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035 - Wettlauf gegen die Zeit

035 - Wettlauf gegen die Zeit

Titel: 035 - Wettlauf gegen die Zeit
Autoren: Jo Zybell
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Möglichkeit. Wenn Heapert die Bitte der Coelleni nicht dem Hauptmann persönlich, sondern seinem Stellvertreter und jüngerem Bruder vortrug, ließ das nur einen Schluss zu: Haynz hielt sich nicht in Dysdoor auf. »Wenn Haynz unterwegs ist, erleichtert das vieles«, sagte Honnes.
    An der Spitze von zehn Kriegern stapfte schließlich Gleemenz über den Steg. Noch einmal die kurze Begrüßungszeremonie, noch einmal die Befragung, und noch einmal Honnes Lügengeschichte. Gleemenz kaute auf seiner kleinen Unterlippe herum. Sein Schielen schien sich noch zu verstärken. Die Neuigkeiten machten ihn ziemlich nervös. Selbst in Dysdoor beherbergte man nicht jeden Tag einen Götterboten.
    Schließlich winkte er Honnes und seine zwölf Begleiter vom Schiff auf den Landungssteg herunter. Ihnen voran eilte er zurück in den Burghof. Etwa hundertzwanzig Menschen tummelten sich dort, größtenteils Frauen und Kinder. Die Frauen trugen bunte weite Kleider, die bis auf den Boden reichten rote, gelbe, blaue und grüne. Ihre Köpfe waren bis auf Augen und Nase in Tücher gehüllt.
    Honnes beobachtete, wie etwa drei Dutzend Dysdoorer Männer Holzstämme herbei schleppten und vor dem Gerüst mit dem Feuervogel auf den Boden warfen. »Ihr baut eine neue Hütte?«, erkundigte er sich.
    »Nix Hütte«, brummte Gleemenz mit seinem harschen Bass. »Rampe bau'nwa. Feuervogel muss runter, wird janz jemacht.«
    Er führte sie zum Eingang des großen zweistöckigen Hauses in der Hofmitte. Dort blieb er stehen und drehte sich um. »Bisse sicher?« Er deutete nach oben. »De mitte Augegläser 'n Götterbote? Bisse janz sicher?« Honnes nickte stumm. Es fiel ihm nicht schwer, todernst zu bleiben.
    »Was fürn Glück wa ham.« Gleemenz' tiefe Stimme klang auf einmal heiser. »Was fürn verfluchtes Scheißglück…«
    Er wandte sich ab und hastete eine Treppe hinauf. Honnes, Tones und die anderen Streiter folgten ihm. Oben, gleich neben dem Treppenabsatz zog Gleemenz eine schwere Tür auf. Er blinzelte in den Raum hinein, deutete ein paar Verbeugungen an, sagte aber kein Wort. Stattdessen trat er beiseite, um Honnes und seine Coellenigesandtschaft in den Raum zu lassen.
    Honnes trat ein. Er kannte den Raum, in dem Haynz seine wirren Pläne auszutüfteln und sein Gäste zu empfangen pflegte. Vor fünf Monden etwa hatte er ihn zum ersten Mal betreten. Damals hatte er hier zusammen mit Rulfan und den Ältesten von Coellen einen neuen Bündnisvertrag mit Haynz ausgehandelt. An der Wand gegenüber der Fensterseite stand eines der vielen Geschenke, die Haynz ihnen im Laufe der Verhandlungen abgeschwatzt hatte: Ein dunkler wuchtiger Lehnstuhl auf einem Podest. Der Thron des hingerichteten Kaadinarls. Der Thron Joosev des XVII.
    Und neben dem Feuerschacht saß der Fremde, in Felle und Decken gehüllt. Und tatsächlich: Er hatte langes Haar und trug ein merkwürdiges Gestell mit zwei Gläsern vor den Augen.
    Ihre Blicke begegneten sich. Honnes blieb stehen und musterte den Mann. Wie ein Götterbote sah er wahrhaftig nicht aus. Blass war er, und er zitterte. Auf der anderen Seite des Feuerschachtes hingen Kleider über einen Holzbock. Kleider, die Honnes bekannt vorkamen. Auch Maddrax hatte solche dunkelgrünen Kleider getragen.
    »Ich bin Honnes von Coellen«, sagte Honnes.
    »Wer bist du?«
    »David McKenzie«, antwortete der Mann.
    »Coellen? Gehörst du nicht zu diesen Typen hier?«
    Seine Zunge tat sich schwer, die Sprache zu sprechen, die man an den Ufern des Großen Flusses gemeinhin sprach. Die Art, wie er es trotzdem versuchte, erinnerte Honnes an Maddrax' Art zu sprechen. »Wo kommst du her?«, fragte er den Mann.
    »Berlin, falls dir das was sagt.«
    Berlin - auch Maddrax hatte von einer Stadt gesprochen, deren Namen so ähnlich geklungen hatte.
    »Kennst du Maddrax?«
    Plötzlich wurden die Augen des Fremden schmal. Sein Körper versteifte sich, er richtete sich auf. »Maddrax? Bei allen Heiligen Matt Drax?! Weiß Gott, ja den kenn ich nicht nur, den suche ich auch…«
    ***
    »Weiter, immer weiter!« Haynz stand auf dem vorderen Floß. Er ruderte mit den Armen und bedeutete seinen Männern auf den vier Fahrzeugen hinter ihm, ihre Langpaddel kräftiger in die Fluten zu stoßen. »Schneller! Vorwärts! Immer weiter!«
    Auf jedem der fünf Flöße standen acht Dysdoorer, je drei an den Seiten, der Floßführer vorn und hinten an der Rudervorrichtung der Steuermann. Haynz hatte befohlen, dass die Männer auf den linken Seiten der Flöße das linke
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