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03 - komplett

03 - komplett

Titel: 03 - komplett
Autoren: 2 Romane
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erfüllte ihn mit Genugtuung – offensichtlich war er ihr nicht völlig gleichgültig.
    Während er vorgab, sich mit seinem Stiefbruder zu unterhalten, blieb er so stehen, dass er Rachel diskret beobachten konnte. Sein Blick glitt über ihre anmutige, in schillernde blaue Seide gekleidete Erscheinung. Ihre blonden Locken waren kunstvoll angeordnet, ihr schlanker Hals erinnerte an makellosen Alabaster. Eine wahre Göttin, spottete Connor insgeheim, zuckte aber dennoch leicht zusammen, da dieser Gedanke der Wahrheit für seinen Geschmack viel zu nahekam. Seit er ihr zu Beginn der Woche begegnet war, hatte er ständig an sie denken müssen. Widerwillig gestand er sich ein, dass sie trotz ihrer fünfundzwanzig Jahre so schön war wie eh und je. Und ebenso verlockend und begehrenswert wie die Neunzehnjährige, die ihm den Verstand geraubt hatte. Ihre Figur war jetzt etwas weiblicher und somit noch aufregender.
    Wie sehr hatte sie ihn in Versuchung geführt damals! Vor sechs Jahren war ihm nicht entgangen, dass sie ihre herausfordernden Blicke auch auf andere Gentlemen gerichtet hatte. Doch Connor war sich der Gepflogenheiten des ton bewusst gewesen. Er wusste, eine Dame – besonders wenn deren Ruf durch eine offizielle Verlobung beschützt wurde – hatte das Recht auf einen Kreis von Bewunderern.
    Hätte er sich seine Eifersucht anmerken lassen, hätte man das als unnötig und geschmacklos empfunden. Oft war seine Geduld auf eine harte Probe gestellt worden. Er erinnerte sich an einen bestimmten Abend in den Vauxhall Gardens, an dem Rachels Flirt mit einem ihrer Bewunderer eindeutig zu weit ging. Connor war im Begriff gewesen, sie zu packen und in ein Gebüsch zu zerren, um ihr zu zeigen, was geschehen konnte, wenn sie erregte Männer an den Rand ihrer Selbstbeherrschung brachte. Dann allerdings hatte sie ihn angelächelt, als würde ihr außer ihm niemand etwas bedeuten.
    Also hatte er sie gewähren lassen. Er war verliebt in sie gewesen, also hatte er seinen Zorn geschluckt und sein Verlangen nach ihr im Zaum gehalten, obwohl es ihn fast umbrachte. Insgesamt hatte er sich so verhalten, wie Rachel es sich wünschte.
    Zumindest war er davon ausgegangen. Doch wie sehr hatte er sich geirrt. Sie hatte ihn nie wirklich gewollt. Für sie war alles nur ein kindisches Spiel gewesen, das sie nach ihren ganz persönlichen Regeln gespielt hatte.
    Zu seinem Ärger konnte er nicht den Blick von ihr nehmen. Nach einer Weile schien ihr aufzufallen, dass er sie mit kaum verhohlenem Verlangen musterte. Sie wandte sich halb zu ihm um, als wollte sie ihn mit einem strengen Stirnrunzeln zurechtweisen. Stattdessen legte sie dann eine Hand an die Wange, zupfte verlegen an einer Locke und kehrte ihm gleich darauf ganz bewusst den anmutigen Rücken zu.
    Connor verzog den Mund zu einem boshaften Lächeln. Die aufreizende kleine Hexe mit dem herausfordernden Blick gab es also nicht mehr. Vermutlich hatte ihr inzwischen ein Mann, der über entschieden weniger Geduld verfügte als er, eine dringend nötige Lektion in Bescheidenheit und Anstand erteilt. Connor hatte gehört, dass sie im Lauf der Jahre mehrere Verlobungen gelöst hatte und eigentlich bereits als alte Jungfer galt. Allerdings nicht wegen ihres Alters, denn dazu war ihre Mitgift ein zu großer Anreiz, sondern weil man sie allgemein für herz- und gefühllos hielt.
    Und wirklich strahlte sie eine ruhige Gelassenheit, ja, fast Unnahbarkeit in ihrem eisblauen Kleid aus, das genau zu ihren Augen passte, an die er sich noch sehr gut erinnerte.
    Von dem Moment an, da er entdeckt hatte, wie sie gelassen und zufrieden mit ihrer Freundin im Landauer gesessen und geplaudert hatte, war in ihm der Wunsch wach geworden, sie auf irgendeine Weise aus dem Gleichgewicht zu bringen. Als sie dann allerdings von allen Seiten von streitlustigen Männern bedrängt worden war, hatte ihre missliche Lage ihn nur wenige Augenblicke unterhalten. Gleich danach hatte er sich auf den Weg gemacht, um ihr zu helfen. Warum er jene letzte dumme Bemerkung gemacht hatte, war ihm allerdings ein Rätsel. Wahrscheinlich wieder nur, um sie zu verunsichern.
    Und jetzt spürte er den Drang, es erneut zu tun. Er wollte ihren Stolz brechen und ihr absichtlich Schmerz zufügen, so wie sie ihm Schmerz zugefügt hatte. Er wollte derjenige sein, durch den sie ihre gerechte Strafe bekam. Was eigentlich sehr seltsam war. Vor sechs Jahren hatte er sich und viele andere davon überzeugen können, dass Rachels Verlust und die
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