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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger
Autoren: Bernd Frenz
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Mannschaft zu langweiliger Routine.
    Selbst der Kommandant war ungewöhnlich lax geworden. Doch jetzt, da sie sich der feindlichen Küste näherten, würde Wolkow wieder wie ein Schießhund aufpassen.
    »Alexander, melde dich doch!« Keine Antwort.
    Leutnant Leonow gab es auf. Er war ohnehin gleich da. Das dumpfe Summen der Schaltkästen begleitete ihn, während er sich dem Stahlschott näherte. Es lag eine Art Spannung in der Luft, die dafür sorgte, dass sich die feinen Härchen in seinem Nacken kribbelnd aufrichteten.
    Er müsste den Kopf einziehen, als er durch das Schott in den Bug des Schiffes trat. Hier drinnen brannte nur die rote Notbeleuchtung. Besaß Kosyrew wirklich die Dreistigkeit, sich während der Wachzeit aufs Ohr zu hauen? Leonow blieb stehen und wartete, bis sich seine Pupillen an die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.
    »Alexander, wo bist du?«
    Links und rechts von ihm stapelten sich die Torpedos vom Typ SSN-21.
    Konventionelle Sprengköpfe. Schließlich schleppte man auf einer Probefahrt keine Nuklearwaffen mit sich herum.
    Der enge Raum war mit sechzehn Reservetorpedos vollgestopft, die auf stabilen Stahlgestellen in Bereitschaft lagen. Acht weitere befanden sich auf den Führungsschienen, die zu den Abschussrohren führten.
    Leonow stutzte. Eigentlich sollte auf jeder Rampe eine SSN-21 liegen, doch der Platz rechts unten, an Abschussluke 8 wirkte seltsam leer. Das konnte doch nicht sein!
    Instinktiv griff Leonow nach seiner Pistolentasche. Er wollte den Sprechknopf am Headset drücken, um Meldung zu erstatten, als er endlich Fähnrich Kosyrew entdeckte. Der hagere Bursche mit dem schütteren Haar, das am Hinterkopf eine kahle Stelle in der Größe einer Rubelmünze aufwies, war tatsächlich eingeschlafen.
    Den Kopf auf seine Dienstmütze gebettet saß er an dem Schreibpult in der Ecke, auf dem die Berichte geschrieben wurden. Die neue Technik hatte zwar die körperliche Arbeit zurückgedrängt, aber die Bürokratie war dafür umso schlimmer geworden. Leonow fluchte laut, doch auch das konnte seinen Kameraden nicht aus dem Schlaf reißen.
    Verwundert trat der Leutnant näher. Erst jetzt fiel ihm die unbequeme Lage auf, in der Kosyrew auf dem Pult ruhte. Sein rechter Arm hing von der Tischplatte schlaff in die Tiefe, während der Kopf in einer unnatürlich verrenkten Position neben der linken Hand lag.
    Auf die Dienstmütze hatte er sich nicht gebettet, sie war ihm von der Stirn gerutscht! Ihr Band lag in einer dunklen Pfütze, die sich unter seinem Hals ausbreitete und bereits über die Tischkante zu Boden tropfte.
    Es dauerte einen Moment, bis Leonow erkannte, dass es sich um Blut handelte.
    Um das Blut von Fähnrich Kosyrew!
    Sofort sprang er hinzu, um seinem Kameraden zu helfen. Als er den regungslosen Oberkörper zurück in den Drehstuhl schob, sah er, dass ein klaffender Spalt über Kosyrews Kehle führte.
    Was der Leutnant zuvor geahnt hatte, aber nicht wahrhaben wollte, wurde nun zur Gewissheit: Alexander war nicht nur tot - er war ermordet worden! Irgendjemand hatte ihm die Kehle durchgeschnitten.
    Die Araber, zuckte es Leonow instinktiv durch den Kopf. Er wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund spielten sie plötzlich falsch. Der feige Mord konnte erst vor wenigen Minuten geschehen sein; es quoll noch immer ein feiner Blutstrom aus der frischen Schnittwunde.
    Leutnant Leonow packte den Sprechknopf seines Headsets. Er musste sofort Alarm geben, um die Verschwörung auffliegen zu lassen.
    Da spürte er einen Luftzug in seinem Nacken. Verdammt! War der Killer etwa noch im Raum? Der Schrecken lähmte seine Stimmbänder.
    Krächzend wirbelte er herum. Alles was er noch sah, war ein matter Reflex, der auf ihn nieder sauste. Mit einem dumpfen Laut hämmerte der Schraubenschlüssel gegen seine Schläfe.
    Der Knochen zersplitterte. Ein grelles Licht blitzte vor Leonow auf, dann folgte tiefste Nacht. Haltlos kippte er nach vorn, schlug der Länge nach hin. Er war noch nicht tot. Stöhnend wälzte er sich auf dem Stahlboden, versuchte davon zu kriechen.
    Sein Angreifer setzte sofort nach.
    Erbarmungslos ließ Walerie Bajgarin das schwere Werkzeug in die Tiefe sausen.
    Ein letztes Zucken, dann regte sich sein Opfer nicht mehr.
    Keuchend hielt Bajgarin inne.
    Er hatte vor Angst gezittert, als er sich im toten Winkel des Schotts verstecken musste. Nun fühlte er sich wie befreit. Zu seinem eigenen Entsetzen stellte er fest, dass ihm der zweite Mord viel leichter gefallen war als
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