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0286 - Als der weise Merlin starb

0286 - Als der weise Merlin starb

Titel: 0286 - Als der weise Merlin starb
Autoren: Manfred Weinland
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Menschen verborgen blieb.
    Als Zamorra mit Kerr in Begleitung des diensthabenden Arztes eintrat, mußte er zunächst einmal schlucken. Zwar war es nicht das erste Mal, daß er die Räumlichkeiten einer Intensivstation betrat und dabei mit einem Tohuwabohu an technischen Gerätschaften konfrontiert wurde, inmitten derer sich der eigentliche Patient verloren und unbedeutend ausnahm, aber gewöhnt hatte er sich daran noch immer nicht. Wahrscheinlich würde er das auch nie können.
    John Gatsby stand mit mehr als einem Bein im Grab. Das war offensichtlich. Wahrscheinlich hielten allein die Schläuche und Drähte, die ihn an eine Vielfalt summender und leuchtender Aggregate banden, seinen Organismus noch am Leben.
    »Eigentlich ist es purer Mord, Sie überhaupt hier hereinzulassen«, eröffnete ihnen der Weißkittel, als sie schon unmittelbar neben dem Krankenbett standen. »Jede weitere Aufregung kann tödlich sein. Andererseits ist der Patient vollständig von der Außenwelt isoliert. Er siecht quasi in einem inner space, der durch seinen schweren Schock hervorgerufen wurde, dahin. Die menschliche Psyche hat sich noch nicht alle Geheimnisse entlocken lassen, aber es ist denkbar, daß der Mann seit Eintritt des Schocks pausenlos jene Szene wieder und wieder durchlebt, die den Zusammenbruch ausgelöst hat…«
    »Wir werden Ihren Patienten nicht unnötig aufregen«, versprach Zamorra. »Eher das Gegenteil. Ich bin Parapsychologe. Vielleicht kann ich den Psychoblock im Bewußtsein des Mannes lösen und ihn damit quasi erlösen. Eventuell fängt sich dann auch sein Körper wieder. Ich will nicht zuviel versprechen, aber Ihnen dürfte das psychosomatische Wechselspiel bekannt sein. Oder banal ausgedrückt: Ein gesunder Geist wirkt sich meist auch gesundend auf den Körper aus.«
    »Hm.« Der Doc machte ein mehr skeptisches Gesicht, wechselte dann einen forschenden Blick mit Kerr, dem er als Yardinspector etwas mehr Vertrauen entgegenzubringen schien, und meinte dann: »Gut. Ich gebe Ihnen fünf Minuten. Mehr ist nicht drin. Solange kann ich Sie allein mit Mr. Gatsby lassen. Fünf Minuten. Keine Minute länger!«
    Er warf einen bekräftigenden Blick auf seine Armbanduhr und schob sich dann an den Geräten vorbei nach draußen.
    »Mit denen hat man's aber auch nie leicht«, seufzte Kerr ungnädig, nachdem sie allein waren.
    »Die mit uns aber meistens auch nicht«, konterte Zamorra und beugte sich über den Patienten.
    »Was hast du vor?« fragte der Silbermond-Druide. »Hypnotisieren wird nicht funktionieren. Der Mann ist ja praktisch bereits in Trance. Schau dir nur seine Augen an!«
    »Du hast recht. Aber vielleicht gelingt es mir mit dem Amulett, die posthypnotische Sperre zu durchdringen…« Er streifte die Silberkette mit dem Amulett über den Kopf und ließ das magische Instrument kurz über den Augen des alten Mannes hin und her pendeln.
    Zamorra war selbst überrascht, als schon nach wenigen Sekunden ein leichtes Zittern der bis dahin völlig starren Augenlider erkennbar wurde.
    »Er reagiert«, stieß Kerr ungläubig hervor.
    Zamorra hörte ihn kaum noch.
    Plötzlich und überraschend schnell begann Merlins Stern Bilder aus dem Bewußtsein des Patienten auf den Meister des Übersinnlichen zu übertragen!
    Bilder des Grauens…
    Ein Schauder ging durch Zamorras Körper, als er sich inmitten eine nächtliche Szenerie versetzt sah, als körperloser Beobachter, der von niemandem gesehen werden konnte, aber selbst alles sah. Es war, als wäre er aus seiner sterblichen Hülle hinausgeschleudert worden, irgendwohin, durch Zeit und Raum.
    Aber der Ort, den ihm seine Sinne übermittelten, war von erstaunlicher Realität. Nichts daran wirkte wie ein Traumbild, alles mutete echt an.
    Zamorra hoffte, daß ihm das Amulett, das länst noch nicht störungsfrei arbeitete, seit er es von Leonardo de Montagne zurückerobert hatte, nicht wieder irgendeine Teufelei mit ihm vorhatte.
    Zamorra stand am Rand eines Autofriedhofes. In unbestimmter Entfernung flackerte ein knisterndes Lagerfeuer. Um das Feuer herum kauerten zwei äußerlich grundverschiedene Männer, alt und jung. Über ihnen spannte sich ein wolkenverhangener Himmel. Die ganze Atmosphäre war mit nackter Drohung aufgeladen. Doch davon schienen die beiden Landstreicher nichts zu spüren. Bis…
    Obwohl Zamorra, der stille Beobachter, jeden Moment mit dem Eintritt jenes Ereignisses rechnete, das den Schockzustand des Alten bewirkt und seinen Kollegen das Leben gekostet hatte,
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