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0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

Titel: 0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen
Autoren: Rolf Michael
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kleinsten Ritzen drang und es viele Tage Arbeit gab, alle die empfindlichen technischen Geräte wieder so zu reinigen, daß sie voll funktionsfähig waren.
    Vor allem der Range-Rover würde danach wieder Schwierigkeiten machen. Und gerade hier, fernab von jeder Zivilisation, waren die Autos fast unersetzlich.
    Denn sonst war das Kamel das einzige Transportmittel. Daher war es äußerst wichtig, daß diese Tiere besonders vor dem Samum geschützt waren.
    »Beeilt euch!« rief Achmed den Männern zu. »Der Sturm ist gleich da. Wer dann noch draußen ist, der ist ein Kind des Todes!«
    »Aber es ist doch nur ein Sandsturm!« fauchte Sabine Janner, leicht aufgebracht. »Es ist doch nichts Besonderes dabei. Ich habe schon als Kind hier Sandstürme erlebt. Sie sind zwar unangenehm, doch wenn man sich schützt, nicht gefährlich. Wovor haben Sie Angst, Achmed?«
    »Sie erinnern sich, daß der letzte Sturm vor sieben Tagen war, Miß Janner?« fragte Achmed. »In so rascher Folge kommen die Sandstürme nicht. Doch mein Vater erzählte, daß es schon einmal so gewesen ist. Und da hat er sie gesehen. Die Geisterreiter der Wüste!«
    »Es sind bestimmt die Männer von Omar Mukthar gewesen, der gerade solche Naturereignisse ausnutzte, um mit seinen Männern die italienischen Truppen zu überfallen, die damals Libyen besetzt hatten!«
    »Omar Mukthar war ein Freund Allahs und der große Held unseres Volkes!« sagte Achmed und schob das Mädchen in die Hütte, in der das Planungsbüro untergebracht war. Eine kleine Schlafpritsche ließ auch zu, daß Sabine hier übernachtete, wenn es die Arbeiten auf der Bohrstelle verlangten. Ansonsten bewohnte sie eins der weißen Flachbauten von Camp Joufra, das ungefähr fünf Kilometer von der Bohrstelle entfernt war und eine Art Ghetto für die europäischen Ingenieure und deren Familien darstellte.
    »Aber auch Omar Mukthar konnte keinen Sandsturm herbeizaubern!« sagte Achmed und wollte sich zurückziehen. Doch Sabine Janner hielt ihn am Ärmel fest.
    »Bleiben Sie bitte, Achmed!« sagte sie. »Der Sturm kann einige Stunden dauern. Und dann wird es mir sicher hier langweilig!« Daß sie alleine auch Angst hatte, wollte sie dem Araber nicht gerade erzählen. Das wissende Lächeln Achmeds übersah sie.
    Sabine Janner hatte volles Vertrauen zu dem alten Mann, der in Deutschland schon lange das Berufsleben hinter sich gelassen hätte. Doch wenn es um Arbeit ging, war Achmed ben Mahmoud so vital wie ein junger Mann, und die Kräfte sah niemand seinem ausgemergelten Körper an.
    »Wenn Sie es wünschen, werde ich hier bleiben, Miß Janner!« sagte er.
    »Marhaba. - Willkommen!« sagte das Mädchen. Für den Araber war dies das Zeichen, daß er tatsächlich eingeladen war. Sabine hatte schon bei ihrem ersten Aufenthalt nicht nur die arabische Sprache leidlich gelernt, sondern auch versucht, die Mentalität der Beduinen zu begreifen.
    Daher hatten es die Leute schwer, die Oliver Reuter schickte, um von ihrer Wasserbohrstelle Männer abzuwerben, die bei den Ölbohrungen gebraucht wurden.
    »Erzählen Sie mir, was Ihr Vater damals gesehen hat!« bat Sabine und schenkte aus einer Wasserflasche zwei Gläser voll.
    »Mein Vater Mahmoud ibn Said war einst mit seinem Dschemmel, mit sêinem Kamel, mitten in der Wüste, als ihn ein Samum überraschte!« erzählte der alte Vorarbeiter. »Es gelang ihm, ein Warr, eine Felsenwüste, zu erreichen, bevor der Sand heran war. So konnte er unter einem der Felsen sich einigermaßen schützen. Denn in der freien Wüste wird man vom Sand verschüttet, wenn der Samum stark genug ist. Er wagte es, einige Male die Augen einen kleinen Spaltbreit zu öffnen, als der Sand über ihn hinwegbrauste. Und da sah er die Reiter, die mit wilden Rufen vorbei rasten. Sie schwangen Schwerter und führten an den Spitzen ihrer Lanzen die grüne Fahne des Propheten. Doch die Hufe ihrer Dschemmel berührten nicht den Sand. Und unter den wehenden Burnussen will mein Vater keine Gesichter erkannt haben. Nur leere Augenhöhlen aus grinsenden Totenschädeln!«
    »Luftspiegelungen. Wahnvorstellungen, welche die unerträgliche Hitze ihm vorgaukelte!« flüsterte Sabine.
    »Sie sind fremd hier, Miß Janner, obwohl sie die Beni Araber besser verstehen als jeder andere. Mein Vater hat mir genau erzählt was er empfand, als der reitende Tod an ihm vorbei zog. Ich empfinde jetzt das Gleiche. Spüren Sie denn nichts?«
    Sabine Janner schwieg. Daß sie in ihrem Inneren ein beklemmendes Gefühl hatte,
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