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0305 - Im Rattentempel

0305 - Im Rattentempel

Titel: 0305 - Im Rattentempel
Autoren: Jason Dark
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zogen ihren beladenen Karren hinter sich her, begleitet vom Gekläff struppiger Straßenköter und schwarzer Fliegenschwärme, die über den Karren schwirrten.
    Mandra Korab schaute sich um. Er hatte seine Unterlippe vorgestülpt, die Augenbrauen waren zur Nasenwurzel hingewandert.
    Sein Gesicht zeigte einen nachdenklichen und gleichzeitig auch verwunderten Ausdruck.
    »Hast du es vergessen?« fragte ich ihn.
    »Nein, das nicht…«
    »Aber…«, sagte Suko.
    Mandra hob die Schultern. »Hier ändert sich oft etwas. Ein Wirbelsturm, eine Überschwemmung, und die Hütten sehen nie so aus, wie sie vorher mal ausgesehen haben. Das gleiche gilt für die Straßen. Auch sie zeigen nach den Natureinbrüchen jedesmal das gleiche Bild. Alles ist verändert, die Behausungen stehen woanders, niemand findet sich zurecht. Das ist schon alles ziemlich schwierig.« Mandra streckte seinen Arm aus. »Ich glaube, daß wir uns nach rechts wenden müssen.«
    Er nickte sich selbst zu. »Ja, genau, nach rechts.«
    »Dann los«, sagte ich.
    »Oder willst du mal fragen?« schlug Suko vor.
    »Wäre auch nicht schlecht.«
    Mandra verließ uns, um nach ein paar Schritten stehen zubleiben.
    Er hatte einen der fliegenden Händler angesprochen. Der Mann hielt seinen Karren an. Er grinste und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Ein seltsames Benehmen, wie ich fand.
    Gleich darauf verstand ich es, denn Mandra griff in die Tasche und holte einen Geldschein hervor. Den ließ der Händler blitzschnell verschwinden. Danach erst war er zu einer Auskunft bereit.
    Er gestikulierte, redete mit Mandra und wies schräg nach links über seine Schulter hinweg. Dabei deutete sein ausgestreckter Zeigefinger auf eine Hütte, die wie alle anderen aussah.
    Mandra nickte und kam wieder zurück, während der Händler seinen Karren weiterzog.
    »Alles klar?« fragte ich den Freund.
    »Ja. Wir müssen über die Straße.«
    »Dann komm endlich!«
    »In Indien braucht man Zeit«, klärte mich Mandra auf. »Wirklich, John, du wirst es sehen. Schließlich bist du nicht zum ersten Mal hier – oder?«
    »Das schon, aber ich werde das Gefühl nicht los, daß wir uns beeilen müssen.«
    »Der Vorsprung des Vampir-Barons ist einfach zu groß«, stand Suko mir zudem bei.
    Da hatte er ein wahres Wort gesprochen. Genaues konnten wir nicht sagen, schätzten jedoch, daß sich der Vorsprung auf drei Tage hinzog, und das war verdammt viel.
    Wir gingen zu der Hütte, auf die der Händler gezeigt hatte. Sie sah nicht anders als die anderen aus. Gebaut aus Wellblech und alten Pappkartons. Dazwischen Kuhmist. Ein vor Schmutz schon starr gewordener Vorhang verdeckte den Eingang.
    Mandra öffnete ihn.
    Wir schauten in eine dunkle Höhle, in der weiter hinten ein rotes Auge glühte.
    So glaubten wir jedenfalls, als sich der Vorhang hinter uns wieder schloß.
    Eine andere Welt hatte uns aufgenommen. In dieser Behausung war nichts mehr von dem Trubel der schmalen Straße zu spüren.
    Seltsam kam uns die Ruhe vor, denn der Lärm von draußen drang nur sehr gedämpft an unsere Ohren. Suko und ich waren überrascht, wie groß sich das Innere der Hütte vor unseren Augen ausbreitete. Damit hätten wir nicht gerechnet, und das Feuer im Hintergrund strahlte eine gewisse Wärme ab.
    Wir hörten eine leise Stimme, konnten sie aber genau verstehen.
    Mandra nickte.
    »Was hat der Mann gesagt?« wollte ich wissen.
    »Er hat meinen Namen genannt.«
    »Was?«
    Mandra lächelte knapp. »Ja, es hat sich herumgesprochen, daß Fremde unterwegs sind. Der Weise erfährt alles, was hier in dieser Gegend geschieht.«
    »Die Kommunikation funktioniert also«, stellte ich fest.
    »Und wie.«
    Der Weise erwartete uns am Feuer. Die Flammen brannten in einer Schale, über der ein Kamin angebracht worden war, damit der Rauch abziehen konnte.
    Ein dünner Qualm, der träge und flatternd in die Höhe zog, um aufgesaugt zu; werden.
    Neben dem Feuer hockte der Weise auf einer Kiste. Im Widerschein der Flammen sah er aus wie ein Geist aus den Märchen des Orients. Er war äußerst mager, seine Rippen konnte man zählen, der Hals schien nur aus Falten zu bestehen, das Gesicht war ebenfalls knochig, die Augen lagen tief in den Höhlen, die Nase war durch irgendeine Verletzung zerstört worden, und der Mund fiel in dem Gesicht ebenfalls kaum auf.
    Er schaute uns entgegen und nickte, als er Mandra erkannte.
    Dabei bewegte sich auch sein kunstvoll geschlungener Turban, so daß ich die Befürchtung hatte, er würde ihm vom Kopf
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