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0299 - Der Schatten kommt auf leisen Sohlen

0299 - Der Schatten kommt auf leisen Sohlen

Titel: 0299 - Der Schatten kommt auf leisen Sohlen
Autoren: Der Schatten kommt auf leisen Sohlen
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rot geschminkten Lippen.
    Wir ließen ihr Zeit. Eines stand jetzt schon fest: Martin pelane war ihr nicht gleichgültig gewesen. So erschrickt niemand, der nicht tief getroffen ist.
    Als sie die erste Schrecksekunde überwunden hatte, stürzte sie den Whisky in einem Zug hinunter. In ihren Augen schimmerte es feucht. Die angenehme Stimme hatte jetzt einen krächzenden Klang. Man spürte, wie sehr sich die Frau zusammennehmen mußte, um nicht einen hysterischen Anfall zu erleiden.
    »Wie — wie ist denn das so schnell gekommen?« erkundigte sie sich.
    »Er wurde um acht entlassen«, sagte ich. »Ein paar Minuten später stand er vor dem Zuchthaus-Tor und sah sich bedächtig um, so, als könne er an seine Freiheit noch nicht glauben. Plötzlich war ein Hubschrauber da. Er senkte sich bis fast auf die Straße. Eine Maschinenpistole ratterte, ohne daß man sie im Lärm der rotierenden Luftschraube hören konnte — und dann war es auch schon passiert. Er war sofort tot.«
    Veras Gesicht war hart geworden.
    Sie stand auf und ging zum Telefon. Nachdem sie gewählt hatte, sagte sie: »George, du mußt sofort kommen. — Nein, sofort. Es ist etwas passiert. — Ja, ich warte. Aber beeil dich!«
    Sie legte den Hörer auf, fuhr sich mit einer schmerzlichen Gebärde über die Stirn und ging auf unsicheren Beinen in die Küche. Sie kam mit der Whiskyflasche wieder.
    Wir warteten auf ihre nächste Reaktion. Sie schenkte sich ihr Glas halbvoll und stürzte diese Whiskymenge in einem Zug hinab. Danach seufzte sie.
    »Wen haben Sie angerufen?« fragte Phil, als sie keine Anstalten machte, etwas zu erklären.
    »Das werdet ihr gleich sehen.«
    Sie kramte Zigaretten und Feuerzeug aus ihrer schwarzen Handtasche. Phil kam ihr zuvor und reichte Feuer. Sie, nickte nur als Zeichen des Dankes. Ein fragender Blick meines Freundes wurde von mir mit einem stummen Nicken quittiert. O ja, wir wollten abwarten, wer jetzt auf kreuzen würde.
    Es dauerte ungefähr zehn Minuten. Dann flog die Zimmertür auf. Zwei Männer kamen sehr schncll herein, blickten sich um und riefen über die Schulter zurück:
    »Okay, George!«
    Die beiden hatten sich so aufgestellt, daß sie uns im Auge behalten konnten. Und jetzt kam der Angekündigte selbst.
    Er war an die vierzig Jahre alt, hatte die Figur eines Schwergewichtsmeisters und eine ungeheure Knollennase. Aber im Gegensatz zu den meisten Kraftmenschen blickten seine Augen nicht gutmütig, sondern eiskalt. Sie taxierten uns sehr schnell und sehr kühl. Dann sagte er:
    »Nehmt ihnen die Kanonen ab!«
    Ich holte Luft und spreizte langsam die Finger.
    ***
    »Ist das hier das Vorzimmer des Bürgermeisters?« fragte der stämmige junge Arbeiter in dem dunkelbraunen Overall, während er sich neugierig umsah.
    »Ja, das stimmt«, erwiderte die Sekretärin, nahm die dunkle Hornbrille ab und schüttelte eine Locke aus der Stirn. »Was kann ich für Sie tun?«
    Der junge Arbeiter grinste. Die Sekretärin war zwar ein paar Jahre älter als er, aber sie war verteufelt hübsch, allerdings unnahbar und kalt wie ein Eisberg.
    »Sagen Sie Ihrem Boss, daß seirfe Kiste da ist.«
    »Kiste? Welche Kiste?«
    »Was weiß ich? Meinen Sie, wir gucken in die Kisten rein, die unsere Kundschaft von uns transportieren läßt?«
    »Woher kommt die Kiste?«
    »Vom Central-Bahnhof.«
    »Und wer gab Ihnen den Auftrag, sie hierherzubringen?«
    »Ihr Boss.«
    »Der Bürgermeister?«
    »Genau der.«
    »Aber davon weiß ich doch gar nichts!«
    Die Sekretärin setzte eine ungläubige Miene auf.
    Der junge Arbeiter zuckte die Achseln. Er trug ein kurzärmeliges Hemd unter seinem ärmellosen Overall. Jedesmal, wenn er sich bewegte, konnte die Sekretärin das Spiel seiner Muskeln bewundern.
    »Vielleicht sagt er Ihnen nicht alles«, meinte der junge Mann.
    Die Sekretärin erwiderte nichts, machte auf dem Absatz kehrt und klopfte leise gegen eine dunkel getäfelte Tür, durch die sie gleich darauf verschwand. Der Arbeiter versuchte, einen Blick in den dahinterliegenden Raum zu werfen, aber die Sekretärin hatte Übung darin, die Tür schnell zu schließen.
    Der Arbeiter griff in die Brusttasche seines Overalls und zog eine Packung Zigaretten hervor. Er steckte sich eine an und rauchte in tiefen Zügen.
    Die Sekretärin kam wieder zurück.
    »Das muß eine Verwechslung sein«, erklärte sie von oben herab. »Wir erwarten keine Kiste. Und der Mayor hat Ihnen auch keinen Auftrag dieser Art erteilt. Ich wußte es ja gleich.«
    Ganz langsam drückte
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