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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger
Autoren: Bernd Frenz
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der Öffentlichkeit zurückgezogen«, gestand er kleinlaut. »Es gibt Gerüchte, dass er in seiner Festung der Einsamkeit lebt und davon träumt, endlich zu sterben.«
    Matt zog die linke Augenbraue in die Höhe. »Festung der Einsamkeit? Dafür, dass ihr die Menschen verachtet, bedient ihr euch aber fleißig bei unserer Popkultur. Warum nicht gleich die Bat-Höhle?«
    Quart'ols Kiemenlappen blähten sich vor Empörung auf, doch ehe er den Ideenreichtum der Hydriten verteidigen konnte, ging Bel'ar dazwischen. »Warum vertragt ihr euch nicht wie in der Zeit, als ihr noch einen Körper geteilt habt?«, forderte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. »Ich muss mich auf das Tribunal vorbereiten. Kann ich die Kinderschar so lange alleine lassen?«
    Matt und Quart'ol sparten sich eine Antwort. Schließlich waren sie keine Schuljungen, die sich abkanzeln ließen.
    Die Hydritin wertete ihr Schweigen trotzdem als ein »Ja« und verabschiedete sich. Mit anmutigen Schwimmbewegungen entschwand sie durch eine der Deckenschleusen in den Wissenschaftstrakt des Hydrosseums.
    Quart'ols Lippen spalteten sich hinter ihrem Rücken zu einem anzüglichen Grinsen.
    »Was für ein Weib«, schwärmte er, während er seine Hände in einer eindeutigen Geste vor dem Brustkorb schwenkte, als müsste er zwei schwere Gewichte balancieren. »Hast du ihre riesigen Muscheln gesehen?«
    Matthew war einen Moment lang völlig sprachlos.
    Hatte er es wirklich mit dem weisen Quart'ol zu tun, den er in England getroffen hatte, oder mit einem pubertierenden Hydriten, der nicht mehr Herr seiner Hormone war?
    Der Klon deutete sein Schweigen ganz anders.
    »Nicht gleich eingeschnappt sein«, erklärte er gönnerhaft. »Für mich ist Bel'ar sowieso zu alt.«
    »Bitte?«
    Quart'ol hob beruhigend die Hände.
    »Schon gut. Mir ist nicht verborgen geblieben, wie gut ihr euch versteht. Sie hat großes Interesse an dir, so viel steht schon mal fest.« Verschwörerisch sah er nach allen Seiten, um sicherzustellen, dass sie von niemanden belauscht wurden.
    Dann beugte er sich vor und raunte:
    »Viele unserer Frauen vermuten, dass ihr Oberflächenbewohner wahre Wunderdinge mit euren Gliedern vollbringen könnt.«
    Obwohl er Bel'ar sehr sympathisch und auf eine gewisse Weise durchaus attraktiv fand, winkte Matt ärgerlich ab.
    »Können wir das Thema wechseln?«
    »Spiel bloß nicht den Moralapostel«, knarzte Quart'ol eingeschnappt. »Du hast wohl vergessen, dass ich fast ein halbes Jahr in deinem Körper verbringen musste. Ich kenne all deine Empfindungen und Gelüste - mir kannst du nichts erzählen!«
    Allein der Gedanke, dass der Hydrit während der letzten Monate sein Innerstes nach außen gestülpt hatte, ließ Übelkeit in Matt aufsteigen.
    »Bin gespannt, was Aruula dazu sagt, wenn sie erfährt, dass du mit dieser kleinen Nosferajägerin und der Bunkerfrau rumgemacht hast [4] «, stichelte Quart'ol weiter.
    Blanker Zorn brodelte durch Matts Adern. »Schön, dass du dich so gut mit meinem Charakter auskennst«, knurrte er drohend. »Dann weißt du hoffentlich auch, dass du mich jetzt nicht mehr weiter reizen solltest!«
    Quart'ol senkte betreten den Blick.
    »Entschuldige, Matthew, aber meine Hormone spielen verrückt. Ich berste fast vor überschüssiger Energie, deshalb kann ich einfach nicht mein dummes Fischmaul halten.« Da schimmerte wieder der abgeklärte Wissenschaftler durch, auch wenn seine Ausdrucksweise zu wünschen ließ.
    Matthew überlegte gerade, ob er den vorlauten Klon so einfach davon kommen lassen sollte, als ihr Geplänkel von zwei Wächtern in perlmuttverzierter Uniform unterbrochen wurde. Die glänzenden Schockstäbe fest umklammert, sanken sie zu ihnen herab.
    »Das Tribunal tritt in Kürze zusammen«, grollte der Größere von ihnen. »Ihr werden erwartet, alle beide!«
    ***
    23. April 2005, Jagd-U-Boot Kiew
    70 Seemeilen vor der nordamerikanischen Küste
    Leutnant Leonow warf einen schnellen Blick auf die Armbanduhr und beschleunigte seinen Gang. 13:58 Zuluzeit. Wenn er rechtzeitig zur Wachablösung im Torpedoraum sein wollte, müsste er sich gehörig beeilen. Seine Schritte klangen seltsam hohl auf dem stählernen Zwischendeck, während er in das bleistiftdünne Mikrofon seines Headsets sprach.
    »Fähnrich Kosyrew, bitte melden.«
    Keine Antwort, nur das Rauschen der Bordkommunikation. Verdammt, ist der Kerl etwa eingepennt? Zu verdenken wäre es dem Fähnrich nicht gewesen; die vollautomatische Fahrt verdammte die ganze
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