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0298 - Im Haus der schlimmen Träume

0298 - Im Haus der schlimmen Träume

Titel: 0298 - Im Haus der schlimmen Träume
Autoren: Manfred Weinland
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Schmuckstück, während er nur zögernd Fergusons Ruf folgte und zur Wand hochblickte.
    Dann sah auch er es.
    Und versteinerte.
    Sein Blick fraß sich an dem fest, was von seiner Tochter übriggeblieben war: ein dunkler Schattenabriß auf der weißen Steinwand des Spukhauses…
    Die Männer trauten ihren Augen nicht.
    Es sah aus, als wäre die Tochter des Wirtes schnurgerade durch die Hauswand gelaufen und darin verschwunden - und hätte dabei nur ein Schattenbild ihres nackten Mädchenkörpers zurückgelassen!
    »Das Haus…«, krächzte Kilroy Ferguson verzerrt. »Das Haus hat sie gefressen… !«
    ***
    Zamorra starrte sekundenlang wie benommen auf den leeren Sessel, in dem die Zigeunerin gesessen hatte. Es fiel ihm schwer, mit seinen Gedanken in die Gegenwart zurückzukehren. Heftige Erinnerungen bestürmten ihn. Er dachte an seine erste Konfrontation mit der Hexe, damals, als Tanja, die Vampir-Lady, noch lebte. Die Ereignisse in der Blutburg hatten damals ihre Warnungen ebenso Wirklichkeit werden lassen wie vor kurzem erst in Irland, wo ein ganzes Dorf von Tiermenschen in Terror versetzt worden war und selbst die Sterne am Himmel verblaßten…
    Erst als er hinter sich leise Schritte, gedämpft vom schallschluckenden Teppichboden, hörte, schreckte er hoch.
    »Hallo, großer Meister«, kam es fröhlich, wenn auch schlaftrunken aus Nicole Duvals hübschem Mund. »Was ist? Kommst du gar nicht mehr ins Bett? So viel kann doch wohl wirklich nicht zu tun sein, daß du dir die ganze Nacht um die Ohren schlagen mußt.« Sie stockte kurz und sah sich demonstrativ im Arbeitszimmer um. »Du versteckst doch hier keine Gespielin vor mir? Ich glaubte vorhin Stimmen zu hören…«
    »Du hast dich nicht getäuscht«, bestätigte der Professor knurrig. »Meine Lieblingshexe war da.«
    »Deine was…?«
    Zamorra erklärte es ihr, worauf sie große Augen bekam.
    »Fängt das schon wieder an? Keine zwei Tage Ruhe hat man mehr in diesem Leben! Ich glaube, ich begehe Harakiri und hoffe auf eine bequemere Wiedergeburt…«
    »Den Teufel wirst du tun, jetzt, wo ich mich gerade an dich zu gewöhnen beginne«, entgegnete Zamorra, legte die Arme um ihren Nacken und gab ihr einen liebevollen Kuß. »Ein süßes Nichts hast du wieder an«, lobte er. »Ich glaube, ich sollte vielleicht doch langsam ans Zubettgehen denken.«
    »Nicht, bevor du mir alles über deine Hexe erzählt hast«, schaltete Nicole auf stur.
    »Erpresserin!«
    »Geheimniskrämer.«
    »Also gut…«
    Wenig später wußte seine bessere Hälfte Bescheid.
    »Ein Tor hat sich geöffnet«, wiederholte sie versonnen, während sie sich in seine Arme kuschelte. »Was mag das bedeuten? Mit Toren haben wir in letzter Zeit nicht nur die besten Erfahrungen gemacht, gelle? Ich denke nur an unseren unfreiwilligen Ausflug in die Herkunftswelt unseres Erzfeindes Sanguinus. Auch da hat ein Tor eine Rolle gespielt. Ein Dimensionstor…«
    Zamorra nickte. »Etwas Ähnliches könnte auch diesmal gemeint sein«, sagte er unfroh. »Doch über bloße Spekulation kommen wir anhand dieser dürftigen Informationen momentan sowieso nicht hinaus. Also können wir auch gleich schlafen gehen.«
    »So spricht nur ein wahrhaft weiser Mann«, meinte Nicole anerkennend.
    Zamorra schaltete die EDV-Anlage und den Bildschirm auf seinem Schreibtisch aus. Während er den Arm um Nicoles verführerische Wespentaille legte und sie zur Tür hinauslenkte, versuchte er, auch die störenden Gedanken an seine nächtliche Besucherin auszuschalten. Aber ein gewisses Unbehagen blieb, ließ sich nicht zerstreuen.
    Etwas Schreckliches hat sich im Schutz der Nacht in dieses Universum eingeschlichen, gingen ihm die Worte nicht aus dem Sinn.
    Und er begann zu frieren.
    ***
    »Das Haus hat sie gefressen!«
    Wie Säure hatte sich dieser Satz in Arthur O’Keefes Gehirn gebrannt.
    Unauslöschlich. Wie ein Wahnsinniger machte er sich an der Wand zu schaffen, hämmerte gegen die weiße Fläche, die granithart war, und streichelte fast zärtlich über die geschwärzte menschliche Silhouette, die er mit seiner Tochter in Verbindung brachte.
    Die war genauso kalt wie der übrige Stein und hob sich keinen Millimeter davon ab.
    Kilroy Ferguson hatte einmal etwas Ähnliches gesehen. In einer Illustrierten, die Bilder über den Atombombenabwurf von Hiroshima und Nagasaki veröffentlichte. Auch dort hatte es Häuserfronten gegeben, nahe dem Zentrum der Nuklear-Explosion, wo die Umrisse vernichteter Menschen für alle Ewigkeit gegen die
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