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0305 - Im Rattentempel

0305 - Im Rattentempel

Titel: 0305 - Im Rattentempel
Autoren: Jason Dark
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fallen.
    Das geschah nicht.
    Als Sitzgelegenheiten dienten alte Kisten. Wir mußten uns jeder eine nehmen und ließen uns um das Feuer nieder. Der Weise bewegte sich, holte Kuhdung und schleuderte ihn in die Flammen. Sofort wurde der Rauch dichter, eine Übelkeit erregender Gestank breitete sich aus, und ich hielt erst einmal den Atem an.
    Lange würde ich es in dieser Bude nicht aushalten, das stand für mich fest.
    Ich irrte mich. Der Abzug funktionierte gut, und der stinkende Rauch verschwand allmählich.
    Mandra stellte uns vor. Er sprach plötzlich Englisch, und der Weise antwortete auch in dieser Sprache.
    »Daß du den Weg wieder einmal zu mir gefunden hast, dafür möchte ich dich loben, Mandra.«
    Unser Freund lächelte. »Was der Vater mir als Erbe hinterlassen hat, werde ich nicht ohne Grund ablegen.«
    »Es ist gut, wenn die Söhne so denken. Dein Vater war ein sehr weiser Mensch. Von dir hört man das gleiche.«
    »Das Kompliment gebe ich gern zurück. Nur, bitte, jetzt sei mir nicht böse, ich verstehe nicht, daß du noch immer in dieser Hütte hier sitzt und nicht längst woanders deine Behausung aufgeschlagen hast.«
    Der Mann mit dem großen Turban nickte. »Das ist vielleicht richtig. Aber ich bin hier geboren, ich stamme aus der Gegend und kenne die Geheimnisse. Ich fühle mich denen verbunden, die darben und Hunger leiden. Kannst du das begreifen, Mandra? Würde ich gehen, käme ich mir wie ein Verräter vor und müßte all die im Stich lassen, die sich bei mir Rat und Trost holen. Es sind nicht wenige.«
    »Das glaube ich gern.«
    Suko und ich bekamen Hochachtung vor diesem Mann, der so stolz im Kreuzsitz dasaß und dessen Alter für uns nicht bestimmbar war. Der Widerschein des Feuers spiegelte sich in seinen Augen und gab den Pupillen einen seltsam roten Glanz.
    Dieser Mann war wirklich außergewöhnlich. Indien barg in der Tat zahlreiche Überraschungen.
    »Wer zu mir kommt, sucht Rat«, fuhr der Weise mit seinem Gespräch fort. »Auch dir wird es nicht anders ergehen, Mandra. Sag, was ich für dich tun kann.«
    Mandra Korab nickte. In den nächsten Minuten wunderte ich mich über ihn. Der sonst so schweigsame und verschlossen wirkende Freund aus Indien sprang hier über seinen eigenen Schatten und berichtete dem Weisen von unseren jüngsten Abenteuern, die hinter uns lagen. Er sprach von den sieben Dolchen, die ihm gestohlen worden waren und die er gern wieder in seinem Besitz hätte, damit er seinen Kampf gegen das Böse fortführen konnte. Drei Dolche befanden sich bereits wieder in seinem Besitz. Es fehlten noch vier, und mit einem davon sollte die Rattenkönigin erweckt werden.
    Selbst der alte Mann, der sich eigentlich nicht geregt hatte, schaute hoch, als Mandra den Namen erwähnte.
    »Die Rattenkönigin?« wiederholte er.
    »Ja.«
    »Da kann es sich eigentlich nur um Karni-Mata handeln.«
    Dieser so leicht ausgesprochene Satz bewirkte bei Mandra einen leichten Schock. Selbst im Widerschein des Feuers erkannten wir, daß unser Freund seine Gesichtsfarbe wechselte. Wahrscheinlich wurde er blaß, und er hob beide Hände. »Kann das stimmen?«
    »Ja«, erwiderte der Weise. »Es deuten Anzeichen darauf hin, daß Karni-Mata wieder aktiv wird.«
    »Aber die Sekte gibt es nicht mehr. Der Tempel ist verlassen. Die Ratten…«
    Der Weise schüttelte den Kopf. »Es sind Anzeichen vorhanden, daß die Sekte dennoch existiert. Gerade in der letzten Zeit haben wir eine Aktivität der Ratten beobachtet. Sie sind angriffslustiger geworden. Sie haben sich viele Menschen geholt, sie stillen ihren Hunger. Mütter kamen zu mir und zeigten mir ihre Kinder. Es war schrecklich, und ich habe auch Diener der Karni-Mata sehen können.«
    »Hier?«
    »Ja. Sie warben für die Königin, denn sie waren sicher, daß sie bald erwachen würde.«
    Das stimmte genau mit dem überein, was wir auch von dem Baron von Tirano gehört hatten.
    »Habt ihr etwas dagegen getan?« fragte Mandra.
    »Nein. Was sollten wir tun?«
    »Aber schon einmal sind die Ratten zurückgeschlagen worden. Der Tempel ist verlassen…«
    »Nichts ist endgültig, mein Freund. Das müßtest du doch wissen. Hat man dich das nicht gelehrt?«
    »Entschuldige.« Mandra senkte den Kopf. Für eine Weile schwieg er.
    Ich aber war ungeduldig und wollte Näheres wissen. Leise fragte ich:
    »Was ist denn mit den Ratten?« Ich mußte Mandra ein zweites Mal ansprechen, um eine Antwort zu bekommen.
    »Karni-Mata, die Rattenkönigin, hat vor Jahren einen großen
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