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031 - Der Puppenmacher

031 - Der Puppenmacher

Titel: 031 - Der Puppenmacher
Autoren: Ernst Vlcek
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der Kapuze das Gesicht Henry Hursts zu erkennen.
    Henry war jetzt nicht mehr der arrogante Geck, als den Dorian ihn kennengelernt hatte. Sein Gesicht war zu einer Fratze entstellt; über seine Unterlippe ragten Vampirzähne.
    »Bruder, willst du den Teufel küssen?« fragte jemand.
    Henry wirbelte herum.
    »Ja, Schwester«, sagte er erregt. »Mich dürstet nach der Berührung einer Teufelslippe.«
    »Dann nimm mich!«
    Dorian erkannte an der Stimme, daß es sich um das Mädchen handelte, das sich ihm vorhin an den Hals geworfen hatte.
    Henry breitete die Arme aus, und das Mädchen näherte sich ihm mit verzücktem Gesicht. Der Vampir umarmte sie, und engumschlungen glitten sie in den unbeleuchteten Gang, in dem Dorian vor Schreck wie gelähmt stand. Was sollte er tun? Er konnte doch nicht zusehen, wie dieses blutjunge Geschöpf von dem Vampir ausgesaugt wurde.
    Als Dorians Hände die Tür eines Kellerabteils ertasteten, riß er sie auf. Henry ließ sich von dem Geräusch nicht ablenken. Er hielt mit der einen Hand das Kinn des Mädchens fest und zog ihr mit der anderen den Umhang von der Schulter. Ihre Lippen bebten vor unterdrückter Erregung.
    Dorian drang in das Kellerabteil ein.
    Draußen hörte er Henry sagen: »Du wirst die Verzückung kosten, Schwester. Du wirst von einem Rausch erfaßt werden, der dir die Freuden der Hölle verheißt, wenn ich dein süßes Blut zum Quellen gebracht habe.«
    Dorian tastete sich durch die Dunkelheit und fand unter dem Gerümpel eine Axt, deren Griff mit einem Streifen Stoff umwickelt war. Er löste den Fetzen vom Griff und spannte ihn zwischen den Händen. So näherte er sich Henry von hinten.
    Als sich der Vampir über die freigelegte Halsschlagader des Mädchens beugte, warf ihm Dorian die Stoffschlinge über den Kopf und zog sie wie einen Knebel fest.
    Der Vampir stieß einen erstickten Laut aus und schlug um sich. Dorian zog ihn jedoch mit übermenschlicher Anstrengung in das Kellerabteil und warf ihn zu Boden. Dann ergriff er die Axt und ließ sie auf Henry niedersausen. Er spaltete ihm auf Anhieb den Schädel. Doch dadurch wurde der Vampir nur vorübergehend aus geschaltet.
    Dorian holte zum zweiten Schlag aus. Diesmal sauste das Beil auf Henrys Brustkorb hinunter und zersplitterte die Knochen über dem Herzen.
    Mit einem armdicken Holzscheit tötete er den Vampir. Dann erhob er sich erschöpft, verließ das Kellerabteil und drückte den Verschlag hinter sich zu.
    Er hatte eben die Welt von einem Dämon befreit, und ein junges Mädchen vor einem grauenvollen Schicksal bewahrt. Aber was hatte er damit erreicht? Hier unten lauerten noch weitere Vampire, die sich beim Höhepunkt der Schwarzen Messe auf die unter Drogen stehenden Teufelsanbeter stürzen würden.
    Dorian vernahm ein wüstes Geschrei, das aus dem Hauptgewölbe kam. Jetzt würde der Höhepunkt bald erreicht sein.
     

     
    »Luzifer, Satan, Leviathan und Astaroth, ihr Fürsten der Finsternis, wir rufen euch an!« hallte es aus dem Gewölbe durch die Gänge des Kellers.
    Die Teufelsanbeter ließen alles liegen und stehen und drängten in die Richtung, aus der die Stimme kam.
    »Wir verehren die Fürsten der Finsternis!« riefen sie.
    Ein Mädchen begann hysterisch zu schreien, riß sich die Kleider vom Leib und brüllte mit sich überschlagender Stimme Gotteslästerungen. Ein junger Mann ging vor ihr in die Hocke, wippte von einem Bein auf das andere und klatschte in die Hände. Eine Hand mit einem Kelch erschien hinter dem Mädchen und entleerte den Inhalt auf sie. Mit dem Blut, den Innereien, Krallen und Augen eines Huhnes besudelt, ging das Mädchen mit zuckenden Gliedern zu Boden.
    »Die Mächte der Finsternis haben uns erhört!« rief eine fanatische Stimme.
    Dorian hatte das Gewölbe erreicht. Jetzt sah er den Zeremonienmeister, der die Jünger des Teufelskults mit seiner Stimme aufpeitschte und sie zur Raserei brachte. Er stand auf einem Podest und war von einem Dutzend Gestalten in Kapuzenmänteln umringt.
    Insgesamt waren nicht mehr als sechzehn Teufelsanbeter anwesend; dennoch war es eine erschreckend hohe Zahl, wenn man bedachte, daß sie als Opfer für die Vampire auserkoren waren.
    Dorian konzentrierte sich auf den Zeremonienmeister.
    Er reckte plötzlich die Arme in die Höhe. In seiner einen Hand blitzte ein langer, gekrümmter Dolch, in der anderen hielt er einen Totenschädel. Der Größe nach zu schließen handelte es sich um den Schädel eines Kindes. Der Zeremonienmeister stieß die Arme gegen
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