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03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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nicht aus Lagos zu euch gekommen, wenn meine eigene Nachfolgerin mich nicht vertreten würde! Ich habe Zeit genug.“ In ihrem
    Compound, einer aus vielen Häusern bestehenden Anlage, behandelte sie Patienten und bildete gleichzeitig junge Frauen zu Heilerinnen aus.
    Inzwischen gab es einige Frauen, die in ihre Fußstapfen getreten waren.
    Doch die vielen Aufgaben zehrten an der über 60-Jährigen. So gesehen war das Leben bei uns wesentlich ruhiger, und ich hatte den Eindruck, ein wenig Erholung täte meiner mütterlichen Freundin ganz gut.
    Amara seufzte und setzte sich auf die Bettkante. Ich erinnerte mich an meine eigenen Gefühle in solchen Momenten: Als Heilerin hat man für so viele Menschen zu sorgen, darf keinen aus den Augen verlieren und muss dennoch ein Ohr für jeden Kummer haben.
    „Deine Tagesarbeit wartet auf dich, geh nur, ich bin eine geduldige Kranke“, sagte ich und versuchte ein Lächeln. Es misslang mir prompt.
    Amara wusste so gut wie ich, dass Geduld noch nie meine Stärke gewesen war. Stets war mein Kopf voller Pläne und Ideen gewesen. Meine Gesundheit hatte damit nicht Schritt halten können ..
    Amara rutschte ein Stück zu mir und hielt meine
    Hand. „Du hast immer mit dieser Bedrohung gelebt, Choga. Du wusstest, dass das Virus nur in deinem Körper schlief. Jetzt ist es erwacht. Wir dürfen uns beide nichts vormachen: Du hast Aids. Wenn du nicht sofort dein Leben daran ausrichtest, kann ich dir nicht helfen.“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Und du dir auch nicht.“ Fürsorglich zog sie die Decke bis an mein Kinn. „Schon dich. Mehr kannst du im Moment nicht für dich tun.“ Sie seufzte. „Und für alle anderen in diesem Haus. Vor allem für Josh.
    Der Junge braucht seine Mutter.“ Nun stand sie langsam auf und blickte zu mir herunter. „Ich bringe dir gleich deine Medizin“, sagte sie noch, bevor sie hinausging.
    Im Stockwerk über mir machten sich meine Gefährtinnen und die Kinder bereit für einen neuen Tag. Ich hörte ihre Schritte. Josh, der sich ein Zimmer mit den Schwestern Zuna und Baina teilte, erkannte ich immer sofort. Er sauste die Treppe hinunter. Sein erster Ruf an diesem Morgen galt mir: „Mama? Bist du in der Küche?“
    Dort hätte ich sein sollen .. Amara antwortete ihm und ich verstand durch die dünnen Wände jedes Wort. „Leise, Josh, sie hat sich wieder hingelegt.“
    „Ist Mama noch nicht gesund?“ In der Stimme des Sechsjährigen schwang deutliche Enttäuschung.
    „Sie muss ein wenig auf sich aufpassen“, antwortete Amara und fügte gleich mahnend hinzu: „Aber du auch, Josh. Du hast gerade eine Lungenentzündung überstanden. Tobe nicht so wild herum.“
    Die Holzbohlen direkt vor meiner Zimmertür knarrten. Sekunden später streckte mein Kind seinen Kopf mit den wilden kleinen Locken durch den Spalt und flüsterte: „Mami? Schläfst du?“
    „Ist schon okay. Komm rein, Schatz.“
    Erleichtert stürmte er mir entgegen und stürzte sich auf mein Bett, um sich an mich zu kuscheln. Ich zuckte ein wenig zusammen, denn selbst die Berührung mit dem leichten Körper meines Kindes tat weh.
    Josh fragte verwundert: „Machst du heute nicht Mama Chogas Tee?“ So nannten er und die anderen Kinder die vor Jahren von Amara und mir entwickelte Medizin, die unsere Gesundheit möglichst lange erhalten sollte.
    „Amara löst mich eine Weile ab“, sagte ich ausweichend.
    Seitdem ich Josh hatte, wollte ich immer nur eines: ihn beschützen. Seine Gesundheit zu stärken, war das eine. Mindestens ebenso wichtig war, ihm die Unbeschwertheit zu bewahren, mit der jedes Kind aufwachsen sollte.
    Mein Sohn hatte die erste Lungenentzündung bereits mit einem Jahr bekommen. Schonungslos hatte sie mir die Unausweichlichkeit seines Schicksals deutlich gemacht. Ich musste erst jetzt einsehen, dass wir beide gleichermaßen betroffen waren. Doch das sollte er nicht wissen. Ich hatte ihm nicht gesagt, dass er Aids hat. So wollte ich es auch in meinem Fall halten: Die mögliche Nähe des Todes sollte er auf keinen Fall spüren.
    Bislang war es mir und meinen Lieblingsmamas, die sich ebenso wie alle Gefährtinnen an unser Schweigegebot hielten, gelungen, ihm eine unbekümmerte Kindheit zu schenken. Ebenso wie den anderen vier Kindern in diesem Haus, die Joshs Schicksal teilten. Zwar war bei ihnen Aids noch nicht ausgebrochen. Doch wir lebten alle nur von geborgter Zeit.
    Eine der Möglichkeiten, um Josh und die Mädchen fröhlich zu machen, war unsere Hündin Hope. Ein
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