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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger
Autoren: Bernd Frenz
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Automatik entsicherte. Ob er ertrank oder erschossen wurde, war ihm gleichgültig.
    Dem Kapitän nicht.
    Wolkow setzte den Waffenlauf an seine Schläfe und drückte ab. Der Schuss ging im infernalischen Brüllen des hereinströmenden Wassers unter, aber es war nicht zu übersehen, wie sein Kopf zur Seite geschlagen wurde. Sekunden später stieg das Wasser an ihm empor und schlug über seinem Kopf zusammen.
    Er hatte immer panische Angst vor dem Ertrinken, war Bajgarin einziger Gedanke zu dem Selbstmord.
    Die Flut stieg etwas langsamer, da sich die Luft in seiner Ecke zusammenpresste, doch auch Bajgarins Ende war nur noch eine Frage von Sekunden. Kaltes Spritzwasser peitschte ihm ins Gesicht, während er sich mit beiden Händen an den Stuhl klammerte und ein Vaterunser betete. Die Schreie aus dem übrigen Boot konnte er nur noch gedämpft vernehmen.
    Kopfüber trudelte die Kiew dem Meeresgrund entgegen.
    Plötzlich stieß der Rumpf gegen etwas Hartes, an dem er weiter in die Tiefe rutschte. Die Erschütterung beraubte Bajgarin fast seines Haltes, doch es gelang ihm, sich mit letzter Kraft weiter festzuklammern. Nun fiel auch die Notbeleuchtung aus.
    Absolute Finsternis.
    Das Kreischen an der Bordwand klang, als ob Fingernägel über eine Schultafel kratzten. Gottseidank, wir haben den Kontinentalschelf noch nicht erreicht!, durchzuckte es Bajgarin.
    Selbst wenn die seismischen Stationen der Amerikaner unsere Explosion auffangen, können sie uns in dieser Tiefe nicht bergen. Niemand wird je erfahren, worauf wir uns eingelassen haben.
    Bis auf die Haut durchnässt, fror Bajgarin erbärmlich, trotzdem bereute er seine Sabotage nicht im Geringsten. Es war richtig gewesen. Vielleicht das einzig Richtige, was er je in seinem Leben getan hatte.
    Der Schiffsrumpf trudelte erneut gegen den Abhang und kippte zur Seite.
    Die Kommandozentrale drehte sich um die eigene Achse; blubbernd wich die Luftblase aus dem Schott. Die kalte Wasserwand schlug Bajgarin brutal ins Gesicht. Nur noch die Luft in seinen Lungen hielt ihn am Leben.
    Finsternis, Kälte und Wasser umgaben ihn. Sein Herz schlug bis zum Hals. Die letzten Sekunden waren grauenvoll.
    Obwohl er den Tod herbei sehnte, bäumte sich sein Körper auf, kämpfte ein Teil seines Verstands bis zum letzten Moment ums nackte Überleben.
    Doch wozu?
    Warum sollte er noch ein, zwei Minuten herausschinden? Gegen alle inneren Instinkte öffnete er die Lippen und stieß die Luft aus seinen Lungen. Zwei Sekunden quälende Atemnot, dann ließ sich der Reflex zum Luftschnappen nicht mehr unterdrücken.
    Gurgelnd schoss das Wasser seine Luftröhre hinab. Bajgarin drehte und wand sich, schlug mit Händen und Füßen gegen die Konsole, wirbelte in einem selbst geschaffenen Strudel durch die geflutete Kommandozentrale.
    Endlich ertrank er.
    Ein letztes Zucken, dann schwebte er mit ausgebreiteten Armen neben der durchscheinenden Plottertafel.
    Mit ihm starb die ganze Besatzung der Kiew und alle Terroristen. Das U-Boot war ein Geisterschiff, noch ehe es auf den weit vorstehenden Vorsprung des Kontinentalhangs prallte, sich verkeilte und liegen blieb. In hundertfünfzig Meter Tiefe, von Geröllmassen bedeckt, wurde sie trotz intensiver russischer und amerikanischer Suchmaßnahmen niemals gefunden.
    Genauso wenig wie das CK-512 im Schiffsrumpf - eine tickende Zeitbombe, die früher oder später ihre verheerende Wirkung im Ozean entfalten würde.
    Selbst wenn es über 500 Jahre dauern sollte…
    ***
    Tribunal von Hykton 3936/4 Rotationen nach Ei'don
    Die Anhörung verlief schlecht, das konnte Matt an den Mienen der neun Hydriten sehen. An Quart'ol lag es nicht, der gab sich alle Mühe ihn von jeder Schuld reinzuwaschen. Doch nicht einmal Matt konnte leugnen, dass unter den Menschen das Recht des Stärkeren galt und die Hydriten gut beraten waren, ihre Existenz weiterhin zu verbergen.
    Um Matthew ins rechte Licht zu rücken, berichtete Quart'ol von der Reise nach Amerika, die er unfreiwillig miterlebt hatte. Er schilderte, wie der Ex-Commander selbstlos sein eigenes Leben riskiert hatte, um die New Yorker Bürger vor einer Atombombenexplosion zu retten.
    Doch je mehr der Seelenwanderer begeistert von den überstandenen Abenteuern berichtete, desto stärker verfestigte sich im Tribunal der Eindruck, dass der bloße Kontakt zu den Menschen gefährlicher als eine ansteckende Krankheit sei.
    Nach dem Ende der Anhörung zogen sich die Weisen zu einer kurzen Beratung zurück. Dann verkündete der HÖCHSTE
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