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033 - Das vertauschte Gehirn

033 - Das vertauschte Gehirn

Titel: 033 - Das vertauschte Gehirn
Autoren: Peter T. Lawrence
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Heulen, dann gehen seine Worte in ein Wimmern über. Ich kann kaum etwas verstehen, dann spricht er wieder deutlicher: „Ich wollte dich lebend haben, John Morgan! Für mich und für Elisabeth, die dich liebte. Willenlos wollte ich dich zu meinem Diener machen, weil ich deine Fähigkeit, dich irgendwohin zu denken, für mich gewinnen wollte, für meine großen Ziele. Aber du hast jetzt den Tod verdient, John Morgan. Du wirst sterben!“
    Seine Stimme wird lauter, immer heftiger, und sie nimmt einen Klang an, der mir Grauen einflößt. Es ist, als spräche er in einem großen, leeren Saal, von dessen Wänden die Stimme dreifach verstärkt zurück dröhnt.
    Verschwommen sehe ich, wie er sich entfernt, bis er so weit steht, daß ich ihn mit der MP unmöglich treffen kann.
    „John Morgan!“ brüllt die Stimme, in der plötzlich so unfaßbar viel Kraft steckt. „Du sollst sterben, wie noch nie ein Mensch zuvor! Du sollst vor mir im Dreck kriechen, wie die erbärmlichste Kreatur auf Erden! Dein Wimmern soll den Menschen in den Ohren dröhnen, damit sie sehen und spüren, das man Doc Lundi zu gehorchen hat!“
    Entsetzen packt mich, ohne, das ich weiß warum. Während ich fieberhaft das leer geschossene Magazin nachlade, sehe ich ihn in einiger Entfernung auf einem Grab stehen. Eine kleine Silhouette gegen den bleichen Mond. Er steht da, die Arme erhoben, starrt zum Himmel hinauf und dann dröhnt wieder seine Stimme über das riesige Friedhofsgelände: „Ich rufe die Rache, ich rufe den Hass, das Böse und das Grausame! Ich rufe die Toten! Kommt und zeigt euch! Tötet den Mann in dieser Gruft! Tötet ihn und legt seine Gebeine vor mich, damit ich den Augenblick der Rache genießen kann!“
    Das Grauen packt mich, als ich sehe, wie sich der Himmel zuzieht, Wolken den Mond verfinstern, und sich das Licht über den Gräbern in schwefliges Gelb verändert, ohne das es einen Grund dafür gäbe.
    Wind pfeift plötzlich um die Gruft, rüttelt an der schweren Tür, und ein helles, klagendes Singen kommt auf. Mit weiten, aufgerissenen Augen sehe ich Lundi auf dem Hügel stehen, die Arme ausgebreitet mit starrem Rück in den Himmel hinaufschauend.
    „John Morgan soll sterben!“ schallt seine Stimme über die Gräber. „Ich rufe die Toten! Der Himmel hat sich verfinstert, euer Hass hat den Wind entfacht! Kommt meine Freunde, kommt und nehmt teil an meiner Rache!“
    Innerhalb von Sekunden hat der Wind zugenommen, braust nun heulend über die Gräber, fegt Blumensträuße und Kränze über die Wege. Ich stehe da, vor Entsetzen gelähmt, begreife nicht, was da um mich herum vorgeht! Der Mond ist nun völlig verdeckt, aber immer noch liegt gelblicher Lichtschimmer über den Gräbern, dünne Nebelfetzen wallen auf und plötzlich beginnt die Erde zu leben. Ich glaube ersticken zu müssen, beginne vor Angst zu brüllen, aber nichts halte ich auf. Erst jetzt merke ich, wie schwach ich doch bin, wie müde und ausgelaugt, wie sehr meine Nerven unter all diesen entsetzlichen Ereignissen gelitten haben. Ich stehe einfach da, schreie, glotze wie ein Irrsinniger aus dem Fenster, das längst vom tobenden Sturm aufgerissen worden ist.
    Um mich herum, vorne, seitlich, hinten – überall bricht die Erde auf. Dann kommen sie. Wie Maulwürfe schieben sie sich aus dem aufgebrochenen Boden, während der Sturm über ihre bleichen Schädel heult und ihre klagenden Gesänge an meine Ohren weht. Ich weiß nicht, ob es noch eine Steigerung des Grauens gibt, wenn ich mir überlege, was ich schon alles gesehen habe. Aber dieser Anblick treibt mich dem Wahnsinn zu. Ich spüre es genau, sehe nur aus dem Fenster und kann nichts tun.
    Plötzlich kracht es fürchterlich hinter mir. Ich zucke herum. Eine der beschrifteten Marmortafeln, die die Särge abdecken, ist von der Wand gefallen, und nun poltert auch die zweite, die des kleinen Kindes, zu Boden. Draußen tobt und heult immer noch der Wind, und weit entfernt, irgendwo in seinem Geheul, höre ich wieder die Stimme des Docs. Zerrissene Wortfetzen dringen an mein Ohr, geschriene Beschwörungen und Worte, deren Sinn ich nicht begreife.
    Unerträglicher Gestank steigt mir in die Nase. Ich sehe, wie sich aus der oberen Öffnung in der Wand eine knochige, widerliche Hand schiebt, dann ein Kopf, der Körper. Darunter erscheint nun eine kleinere Hand, dann der Totenschädel eines Kindes. Ich weiche auf brüllend zurück gegen die Tür, als von draußen, trockene, harte Knochenhände gegen die Tür
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