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0332 - Besuch beim Geisterhenker

0332 - Besuch beim Geisterhenker

Titel: 0332 - Besuch beim Geisterhenker
Autoren: Jason Dark
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Wahrscheinlich nahm er an, daß ich Suko mitbringen würde.
    Der Nachmittag war schon ziemlich fortgeschritten. Innerhalb eines halben Tages hatte es einen Wetterumschwung gegeben. Die Wärme der vorherigen Tage war einer unangenehmen Kälte gewichen. Ich hatte mir eine leichte Erkältung zugezogen, denn Frisco und dessen Umgebung hatten unter einer Hitzewelle zu leiden gehabt.
    Was Tanner genau von mir wollte, wußte ich auch nicht, da er es am Telefon ziemlich spannend gemacht hatte. Ich wußte nur, daß es um einen Mordfall ging, bei dem er nicht so recht weiterkam und auf der Stelle trat. Daß Tanner dies ärgerte, konnte ich mir vorstellen. Der würde vor Wut bald seinen alten Hut essen, dieser Filz gehörte zu Tanner, wie zu Sherlock Holmes die Pfeife.
    Ich war gespannt, was er auf Lager hatte.
    Der Londoner Nachmittagverkehr war mal wieder dichter als dicht.
    Ich erreichte mein Ziel mit einiger Verspätung, stellte den Wagen im Hof ab und mußte meinen Ausweis vorzeigen, um das Gebäude betreten zu können.
    »Der Chiefinspektor wartet schon«, erklärte mir ein junger Polizist.
    »Wie ist denn seine Laune?«
    Der Mann winkte ab. »Schlimm, kann ich Ihnen sagen. Der würde am liebsten seinen Hut essen.«
    »Dann geben Sie ihm Pfeffer und Salz, damit Geschmack drankommt.«
    Der Mann lachte. »Ich habe etwas da. Wollen Sie es mitnehmen.«
    »Gern.«
    Wenn es darum ging, Tanner zu ärgern, war ich immer dabei. Der Polizist verschwand. Als er aus seinem Büro zurückkehrte, lag ein verschwörerisches Grinsen auf seinem Gesicht. In den Händen hielt er zwei kleine Streuer mit den entsprechenden Gewürzen.
    Ich steckte sie ein.
    »Schade, daß ich nicht dabei bin.«
    »Tanner kann es Ihnen ja hinterher erzählen.«
    »Der wird sich hüten.«
    Das Büro des Chiefinspektors lag weit hinten. Es war das letzte im Gang, den ich entlangschritt. Die übliche Polizeiatmosphäre hielt mich umfangen. Ich sah zwei Bänke, auf denen drei Pennertypen saßen, die mich angrinsten und fragten, ob ich nicht einen Schluck zu trinken hätte.
    Ich machte ihnen den Vorschlag, Wasser zu trinken. Da wurden sie vor Schreck fast ohnmächtig.
    Tanners Tür war nicht geschlossen. Sie stand so weit auf, daß ich die Stimme des Chiefinspektors schon bis auf den Gang hören konnte. Die Worte waren nicht gerade schmeichelhaft für mich.
    »Wo bleibt denn nur dieser verdammte Typ, der sich Geisterjäger nennt? Ich habe gesagt, er soll um siebzehn Uhr da sein. Jetzt haben wir fast zwanzig Minuten später.«
    »Vielleicht hat die Hölle ihn verschluckt«, erwiderte eine Frauenstimme.
    »Sie meinen sicherlich den Teufel?«
    »Auch den, Sir.«
    »Unsinn. Der würde sich an einem Typ wie Sinclair den Magen verderben und ihn schneller wieder ausspucken, als er ihn verschluckt hat. Nein, damit brauchen wir nicht zu rechnen.«
    »Und wenn er keine Lust hat?«
    Ich war vor der Tür stehengeblieben, hörte zu und grinste leicht vor mich hin.
    »Wenn er keine Lust hat, drehe ich ihm den Hals zum Korkenzieher«, versprach Tanner.
    »Dann müssen Sie sich aber anstrengen, mein Lieber«, erklärte ich und stieß dabei die Tür auf.
    Tanner stand zwischen Schreibtisch und Fenster. Als ich über die Schwelle trat, drehte er sich um, ebenfalls seine Sekretärin, eine ältere Dame, die über die Ränder ihrer Brille hinwegschielte. Sie sah etwas griesgrämig aus und paßte zu Tanner.
    »Sinclair«, sagte der Oberinspektor und verzog das Gesicht, wobei er gleichzeitig auf seine Uhr schaute. »Das gibt es nicht. Über zwanzig Minuten Verspätung.«
    »Verbieten Sie das Autofahren«, erwiderte ich grinsend.
    »Man kann sich ja früher lösen«, erklärte mir die Frau. Sie erntete von Tanner ein beifälliges Nicken.
    Ich lachte sie an. »Wissen Sie, Madam, meine Sekretärin hatte bei mir auf dem Schoß Platz genommen. Sie müßten Sie kennen. Sie ist jung, hat herrliches schwarzes Haar und eine Figur…«
    Das hatte wohl noch niemand zu ihr gesagt. Ich sah, wie sie allmählich rot anlief, ein paarmal tief Luft holte, den Kopf schüttelte und fast fluchtartig das Vorzimmer verließ.
    Auch Tanner mußte lachen. »Der haben Sie es aber gegeben. Wo sie doch noch Fräulein ist.«
    »Wissen Sie das genau?«
    »Sie sagte es mal meiner Frau.«
    »Ach so.«
    »Egal, kommen Sie ins Büro. Da werden wir uns näher unterhalten.«
    Tanner ging vor. Er trug wieder seinen üblichen grauen Anzug und wirkte wie immer ein wenig verstaubt. Vielleicht lag es an der Zigarrenasche, die auf
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