das Ufer schwimmend zu erreichen. Prüfend steckte er die Hand ins Wasser - eiskalt. Er stellte sich vor, wie sein Luftwaffen-Overall sich mit dem kalten Wasser voll sog. »Du säufst ab«, murmelte er. »Und selbst wenn du das Ufer erreichst - bis du dich zu den Leuten am Dom durchgeschlagen hast, holst du dir den Tod…«
    Dave verabschiedete sich von der Idee. Er würde sich nicht nur den Tod holen -er würde vor allem die Spitfire verlieren. Mitsamt ihrer Fracht - Werkzeug, Ersatzteile, Schweiß- brenner.
    Nein - sich von der Maschine zu trennen hieße sich auch von seinem Ziel zu trennen: nach London zu fliegen und Commander Matthew Drax zu suchen. Fast fünf Monate hatte er für dieses Ziel gearbeitet. »Kommt nicht in Frage«, knurrte er. »Ich werde nach England fliegen…«
    Bald trieb die Maschine wieder in der Mitte des Stroms flussabwärts. Kahle Laubwälder zogen an beiden Ufern vorbei, hin und wieder ausgedehnte Ruinenkomplexe - zerstörte Fabriken, Hafenanlagen, Brückenpfeiler und so weiter. Alles von Gestrüpp und Gebüsch und auch Frost überzogen. Überresten verlassener Dschungelstätten gleich, wie man sie in den Zeiten, aus denen David McKenzie stammte, nur in archäologischen Dokumentarfilmen zu sehen bekommen hatte.
    Dave wartete. Irgendwann würde der Strom wieder eine Biegung machen -vielleicht schaffte er es dann, das Flugzeug ans Ufer zu bringen.
    Grübelnd lehnte er sich, auf der Tragfläche stehend, an das Cockpit. Ein Blick auf die Uhr - der Kalender am unteren Rand des Zifferblatts zeigte den 24. Dezember. 2516, nicht 2012. Daran hatte er sich noch immer nicht gewöhnen können. Es war zwanzig vor zehn. Vor etwas mehr als zweieinhalb Stunden war er in Berlin gestartet. Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor.
    »Fröhliche Weihnachten«, murmelte er. Sein schmales Gesicht verzog sich zu einem bitteren Grinsen. Er dachte an Jennifer Jensen und an Daanahs Grab. Beide hatte er in Berlin zurückgelassen.
    Der Gedanke an die Ruinen des Reichstags erfüllte ihn mit Wehmut. Sogar mit Trauer. Ursprünglich hatte er schon vor Wochen zum Flug nach England starten wollen. Zusammen mit Daanah.
    Die schrecklichen Bilder jenes Morgens schienen Daves Brust mit kaltem Gestein zu füllen. Das Eluu-Paar hatte sie kurz vor dem Start angegriffen. Daanah schrie, als das Biest sie packte. Zusammen mit den Amazonen von Berlin hatte Dave die Rieseneule töten können - aber Daanah mussten sie begraben…
    Dave verscheuchte die schrecklichen Erinnerungen.
    »Nicht an Daanah denken«, sagte er laut zu sich selbst. Diese
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