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032 - Töchter der Nacht

032 - Töchter der Nacht

Titel: 032 - Töchter der Nacht
Autoren: Edgar Wallace
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sogar etwas zu sehr von sich überzeugt, aber in anderer Beziehung ...«
    Er sah sie groß an und unterbrach sie.
    »Aber jetzt müssen Sie mir wirklich sagen, wogegen ich mich vergangen habe! Lassen Sie mich nicht in England, in diesem gesegneten Landstrich, zurück - denn heilig ist das Land, das Ihre Füße betreten haben -, ohne mir zu sagen, inwiefern ich gefehlt habe.«
    »Nun, ich meine, Sie sind eben zu sehr Engländer und zu schüchtern.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich verschroben bin? Sie werden mir doch keinen Vorwurf daraus machen, daß ich Engländer bin? Ich gebe ja gern zu, daß wir nicht so smart sind wie die Amerikaner.«
    Sie lachte.
    »Ich glaube nur, daß Sie zu verschlossen und zurückhaltend sind, das ist alles.«
    »Ach, ist es das?« fragte er ironisch, wurde aber gleich wieder ernst. »Vielleicht bin ich es absichtlich, vielleicht habe ich sogar einen Grund, so zu sein. Glauben Sie, ich wüßte nicht, daß das höchste Glück sozusagen in meiner Reichweite ist? Noch ist - muß ich allerdings beifügen.«
    Seine Stimme zitterte ein wenig. »Wie lange noch?«
    Sie erwiderte nichts, legte nur ihre Hand in die seine. Schweigend gingen sie bis zum Tor.
    »Ich sehe Sie morgen noch«, sagte sie schließlich, ohne ihn anzuschauen. »Wollen Sie nicht nach Southampton an den Dampfer kommen und Abschied von mir nehmen?«
    »Eine großartige Idee. Es wird mir zwar sehr schmerzlich sein, aber - ja, ich komme bestimmt. Ich fahre mit dem Zug hin.«
    »Warum wollen Sie uns nicht im Auto begleiten?« »Das ist leider nicht möglich. Ich muß Samstag morgen in London sein. Aber ich fahre noch mit dem Zug um Mitternacht zur Hauptstadt, sehe dann ganz früh unseren Generaldirektor und nehme den Sonderzug zur Abfahrt des Dampfers. Gute Nacht!« Er reichte ihr die Hand, und sie sah sich um.
    Hinter ihnen stand der Reitknecht, der Jims Pferd am Zaum hielt.
    »Gute Nacht«, sagte sie, »aber kommen Sie morgen ohne Pferd!«
    »Begleiten Sie Ihre Schwägerin in die Stadt?« fragte er.
    »Das wäre möglich.«
    Er schwang sich in den Sattel, und Margot rieb die Nase seines Pferdes.
    »Jim«, sagte sie unvermittelt und schaute zu ihm auf, »wenn - wenn Sie ein großes Vermögen verdienen ... Dann würden Sie doch irgend etwas Plötzliches, Unvorhergesehenes unternehmen?«
    Er beugte sich vor und legte seine Hand auf ihre Schulter.
    »Ja, es wird irgend etwas sein, woran kein Mensch denkt.«

5
    Mr. Stephen Sanderson hatte einen dicken, umfangreichen Brief aus Amerika erhalten. Die halbe Nacht hatte er darüber gesessen und geschrieben. Er verglich die Information, die er von Frank Camerons Freund erhalten hatte, mit seinen eigenen Notizen, und nun trug er die einzelnen Daten in die Tabellen ein, die schon recht umfänglich waren.
    Eine langwierige, mühselige Arbeit - aber es war nun einmal seine Liebhaberei. Er hatte Tausende von Zeitungen durchgesehen und Ausschnitte gesammelt, die sich mit Verbrechen befaßten, nicht nur englische und französische, sondern auch aus vielen anderen Ländern. Vor allem kam es ihm darauf an, die Einbruchsmethoden miteinander zu vergleichen, um auffällige Übereinstimmungen mit jenen Verbrechen, die noch nicht aufgeklärt waren, herauszufinden. Und dazu lieferte ihm das erhaltene Material aus New York viele neue Ansatzpunkte.
    Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen etwa ein Dutzend Fotografien von Männern und Frauen. Er versuchte, alle möglichen Einzelheiten miteinander in Zusammenhang zu bringen. Nur die eine oder andere Tatsache fügte sich noch nicht ins Ganze. Er arbeitete, bis der Morgen graute.
    Nachdem er vier Stunden geschlafen hatte, erhob er sich mit der Zuversicht, daß es ihm in naher Zukunft vielleicht doch gelingen würde, die ganze Sache aufzuklären.
    Jim Bartholomew kam um zehn Uhr ins Büro und fand seinen Assistenten etwas übernächtigt und bleich am Schreibtisch. Aber Sandersons Augen leuchteten, und er war so munter, wie ihn Jim noch nie gesehen hatte.
    Nach der Begrüßung wollte Jim schon eine Bemerkung machen, aber er unterließ es, denn er betrachtete seinen Assistenten jetzt mit etwas mehr Achtung.
    »Gibt es heute morgen etwas Besonderes?« erkundigte er sich, als er Hut und Mantel ablegte.
    »Nein, nichts. Das Geld für Mrs. Cameron und Mrs. Markham habe ich bereitgelegt.«
    »Gut. Aber sie hebt doch nicht etwa ihr ganzes Konto ab?«
    »Doch. Nun, groß ist ihr Guthaben ja nicht. Etwa zweitausend Pfund. Eine Kleinigkeit läßt sie stehen, weil sie
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