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03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe
Autoren: Heather Graham
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um in die Festung zurückzukehren. Und so war er auch dabeigewesen, als sein Sohn im Herbst 885 das Licht der Welt erblickt hatte. Er bestand darauf, den jungen nach seinem verstorbenen Schwiegervater Manon Robert zu nennen, und bald wurde der Kleine Robbie genannt. Er sah genauso aus, wie Melisande es erwartet hatte - goldblond, mit strahlendblauen Wikingeraugen. Das kerngesunde, lebhafte Baby brachte mit seinem durchdringenden Gebrüll den ganzen Haushalt zum Lachen.
    Während der Wehen hatte Conar in der Halle gesessen, mit seinem Vater und Mergwin Ale getrunken. Inzwischen wurde Melisande von Erin und Daria betreut. Anlässlich des freudigen Ereignisses waren sie alle zu Besuch gekommen. Kurz vor der Geburt eilte Conar nach oben ins Schlafzimmer, hielt die Hand seiner Frau und hörte sich geduldig all die Schimpfnamen an, die sie ihm an den Kopf warf. Lächelnd meinte Erin, in einem solchen Augenblick dürfe eine Frau alles zu ihrem Mann sagen, was ihr beliebte, und müsse sofortige Verzeihung erlangen.
    Und so nickte er zustimmend, wenn sie ihn verfluchte und seine Hand so fest umklammerte, dass sie ihm fast die Finger brach, hielt sie fest, wenn sie sich schreiend aufbäumte.
    Alles Leid war vergessen, sobald sie Robbie in den Armen hielt. Die ganze Familie schwirrte um ihn herum, und die arme Marie de Tresse beschwerte sich, weil sie das Baby nie für sich allein hatte. Conar vergötterte seinen Sohn und genoss die kostbaren Augenblicke, die er mit Melisande im Bett lag, sie gemeinsam das Kind liebkosten, die winzigen Finger und Zehen bewunderten und sich sein künftiges Schicksal ausmalten.
    Manchmal fühlte sich Melisande fast schuldig, weil sie so glücklich war, während ein Großteil des Landes Höllenqualen ausstand. Sie bewohnte ein wunderschönes Zuhause, wo Ragwald und Mergwin, stundenlang über den Himmel und die Sterne, über Chemie und Medizin - und über die Zukunft diskutierten. Leben und Herzenswärme erfüllten die starken Mauern, vor allem seit Robbies Geburt, und Melisande wünschte, ihr Vater könnte sehen, was aus seiner Festung geworden war.
    Doch das Grauen, das Frankreich peinigte, führte Conar immer wieder von seinem Schloss fort. Gegen Ende des Jahres 886 kehrte Ludwig der Dicke nach Paris zurück. Obwohl Odo verlangte, der König müsse gegenüber den Eindringlingen einen starken Standpunkt vertreten, bezahlte er sie für die Versprechungen, die sie ihm machten - worauf sie ihm den Rücken kehrten und das Land weiterhin verwüsteten.
    Conar gelangte ebenso wie Graf Odo zu Ruhm und Ehren. Als ausländischer Prinz und Herr der Wölfe zählte er bald zu den berühmtesten fränkischen Adelsherren. Odo übertrug ihm weitere Ländereien, und die dänischen Streitkräfte wagten sich nur selten an die mächtige Festung heran.
    Auch im Herbst 887 segelten Olaf und Erin zur fränkischen Küste. Der König von Dubhlain ritt mit seinem inzwischen fast zweijährigen Enkel aus, während Melisande am Bach saß, entfernte sich aber nicht allzu weit von ihr. Seit ihrer Entführung verließ sie das Haus nur noch, wenn jemand in ihrer Nähe blieb. Vor einigen Tagen war Conar abgereist, um eine Besprechung mit Odo und den anderen Aristokraten abzuhalten, und sie vermisste ihn sehr.
    Da ihr Schwiegervater wusste, wie sehr sie den Bach liebte, hatte er diesen Ausflug vorgeschlagen. Bald würde ihr die kalte Jahreszeit die erholsamen Stunden am Ufer verwehren. Sie hatten Brot, Käse, Ziegenmilch und Wein mitgenommen und im Schatten der Bäume eine köstliche Mahlzeit genossen. Nun ritt Olaf mit Robbie durch den Wald, und Melisande träumte unter dem bunten Blätterdach vor sich hin. Alles hatte sich zum Guten gewendet, trotz der Gewitterstürme, die ihr Eheglück manchmal immer noch trübten, aber stets von hellem Sonnenschein vertrieben wurden.
    Als sie Hufschläge hörte, drehte sie sich um, und vor Freude schlug ihr Herz schneller. Conar war zurückgekehrt. Hoch aufgerichtet saß er auf seinem Rappen Thor, in Rüstung und Helm, den feuerroten Mantel um die Schultern. Wie unbesiegbar und überwältigend er aussah, ihr goldblonder Wikinger …
    »Conar!« rief sie leise und versuchte, sich zu erheben.
    »Nein, warte auf mich!« befahl er, schwang sich aus dem Sattel und warf achtlos den Helm beiseite.
    »Ich kann aufstehen!« beharrte sie, obwohl sie sich im neunten Monat ihrer zweiten Schwangerschaft nur mühsam bewegen konnte.
    »Eigensinnig wie immer!« tadelte Conar. Nach einem weiteren vergeblichen
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