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0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

Titel: 0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen
Autoren: Der Tod schminkt sich die Lippen
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noch an der Arbeit, als wir, Phil und ich, etwa eine Stunde nach Mitternacht auf dem Schuttabladeplatz erschienen.
    Ein Sektor des Platzes lag im scharfen Licht der Standscheinwerfer, und inmitten des Lichtkreises lag unter einer Segeltuchplane ein Mensch im Schmutz und Abfall der Großstadt. Das düstere, fensterlose Gebäude der Müllverbrennungsanlage überragte den Schauplatz des Verbrechens.
    Die Kommission wurde von Inspektor Rank geleitet.
    »Wir wollen gerade einpacken«, sagte er, nachdem er uns begrüßt hatte. »Mit Spuren können wir auf dem Gelände ohnedies nicht rechnen. Ein Wunder, daß sie überhaupt gefunden wurde. Es hätte leicht passieren können, daß sie über die automatische Beschickungsanlage in den Verbrennungsofen gerutscht wäre.«
    »Warum geschah es nicht?«
    Rank zeigte auf einen Mann im Overall.
    »Das ist Mister Meadow, der Platzmeister. Er kann es Ihnen besser erklären als ich.«
    »Bei diesen Temperaturen friert die automatische Beschickungsanlage ein«, erklärte der Platzmeister. »Außerdem können wir die Öfen nicht kontinuierlich füttern, weil der Müll zu feucht ist und die Verbrennungszeiten höher sind als im Sommer.«
    »Kann irgendein Fremder — ich meine jemanden, der normalerweise nichts mit diesem Schuttplatz zu tun hat, feststellen, ob die Beschickungsanlage in Betrieb ist?«
    Der Platzmeister rückte an seiner Mütze.
    »Na klar, Mister. Der Brecher zur Schuttzerkleinerung, der zwischengeschaltet ist, macht ’nen Höllenkrach. Wenn es hier still ist, weiß jeder in der Umgebung, daß die Beschickungsanlage nicht läuft. Außerdem kann man es sehen. Ohne die Automatik häuft sich der Müll natürlich schnell an.«
    »Danke, Mister Meadow. Die Mörder konnten also damit rechnen, daß die Ermordete gefunden wurde.«
    »Möchte wissen, welches Interesse sie daran gehabt haben sollten?« brummte der Inspektor.
    »Hat Ihr Arzt sich die Tote angesehen?«
    »Ja, er ist drüben im Einsatzwagen.« Wir gingen hinüber. Der Einsatzwagen war so etwas wie ein fahrbares Laboratorium mit Abteilungen zur Spurensicherung.
    Der Arzt wusch sich die Hände.
    Rank stellte uns vor.
    »Was haben Sie feststellen können, Doc?«
    »Die Tote ist eine junge Frau, schätzungsweise zwischen 22 und 25 Jahre alt. Sie wurde vor etwa 24 Stunden ermordet, aber nicht auf dem Platz. Ich nehme an, daß sie in den ersten Morgenstunden hergebracht wurde. Ab 4 Uhr morgens befinden sich nämlich keine Arbeiter hier. Sie kommen erst um 6 Uhr, wenn die ersten Müllwagen aus der Stadt abladen.«
    Er blickte kurz zu Rank hinüber. »Entschuldigung, Inspektor, Das gehört nicht in mein Ressort. Getötet wurde sie wahrscheinlich durch Erwürgen. Ich glaube, Druckspuren am Hals entdeckt zu haben, aber außerdem sind ihr schreckliche Schläge mit einem schweren Gegenstand versetzt worden. Ihr Gesicht ist völlig entstellt.«
    »Wie ist sie bekleidet?«
    »Ein schwarzes, anscheinend recht teures Kleid. Goldarmband am rechten Handgelenk, keine Schuhe.«
    »Kann ich die Bilder sehen?«
    Der Inspektor winkte einem der Techniker. Der Mann nahm zwei noch feuchte Aufnahmen aus einer Schale und reichte sie uns. Phil und ich haben Hunderte von diesen Aufnahmen gesehen, die die Mordkommission von den Opfern der Verbrechen macht, aber ich mußte trotzdem die Zähne aufeinanderbeißen.
    Ich gab die Bilder zurück.
    »Keine Hinweise auf den Namen?« Rank schüttelte den Kopf.
    »Nein, keine Ausweispapiere. Auch keine Initialen im Kleid oder in der Wäsche.«
    »Sie haben eine Tasche neben der Toten gefunden.«
    »Ja, hier ist sie.«
    Es war eine einfache braune Tasche aus Leder mit zwei Bügeln und einem Reißverschluß.
    »Der Inhalt?«
    »Das hier.« Er zeigte auf die Gegenstände, die auf einem kleinen Tisch nebeneinanderlagen: eine Puderdose, ein Kamm, zwei Lippenstifte, zwei Pakete Dollarscheine.
    »Wieviel Geld ist das?«
    »Zwölfhundert Dollar.«
    »Ziemlich viel Geld.«
    Der Inspektor rieb sich das Kinn. »Ich habe auch schon darüber nachgedacht. Ich glaube, daß der Doc sich irrt, und daß das Girl doch hier getötet wurde.«
    »Sie ist vor rund vierundzwanzig Stunden ermordet worden«, wiederholte der Arzt mit einem Unterton von Schärfe in der Stimme, »das heißt, etwa um Mitternacht. Um Mitternacht aber laufen auf dem Schuttplatz fast zwanzig Arbeiter herum, und so groß ist der Platz nicht, daß ein Mord unbemerkt begangen werden könnte. Außerdem brennen die Bogenlampen bis 4 Uhr. Nur ein Verrückter
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