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0334 - Der Hexenspiegel

0334 - Der Hexenspiegel

Titel: 0334 - Der Hexenspiegel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Opfer nichts zu sehen war, dann schloß sie auf. Semjonow und der Hotelbesitzer, der sich jetzt doch ein Herz gefaßt hatte, stürmten herein.
    »Wo ist Zamorra?«
    Daß Semjonow sie auf englisch ansprach, machte ihr keine Schwierigkeiten.
    Die Hexe antwortete, und ihre Magie sorgte dafür, daß Semjonow ihr jede gewünschte Sprache glaubte!
    »Er ist aus dem Fenster geflohen«, sagte sie. »Er muß den Verstand verloren haben. Er hat wohl Sie und Saranow niedergeschlagen und dann die Flucht ergriffen. Wahrscheinlich ist er der Spiegelhexe unterlegen.«
    »Spiegelhexe?« fragte Semjonow mißtrauisch. »Wie kommen Sie darauf, Mademoiselle? Und wieso haben Sie das Zimmer abgeschlossen?«
    »Ich habe versucht, dem Phänomen näher auf den Grund zu gehen, und dazu wollte ich eigentlich ungestört sein«, erwiderte sie etwas spitz.
    »Wir werden Saranows Vorschlag aufgreifen und den Spiegel zerstören«, sagte er. »Wir lassen ihn einschmelzen, und zwar sofort. Wenn nicht einmal dieser Zamorra mit ihm fertig geworden ist… verzeihen Sie, Mademoiselle, ich vergaß, daß er Ihr Chef ist. Aber immerhin, er hat es nicht geschafft. Also…«
    Die Hexe war bestürzt. Sie war froh, daß der Scheinkörper reglos bleiben konnte, während sie erschrak. Den Spiegel einschmelzen! Sie mußte es verhindern! Sie mußte diesen Semjonow und den Mann neben ihm sofort töten.
    Aber hatte das Sinn? Sie würde immer weiter töten müssen, und man würde sie jagen. Sie konnte nicht sicher sein, daß sie die Zeit zugestanden bekam, Nicoles Körper zu übernehmen. Es würde immer wieder Störungen geben.
    Sie mußte es anders anfangen. Sie war doch schon auf dem richtigen Weg! Sie konnte diese Leute täuschen. Sie galt jetzt als Nicole Duval.
    Wenn sie Semjonow austrickste, ihm irgendwo unterwegs den Spiegel abnahm und untertauchte – denn hier im Hotel würde er ihn mit Sicherheit nicht zerstören können – konnte sie ihr Opfer Nicole später holen und in einem Versteck übernehmen. Das war wohl die bessere Methode.
    So ließ sie den Scheinkörper zustimmend nicken.
    »Einverstanden. Wohin bringen wir ihn?«
    »Im Nachbarort gibt es eine Glasfabrik. Dort werden wir das Ding umschmelzen. Die Feuerhitze, hoffe ich, wird auch die Hexe, wie Sie sie nennen, wohl vernichten. Genosse Wirt, fassen Sie mit an? Wir schaffen diesen vertrackten Spiegel zum Wagen.«
    Nadija ließ es geschehen, daß die beiden Männer den Spiegel die Treppe hinunterschafften. Sie warf noch einmal einen Blick zurück zum Bett, unter dem Nicole lag, dann schloß sie das Hotelzimmer wieder ab – diesmal von außen. Ihr Opfer würde noch einige Zeit bewußtlos bleiben und konnte ihr nicht entgehen. Erst einmal mußte der Spiegel in ein Versteck gebracht werden. Semjonow konnte nicht ahnen, daß das Todesurteil über ihn bereits gesprochen, die Hinrichtung aber noch aufgeschoben worden war.
    Eine Glasfabrik im Nachbarort! Besser konnte es gar nicht kommen!
    Unterwegs konnte Nadijas Scheinkörper zuschlagen. Dort gab es keine Zeugen und späteren Jäger mehr. Die Gegner würden einfach sterben, der Wagen ausbrennen. Wo der Spiegel dann blieb, würde niemand mehr erfahren.
    Unten lag immer noch der bewußtlose Saranow.
    »Wollen wir nicht warten, bis er wieder aufwacht?« schlug der Scheinkörper vor. »Er möchte vielleicht gern dabei sein.«
    Doch Semjonow schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte den Spiegel so schnell wie möglich zerstört sehen. Vielleicht zählt jede Sekunde. Ich habe keine Lust, noch eine Stunde oder länger zu warten. Los, kommen Sie.«
    Das paßte Nadija gar nicht. Sie hatte gehofft, Saranow in einem Aufwischen mit beseitigen zu können. Sie versuchte Semjonow zum Warten zu überreden. Aber der KGB-Offizier blieb hart.
    »Wir warten nicht.«
    Draußen wurde der Spiegel in den Kofferraum des Tschaika geladen.
    Der Fahrer saß bereits hinter dem Lenkrad. Semjonow stieg vorn ein, der Scheinkörper drückte sich auf die Fondbank. Saranow mußte später getötet werden. Es würde sich eine Möglichkeit ergeben. Wichtig war die Rettung des Spiegels. Und sein spurloses Verschwinden.
    Der Wagen rollte an.
    Nadija bemerkte nicht mehr, daß Boris Saranow erwacht war und grimmig hinter dem Wagen herstarrte. Er war wieder zu Bewußtsein gekommen, gerade als der Spiegel nach draußen geschafft wurde und die Nicole-Gestalt als letzte das Hotel durch die Außentür verließ. Aber er war nicht so schnell wieder fit geworden, wie er es gewollt hatte. Sobald er sich
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