Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

Titel: 0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
bewegte.
    Wurde das Götzenbild jetzt von seinem Sockel herabgestoßen?
    Für einen kurzen Moment sah es so aus.
    Doch dann hatte sich Amun-Re in der Gewalt. Sein Gesicht verzog sich in rasendem Zorn. Mit blutunterlaufenen Augen zischte er einige Worte hervor, und seine Finger formten abstrakte Bilder in der Luft.
    »Strafe den Schänder des Heiligtums hohe Göttin!« knirschte der Zauberkönig des versunkenen Atlantis.
    Im gleichen Moment spürte Michael Ullich, daß der Stein zu leben begann. Die Arme der Statue flossen um seinen Körper. Der Griff war sanft wie der einer Frau und dennoch von unglaublicher Festigkeit.
    Michael Ullich drehte sich vergeblich unter den zupackenden Händen der erwachenden Jhil. Die grünen Pantheraugen waren zu Leben erwacht und musterten ihn sehr interessiert. Der scharfe Schnabel öffnete sich leicht, und die Spitze war auf die Kehle des Jungen gerichtet.
    »Töte ihn! Er gehört dir, hohe Göttin!« rief Amun-Re.
    »Ich töte ihn, wenn es Zeit ist!« klang es in sanfter Frauenstimme aus dem häßlichen Schnabel der erwachten Statue. »Meinem Griff entgeht er nicht. Und ich will, daß er erlebt, wie das Mädchen zu meinen Ehren stirbt!«
    »Töte mich. Aber laß das Mädchen gehen. Sie hat nichts damit zu tun!« fauchte Ullich. Er hatte es aufgegeben, sich gegen den Griff der Blutgöttin zu wehren. Unter seinen Füßen verspürte er ein eigenartiges Kribbeln. Wie damals in jenem Tempel in Guyana, als er auf Veranlassung des Elbenkönigs die beiden fehlenden Schwerter für kurze Zeit in der Hand hielt.
    Eins der verlorenen Schwerter war hier unter ihm.
    Er mußte nur auf seine Chance warten.
    Hoffentlich kam Professor Zamorra rechtzeitig. Gegen sein Amulett hatte diese lebendige Statue gewiß keine Chance.
    »Du stirbst ohnehin!« sagte die erwachte Göttin. »Aber ich will dir den Tod schwer machen, indem du vorher siehst, wie deine Freundin mir zu Ehren geopfert wird. Ich will die große Zeremonie, Amun-Re!«
    Es waren die letzten Worte, die Jhil redete. Doch sie blieb lebendig, und Michael Ullich spürte, wie ihre Finger immer wieder über seinen Körper glitten.
    Er wollte Sabine etwas zurufen, doch dann erkannte er, daß der Geist des Amun-Re für den Augenblick dem Mädchen jeden Willen genommen hatte. Er trat zu ihr, nahm sie bei der Hand und führte sie zu dem Steinaltar vor der Statue. Eine nachlässige Bewegung zerriß den letzten Stoff, den sie noch anhatte, so daß Michael Ullich auf ihre makellose Schönheit blicken mußte.
    Mit leise gemurmelten Worten zog Amun-Re fünf Ketten unter dem Altarstein hervor. Es klirrte leise, als sich die Schellen um Sabines Hand- und Fußgelenke schlossen. Die fünfte Kette wurde um den Hals gelegt. Über den Bauch wurden zwei Metallschließen gelegt, daß der Körper des Girls sich nicht mehr bewegen konnte. Die Ketten sorgten dafür, daß Arme und Beine gespreizt waren.
    Amun-Re hob den Bann auf. Sabine Janner erwachte wie aus einem Traum.
    Doch das Erwachen war ein Alptraum.
    Ein Entsetzensschrei gellte durch den Altarraum und hallte in mehrfachem Echo wider. Der Körper des Mädchens zuckte und bebte. Doch die Ketten hätten den Ansturm eines Elefanten ausgehalten.
    In halblautem Singsang begann Amun-Re die große Zemeronie. Er wußte genau, daß er Jhil nicht erzürnen durfte. Von allen Götzen des alten Atlantis war Jhil am unberechenbarsten.
    Michael Ullich versuchte, dem Mädchen Mut zu machen. Doch Sabine Janner hatte allen Stolz aufgegeben. Sie weinte und wimmerte um Gnade.
    Der Herrscher des Krakenthrones schien es nicht zu bemerken. Stundenlang flossen Worte und Gesänge in der alten Sprache von Atlantis über seine Lippen. Stunden dauerte die Vorbereitung zur großen Zeremonie.
    Tausend Tode starb Sabine Janner in dieser Zeit. Michael Ullich spürte, daß Jhil versuchte, ihm mit ihren Griffen die Lebensenergie zu entziehen. Doch das gelang ihr nur dann, wenn sein Körper bewegungslos war.
    Dann spürte er ein Ziehen am ganzen Körper und gleichzeitig wurde er schwächer. So drehte er sich wieder unter den Griffen der Göttin, um das Ende so weit wie möglich hinauszuzögern.
    Nur einen direkten Angriff wagte er nicht. Einmal war das Götzenwesen zu stark und zum zweiten genügte ein Hieb mit dem Schnabel, um ihn auszulöschen..
    Und dann war der gräßliche Moment da.
    Aus den Falten seines Gewandes zog Amun-Re einen halb gekrümmten Gegenstand, der golden glitzerte. Doch als er eine schnelle Bewegung machte, blitzte es in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher