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0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen

Titel: 0305 - Der Tod schminkt sich die Lippen
Autoren: Der Tod schminkt sich die Lippen
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er seine Kanone wieder hervor.
    Ich schob den Lauf der Waffe vorsichtig von mir weg.
    »Hübscher Wildwest-Trick«, brummte ich. »Verkauf ihn den Flimmermanagern in Hollywood.«
    Er steckte das Schießeisen weg, nicht in eine Schulterhalfter, sondern hinter den Gürtel.
    »Lege wenigstens den Sicherungshebel herum«, riet ich ihm, »sonst jagst du dir eines Tages eine Kugel in die große Zehe.«
    »Ich verliere eine Zehntelsekunde, wenn ich die Kanone sichere«, antwortete er.
    Die rothaarige Frau an der Theke verließ in diesem Augenblick Bens Bude. Die freundlichen Beziehungen zu dem Kerl mit dem brutalen Gesicht schienen nur von kurzer Dauer gewesen zu sein, denn sie ging mit einer brüsken Bewegung. Der Kerl schien nachzudenken, dann schob er den Hut ins Genick und folgte der Frau.
    Ich stand auf.
    »Dank für die Einladung!« rief ich dem Milchgesicht zu, schnappte mir meinen Mantel und streifte ihn über, während ich die Kaschemme verließ.
    Der Wind, der in dieser Nacht durch New Yorks Straßen pfiff, war so kalt, als käme er direkt aus Alaska. Fast eine Woche lang hatte es geschneit und vorübergehend war New York weiß gewesen wie ein Wintersportkurort, aber jetzt hatten die Auspuffgase von fast zwei Millionen Autos, die Füße von acht Millionen Menschen und der Dreck aus einigen hunderttausend Kaminen den Schnee in eine grauschwarze Masse verwandelt, in der die Menschen herumstapften wie in Vulkanasche.
    Ich sah den rötlichen Haarschopf der Frau im Licht einer Straßenlaterne aufleuchten. Sie bog von der Sullivan Street in die Hester Street ein. Dicht hinter ihr war der Mann, mit dem sie in der Kneipe gesprochen hatte.
    Ich folgte den beiden, und als ich in die Hester Street einbog, sah ich, daß sie zusammen am Rande des Gehsteiges standen. Der Mann hielt einen Arm der Frau gepackt.
    Ich ging schneller.
    »Schließlich habe ich drei Drinks investiert«, sagte der Mann mit rauher Stimme.
    »Lassen Sie los!« befahl die Frau. »Oder…« Er lachte meckernd auf. »Was… oder, Baby? Willst du mich etwa aufs Kreuz legen?«
    Jetzt war ich heran.
    Er spürte meine Hand auf seiner Schulter und wandte den Kopf.
    »Pfoten weg«, sagte er, ohne den Arm der Frau loszulassen.
    »Ich glaube, die Lady würde lieber auf deine Gesellschaft verzichten.«
    »Hast du Sehnsucht nach einem Krankenhaus?«
    Er schlug ohne weitere Warnung zu. Viel Erfolg batte er mit diesem ersten, hochgerissenen Haken nicht. Ich blockte ihn ab, wich zwei Schritte zurück. Sein zweiter Schlag streifte mein Ohr.
    Ich ließ ihn zum drittenmal kommen, stoppte ihn mit zwei kurzen Geraden und setzte einen mittleren Haken hinterher, den er voll einfing. Er stolperte rückwärts und fiel in einen Schneehaufen am Straßenrand. Eine halbe Minute lang saß er verblüfft da und schüttelte den Kopf, um sein Gehirn wieder klarzubekommen. Dann krabbelte er auf die Füße und sauste davon. Er lief stolpernd die Hester Street hinunter, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Die Rothaarige hatte sich bis an die Mauer des nächsten Hauses zurückgezogen.
    »Ich glaube, ich bin gerade rechtzeitig gekommen«, sagte ich.
    Sie lachte leise. »Glauben Sie?«
    »Es sah nicht so aus, als befanden Sie sich in einer angenehmen Situation.«
    »Sie kamen eine Minute zu früh. Der-Gentleman hätte mich auch ohne Ihre Hilfe losgelassen.«
    »Sie irren sich. Solche Typen sind brutal«
    Wieder lachte sie leise. »Ich verstehe es, auch mit brutalen Männern fertig zu werden.«
    »Überschätzen Sie sich nicht, aber wenn Sie so gefährlich sind, lade ich Sie zu einem Drink ein.«
    »Danke«, sagte sie kalt. »Für heute habe ich genug von Burschen aus Bens Kaschemme.«
    »Sie sollten nicht alle in einen Topf werfen. Außerdem habe ich mir einen kleinen Anspruch auf Ihre Dankbarkeit erworben. Ich habe eine Schwäche für Frauen mit Ihrer Haarfarbe, weil ich als Baby von ’ner Pflegerin betreut wurde, die rothaarig war und besonders süßen Pudding kochte. Seitdem genügt der Anblick von…«
    Ich dachte, ich könnte sie zum Lachen bringen, aber sie zischte mich an:
    »Hören Sie! Ich gebe Ihnen fünf Sekunden, um zu verschwinden.«
    Ich hörte das leise Schnappen, als sie das Schloß ihrer Handtasche aufspringen ließ. Ich richtete mich darauf ein, ihr Handgelenk zu fassen, falls sie versuchen sollte, eine Pistole aus der Tasche zu ziehen.
    Es kam nicht mehr dazu.
    Drei Schüsse peitschten durch die Nacht, drei Schüsse aus einer schweren Pistole, die in der Sullivan Street
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